Bierbildung für die tumben Massen – Hopfenstopfer Comet IPA

Eine alte Tradition bei uns in der Firma – das in unregelmäßigen Abständen stattfindende „Bier um Vier“ bekam diesesmal eine Rosskur verabreicht. Statt dem sonst gereichten Pils habe ich still und heimlich den Kollegen ein IPA untergeschoben. Man hat ja auch einen Bildungsauftrag als Gourmet!

comet2Das Hopfenstopfer Triple Hop Comet IPA hatte einen gemischten Erfolg. Die meisten der pilsgestählten Trinker äußerten so zweifelhafte Komplimente wie „interessant“ und „ja, gut, aber“. Ich hoffe, ich konnte wenigstens den einen oder anderen davon überzeugen, sich auch mal außerhalb des saarländischen Karlsberg-Imperiums nach alternativen Biergeschmäckern umzuschauen. Der Hauptkritikpunkt war, dass es zwar sehr gut schmeckt, aufgrund der Bitterkeit dann aber nicht für den „täglichen Gebrauch“ tauge – für Saarländer ein wichtiges Kriterium beim Bier!

Persönlich ist das Comet IPA für mich aber durchaus ein interessanter Geschmack: Schon der Geruch ist klar zitronig und fruchtig. Im Mund tauchen diese Aromen auch so stark im Vordergrund auf, dass ich den Kollegen erklären musste, dass dieses Aroma nicht künstlich zugesetzt wird, wie das bei Biermischgetränken à la Mixery geschieht, sondern allein natürlich durch den Hopfen entsteht. Die Zutatenliste auf dem Etikett, die keine Fruchtaromen auflistet, hilft bei der Argumentation, denn rein vom Geschmack her könnte man wirklich glauben, dass da das eine oder andere „E“ oder andere geheimnisvolle Wunderwässerchen der BASF ihr dunkles Werk verrichten.

Hopfenstopfer Comet IPA55 IBU, ein respektabler Wert, der auch klar im Rachen wahrgenommen wird. Wie üblich bei einem IPA ist im Mund die Aromenvielfalt zu groß, als dass man dies schon auf der Zunge spüren würde. Dennoch kommt es mir recht mild vor – ich kenne IPAs, die noch deutlich bitterer sind. 6,8 Volumenprozent Alkohol sind dagegen für ein Bürobier schon eine Ansage, zum Glück ist das Comet IPA in einer Drittelliterflasche abgefüllt.

Gut gekühlt empfehle ich auch aufgrund des recht niedrigen Preises für so ein Craft-Bier das Hopfenstopfer Comet IPA daher auch für Ihre nächste Büroparty!

Die Königin der Alpen – Bergbrennerei Löwen Zirben-Likör

Im Glas ist der Zirben-Likör der Bergbrennerei Löwen satt Hennarot, mit vielen „Beinen“ beim Schwenken. Menthol, kerniges Kiefernharz und zitronig-bittere Grapefruitnoten beherrschen das Geruchsbild, mit leichtem duftigem floralem Hauch – äußerst ansprechend; etwas erinnert er an den Geruch von Campari, vielleicht sogar entfernt von gealtertem Tequila. Im Mund fühlt sich der Zirbenlikör (hergestellt aus den Zapfen der Zirbelkiefer) auch ähnlich an wie der bekannte italienische Bitteraperitif, aber leichter, frischer, nicht ganz so klebrig, dennoch süß, sehr cremig am Gaumen, mit leicht bitterem Nachgeschmack. Mit 25% ist der Alkohol nur zu erahnen, warm rinnt der Likör die Kehle hinunter und hinterlässt ein süßes Zuckeraroma im Mund.

Bergbrennerei Löwen Zirben Likör

Ja, das ist ein sehr angenehmes Getränk, ein leichter Likör, den man nach dem deftigen Essen als oder zum Dessert servieren kann, und den auch Leute mögen werden, die sonst mit einem Digestiv nichts anfangen können.

Ich kann ihn mir aber auch sehr gut als Ersatz für Campari oder Aperol in einem Cocktail oder Longdrink vorstellen – die Geschmacksbilder sind ähnlich, der Zirben-Likör ist nur etwas leichter und muss daher vielleicht stärker dosiert werden. Ganz toll funktioniert er zum Beispiel daher als Campari-Ersatz in einem Boulevardier; ich nenne diesen leichten, klaren, süßen und hellen Drink daher Pine Boulevardier.

Pine Boulevardier


Pine Boulevardier
1 oz „Löwen“ Zirben-Likör
1 oz Bourbon (ein leichter wäre angemessen, wie der Four Roses Yellow Label)
1 oz Süßer Wermut (eher der leichtere Martini Rosso als der schwere Antica Formula)


Die Flasche und das Etikett deuten auf zweckmäßige Herstellung in einem kleinen Betrieb hin, ohne großes Bohei oder Marketingtrara – unterstützenswert. Und da Mixologen sowieso immer auf der Suche nach neuen, ungewohnten, spannenden Zutaten für ebensolche Cocktails sind, möchte ich gerade diesen den Zirbenlikör ans Herz legen.

Nadel im Heuhaufen – Old Pascas Ron Negro Barbados Rum

Supermarkt-Spirituosen haben immer so einen „Geiz-ist-geil“-Beigeschmack, weswegen Pseudokenner über sie lachen. Dabei sind einige davon wahre Perlen, zugegebenermaßen oft versteckt unter viel Müll. Der Old Pascas Ron Negro ist eine der Perlen.
oldpascas Wer einen günstigen, aber dennoch geschmacklich guten dunklen Rum sucht, um ihn für Cocktails zu verwenden, macht mit dem Old Pascas nichts falsch. Versuchen Sie zum Beispiel mal einen meiner Lieblingscocktails, den El Presidente, mit diesem Rum herzustellen. Ein fantastischer Cocktail, edel, trocken, wunderbar süß, passend zu einer Davidoff Demi Tasse.

elpresidente-cocktail


El Presidente
1½ oz Old Pascas Ron Negro
¾ oz Triple Sec (Le Favori, oder z.B. Clément Créole Shrubb)
¾ oz Trockener Wermut (z.B. Martini Extra Dry)
1 Spritzer Grenadine-Sirup


Der Old Pascas übernimmt den Cocktail nicht mit extremer Süße oder störenden Aromen – er ist ein sehr angenehmer, ruhiger, leicht zufriedenzustellender Cocktailspieler. Mein einziger Kritikpunkt sind die etwas dürftigen 37,5% Volumenprozent; viel Kraft hat dieser Rum daher nicht. Trotzdem – wer die Extraeuros für einen Pampero Aniversario oder den 4-jährigen Botucal nicht ausgeben will, ohne allzuviel an Qualität zu verlieren, und nicht an „Sipping“ (Purtrinken) denkt, sollte einen Blick (und Schluck!) riskieren. Leider gilt dasselbe nicht für den weißen Old Pascas. Lassen Sie den lieber im Regal und holen sich eine zweite Flasche der dunklen Varietät. Da dieser Rum auch einer der recht wenigen ist, die ohne künstlichen Zuckerzusatz auskommen, sollte man ihm auch deswegen eine Chance geben.

Vor kurzem wurde das Flaschen- und Etikettendesign überarbeitet. Die 37,5%-Variante und die 73%-Variante erhielten ein sehr gelungenes Facelift.

oldpascasbothDie neue Flasche (links) ist runder, schwungvoller, mit einem hübschen im Glas eingelassenen Schildkrötenmotiv – dagegen wirkt die alte Version (rechts) tatsächlich recht langweilig und gewöhnlich. Mir gefallen solche gut gemachten, durchdachten Stiländerungen, denn das Auge trinkt bekanntlich mit!

Schuss mit Wattekugeln – Bulleit Bourbon Frontier Whiskey

Vanille, Eiche, Karamell – die Nase hat wirklich was am Bulleit Bourbon Frontier Whiskey. Man kann gar nicht aufhören, daran zu schnuppern, eine wahre Geruchsbombe. Dazu kommt eine herrlich goldene, kräftige Farbe, die in der wunderbar designeten Flasche prachtvoll leuchtet.

Man nimmt einen Schluck, und ist sehr zufrieden damit, dass sich all die Aromen auch genauso, wie man sie errochen hat, auch in den Mund transportieren. Weich und dabei gleichzeitig hocharomatisch, das Alkoholbrennen setzt erst spät ein, und wird von einem angeregten Speichelfluss begleitet, immer ein gutes Zeichen. Der Abgang ist dann sehr warm, aber leider relativ kurz – im Mund bleibt die Vanille noch eine Weile erhalten.

bulleitbourbon1Ein supermilder Bourbon, einer der, wenn nicht sogar trotz der 45% der mildeste Bourbon, den ich bisher getrunken habe – für Kenner könnte er ein bisschen langweilig wirken, denn die Aromen sind schon etwas eindimensional. Ganz hervorragend passt er daher in einen Cocktail, der eher zurückhaltende Zutaten einsetzt und diese sich auf eine weiche, harmonische Art und Weise gegenseitig ergänzen, wie der Bourbon Dynasty. Alternativ ist der Bulleit Bourbon auch eine hervorragende Wahl, wenn man einen Bourbon braucht, der sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern andere Zutaten unterstützen soll. Dafür diene als Beispiel der Artemis Flower.

artemisflower-cocktail


Artemis Flower
1 Erdbeere, gemuddelt mit 2 Zweigen Zitronenthymian
2 oz Bulleit Bourbon Frontier Whiskey
¾ oz Zuckersirup
½ oz Limettensaft
½ oz Sambuca
…aufgießen mit etwas Sprudel


Riskieren Sie, wenn Ihnen dieser Bourbon hier schmeckt, vielleicht auch mal einen Blick auf den „kleinen Bruder“ dieses Whiskeys, den Bulleit 95 Rye. Beide Flaschen sind eine wunderbare Ergänzung für jedes Whiskey-Regal, und gerade für Einsteiger und Leute, die mit scharfen Whiskeys nichts anfangen können, durch ihre Milde sehr geeignet.

bulleitbourbon2Nochmal kurz zurück zu Flasche – gern hätte ich mir auch, wie „GrumpyDogCandles“, einen Aschenbecher aus einer Flaschenhälfte dieser Flasch gemacht.

Bulleit Aschenbecher

Doch selbst die Flasche zu teilen war mir zu risikoreich (beim Glassschneiden ist immer ein Risiko der Zerstörung der Flasche gegeben), und der Glasspezialist vor Ort hat mir auf eine entsprechende Anfrage nicht geantwortet. Dennoch bleibe ich dran – dieser Aschenbecher sieht einfach zu mondän aus, als dass ich den wieder aus dem Kopf kriegen könnte.

Ein schöner Blend für Cocktails – Ballantine’s Finest Blended Scotch Whisky

Man riecht und schmeckt, dass man es hier mit schottischem Whisky tun hat. Die etwas blasse Farbe macht nicht viel her, der Geruch erinnert zumindest an Lowland-Single Malt, der Geschmack ist dann zwar ähnlich zurückhaltend, aber doch erkennbar Scotch: Minimaler Rauch, minimaler Torf und ein Ansatz des medizinalen Aromas, den man an Scotch sonst so schätzt. Man muss auch die Milde hervorheben – kaum ein Brennen, dafür aber auch kein besonders langer Abgang, sogar eher recht kurz und gelangweilt. Leicht würzig, aber auch süß.
ballantinesNatürlich trinken Scotch-Liebhaber sowas nicht pur, wenn überhaupt. Dennoch – ich habe viele Single Malts und Blends bei meinem Auslandsjahr in Schottland getrunken, und persönlich finde ich den Ballantine’s Finest Blended Scotch Whisky nicht so schlecht, wie ihn viele „Kenner“ machen. Das ist ein recht angenehmer, weicher und unaufdringlicher Blended Scotch, ohne viel Charakter und Ecken und Kanten, vielleicht etwas zu sehr weichgespült, aber sonst ganz gut trinkbar, wenn man nicht sonst auf Torfmonster steht; und gerade Einsteiger in den Scotch können hier vorsichtige erste Schritte machen, ohne von einer Rauchbombe erschlagen und dann für den Rest des Lebens abgeschreckt zu werden.

Aber auch ich habe ihn eigentlich nicht fürs Sipping gekauft, sondern als Zutat für Cocktails. Single Malts sind unangenehme, unangepasste und schwierig einzusetzende Spieler in Cocktails, sie übertünchen oft alles andere mit ihren deftigen Aromen. Daher ist ein Blend wie Ballantine’s Finest sehr gut geeignet, den Mittelweg zu nehmen: Zwar erkennbar Scotch, aber nicht so extrem.

Und wer mal einen Wildest Redhead getrunken hat, erkennt, dass so ein sonst geschmähter (interessanterweise aber trotzdem viel gekaufter) Blend auch seinen Sinn und Zweck hat – besonders bei dem recht guten Preisleistungsverhältnis. Witzig bei diesem Cocktail ist, dass der rote Kopf eigentlich ein roter Fuß ist – der Kirschlikör sinkt immer auf den Boden des Glases. Wenn jemand eine Idee hat, wie man ihn, namensgerecht, oben im Glas schwimmen lassen kann – her damit!

Wildest Redhead


Wildest Redhead
1½ oz Ballantine’s Finest
¾ oz Limettensaft
¼ oz Allspice Dram (z.B. Pimento Dram von The Bitter Truth)
½ oz Ahornsirup
Das ganze gut mit Eis shaken und am Ende mit …
½ oz Kirschlikör (z.B. Cherry Heering)
…garnieren


Zur Aufmachung: Mir gefällt die eckige Flasche, mit dem edlen Etikett und der Kontrastfarbe weiß sehr. Eine Flasche, die sehr angenehm in der Hand liegt und die man gern anschaut.

Auch gern anschauen und benutzen tue ich die Gläser, die Ballantine’s in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Die am Boden ovalen und am Rand kreisrunden, schweren Tumbler mit dem schwungvollen, eingelassenen „B“ dienen als Cocktailglas für alle größeren Cocktails, die zusätzlich Eis brauchen; die kleinen, feinen zylindrigen Gläser fassen bequem die Menge, die ich für „normale“ Cocktails ohne Eis ansetze – ca. 3-4 oz / 90-120ml. Beide sind im Foto oben zu sehen. Klein aber fein.

Fassanstich mit einem Horn – Licorne Black

Ich hielt das Licorne Black, das schwarze Einhorn, das ich in Saarbrücker Kneipen immer eigentlich ganz gern getrunken habe, für ein belgisches Bier, bis ich eine Flasche davon erwarb und feststellte: es kommt aus dem Elsass. Das soll dem Genuss natürlich keinen Abbruch tun, auch wenn die Franzosen nicht gerade berühmt für ihre Bierkultur sind.

Licorne Black

Insgesamt hat man einen dunklen Eindruck – die Flasche ist dunkelbraun, das Etikett großteils schwarz, das Bier selbst tiefbraun, geht fast ins rötliche. Man könnte an ein Stout denken, doch die Konsistenz des Schaums ist grobperliger, das Bier selbst erkennbar kohlensäurehaltiger und, wenn man ein bisschen Licht hinters Glas legt, klar durchsichtiger.

Sowohl geruchlich als auch geschmacklich ist das Licorne Black dann auch ganz eindeutig kein Stout, sondern ein Schwarzbier. Sehr süß und leicht fruchtig, eine minimale Säure, etwas, aber nur etwas malzig, und erinnert eher an ein Vollbier als an das angloamerikanische Urgewächs. Es trinkt sich erfrischend, wenn auch eher etwas zu leicht und körperlos – ruckzuck fließt es durch Mund und Rachen, man merkt später kaum, dass was da war. Für manche ist das vielleicht ein Qualitätskriterium: Wer auf leichte, fast schon dünne Biere steht, wird hier zufriedengestellt, und das, obwohl sowohl Zucker als auch Aromastoffe beigesetzt sind, und das Bier üppige 6% Alkoholgehalt hat.

Irgendwie schmeckt es mir frischgezapft im Schnokeloch in Saarbrücken besser als aus der Flasche. Wahrscheinlich werde ich meinen Konsum dieses elsässischen Biers in Zukunft auch auf Kneipenbesuche beschränken. Wenn überhaupt.

Sanfter Dickhäuter – Riedenburger Brauhaus Dolden Sud Bavarian IPA

Zur Zeit bekommt man an vielen Orten plötzlich Craft-Biere, an denen man es erstmal nicht vermutet hätte. Selbst Getränkemärkte, mit ihrem sonst eher konventionellen Sortiment, haben schon das eine oder andere IPA oder Stout auf Lager. Und Bioläden zeigen sich auch sehr interessiert an diesem neuen, nicht-industriellen und ökologischen Bieren – insbesondere, wenn es, wie das Riedenburger Dolden Sud, dazu noch ein EU-Bio-Siegel aufweisen kann.

doldensud1Das besondere dieses IPAs sind die Schweb- und Trübstoffe, die wirklich spektakulär in kleinen Flöckchen durchs Glas schweben, und bei jedem Schluck aufgewirbelt werden. Gegen das Licht gehalten sieht man es auch schon in der Flasche.

doldensud2Dennoch: Trotz 6,5 % und 55 IBU lässt mich das Bier ein bisschen kalt. Es ist mir für ein IPA einen Tick zu mild und süß, die 55 IBU spürt man kaum – wieder ein Beweis dafür, wie subjektiv selbst eine so scheinbar objektive Skala wahrgenommen werden kann. Beim Dolden Sud bleibt kaum Bitterkeit zurück, selbst nicht im Rachen. Der Geruch dagegen weiß zu überzeugen: Sehr hopfig, aromatisch, typisch für ein IPA. Mit zunehmender Stehdauer verfliegt er aber (oder liegt es daran, dass ich das Glas so schnell leergetrunken hatte?) und lässt einen leicht schalen Geruch übrig.

Wer mal ein Bio-IPA mit einem sehr typischen Geruch, schöner Optik und annehmbaren Geschmack probieren will, kann sich den Dolden Sud gönnen. Es passt, wie alle India Pale Ales, sehr gut zu würzigem Essen, zum Beispiel einer knusprig gebackenen Ente mit Salat, wie sie mir heute abend von der besten aller Ehefrauen kredenzt wurde. Das „wahre“ IPA-Hopfenerlebnis findet man hier zwar nicht, dafür aber so einige andere Aromen, die es wahrlich wert sind, verkostet zu werden; insbesondere Freunde eher milderer Biere können hier sanfte erste Schritte in Richtung des indischen Blassbiers machen.

Kanada vs die Prohibition – Canadian Club Blended Canadian Whisky 6 Jahre

Die Nase des Canadian Club Blended Canadian Whisky (kanadischer Whisky schreibt sich im Gegensatz zum US-amerikanischen und irischen ohne das „e“, wie der schottische also) ist sehr süß, mit einer recht starken Honignote. Karamell und ein leicht kräuteriger Unterton ergänzen sich zu einem milden, aber ansprechenden Geruchsbild; nur etwas acetonisches stört. Nicht wirklich die Lacknote, die man Bourbons kennt, zwar etwas ähnliches, aber doch schärferes. Daher lasse ich ihn erstmal etwas atmen. Eine ganze Weile – doch sie geht irgendwie nicht weg.

canadianDoch irgendwann muss dann doch der erste Schluck erfolgen. Die Aromen verwundern nicht: Die Honignote ist da, etwas vanilliges, eine sehr zurückhaltende Würze, und, und das ist für mich das überraschendste dieses Whiskys, wechselt auch die in der Nase noch etwas störende Acetonnote in den Mund über und lässt sich in einem leicht mentholartigen Mundgefühl wiederfinden. Dort ist sie aber dann plötzlich gar nicht mehr so unangenehm – es ist etwas besonderes, das ich sonst bei noch keinem Whisky schmecken konnte. Manchen wird das aber zu alkoholisch-brennend schmecken, oder die Assoziation von leichtflüchtigem Fusel geben. Purtrinken? Hm, eher selten.

Ein Cocktail, in dem der Canadian Club dagegen gut mitspielt, ist dieser kleine Twist auf den Lucky Luciano, benannt nach dem großen italo-amerikanischen Gangsterboss, der auch in den Alkoholschmuggel während der Prohibition verwickelt war – während der sehr gern kanadischer Whisky illegal in die USA überführt wurden, um den ungebrochenen Schnapsdurst zu stillen. Gerade das oben angesprochene Mentholgefühl kombiniert sich wunderbar mit dem ebenso veranlagten Branca Menta, der noch einen Schuss Pfefferminz dazuwirft.

Lucky Luciano Cocktail


Lucky Luciano
1½ oz Rye Whiskey (oder hier: Canadian Club)
½ oz Roter Wermut (z.B. Carpano Antica Formula)
½ oz Trockener Wermut (z.B. Noilly Prat)
¼ oz Fernet-Branca (oder hier als Twist: Branca Menta)
Auf Eis rühren.
[Rezept adaptiert nach Lebensstern]


Die Flasche ist sehr klassisch, heutzutage vielleicht etwas langweilig. Sehr dunkles Glas lässt keinen Blick auf den ansonsten recht hellen, ockerfarbenen Inhalt zu – auch das für heutige Verhältnisse suboptimal, in Zeiten, in denen Spirituosen sehr zeigefreudig mit selbst nur kleinsten Etiketten sind. Dazu noch ein Plastikschraubverschluss. Der Materialfreund hat keine Freude, selbst wenn er nur ca. 15€ für die 700ml-Flasche ausgeben muss.

luckylucianoDie 6-jährige Variante dieses Whiskys ist, das muss man dann dazusagen, die niedrigste Qualitätsstufe dieser Marke. Eventuell die zwölfjährige Variante, den großen Bruder sozusagen, werde ich noch ausprobieren. Da bei kanadischem Whisky auch geschmacksgebende Zusatzstoffe erlaubt sind, zum Beispiel Zucker und künstliche Aromen, halte ich das aber eher für unwahrscheinlich – es gibt zuviele reinere Spirituosen, als dass ich meine Zeit mit Schnäpsen voller undeklarierter Zusatzstoffe vertun wollte.

Kaum steh ich hier und singe kommen sie von nah und fern… Gold of Mauritius Dark Rum

Vorab: Diese Rezension stammt aus einer Zeit, als ich noch an das Gute im Rumbusiness glaubte. Daher bitte ich um Nachsicht.

Manchmal staunt man schon über die Aufmachung. Der Gold of Mauritius Dark Rum ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man schon allein durch die Verpackung einem Kenner das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen kann. Ein äußerst schön gestalteter, dicker Karton mit schönen Illustrationen in einem zurückhaltenden Stil, und die Flasche – eine der schönsten, edelsten, massivsten Flaschen, die ich kenne. Eine wirklich gelungene Präsentation. Wie siehts mit dem Inhalt aus?

Gold of Mauritius Dark Rum

Die Farbe ist tiefdunkel, bräunlich-rötlich, passend zur dicken, schweren Konsistenz. Man erkennt schon daran, dass es hier ein alter Rum ist, etwas, das einem nicht nur so durch den Mund laufen wird. Der Geruch ist untypisch für einen Rum – ich hätte ihn für einen Bourbon gehalten, in seiner Bananenaromalastigkeit vielleicht sogar für einen Jack Daniel’s Single Barrel.

Im Mund dann: Schwer, komplex, Röstaromen, leicht angebranntes Karamell, ein bisschen Pfeffer – und Nüsse. Erdnüsse en Masse. Ganz sicher das definierende Hauptaroma des Goldes aus Mauritius sind diese außergewöhnlich ausgeprägten Erdnussaromen. Im Abgang dann warm, immer noch kräftig, pfeffrig-würzig, langanhaltend, etwas bitter.

Für Cocktails ist so ein aromenlastiger Rum schwer nutzbar, denn die Erdnussaromen übernehmen schnell alles andere, was an Zutaten vorhanden ist. Ich habe ihn dennoch in einem Nui Nui von Tiki-Ikone Don the Beachcomber eingesetzt, in dem er durchaus seine sensorische Charakteristik einbringt.

Don the Beachcomber's Nui Nui


Don the Beachcomber’s Nui Nui
1½ oz Gold of Mauritius Dark Rum
½ oz Demerara-Rum (z.B. El Dorado 3 Years)
½ oz Zitronensaft
½ oz Orangensaft
¼ oz Zimtsirup
1 TL Vanillesirup
1 TL Allspice Dram (z.B. The Bitter Truth Pimento Dram)
1 Spritzer Angostura


Ich liebe solche Rums, die mich überraschen, die ungewöhnliche Aromen aufweisen und nicht nur klebrig süß sind. Der Gold of Mauritius ist ein fantastischer Rum, sicher einer, der auf meiner Lieblingsliste ganz weit oben landet. Selbst wenn es so sein sollte, dass er dem Vorgängerprodukt Blue Mauritius, das nicht mehr erhältlich ist, nicht das Wasser reichen können soll (was ich fast nicht glauben kann anhand der gegebenen Qualität), so ist das immer noch ein fantastisches Produkt, in jeder Beziehung bedingungslos empfehlenswert.

Nachtrag 06.02.2016: In jeder Beziehung bedingungslos empfehlenswert? Inzwischen muss ich diesbezüglich deutlichst einschränken. Nachdem ich nun mein Zuckermessinstrumentarium zu nutzen weiß, habe ich diesen Rum mit 29-32g/L Zuckerzusatz vermessen. Damit rutscht er erstens von der oben angesprochenen Lieblingsliste (die ich so eh nicht führe) ziemlich tief ab, da er in der Ersten Rumliga aufgrund Manipulation nicht mehr mitspielen darf; und auch die ungewöhnlichen Aromen geraten in Verdacht, künstlicher Natur zu sein, wie es bei diversen Rums inzwischen nachgewiesen wurde.

Jeder sollte überlegen, sich statt dessen einen ungesüßten, unmanipulierten Rum zu kaufen, den man für die knapp 40€, die man für den Gold of Mauritius auf den Tisch legen muss, auch bekommt. Ich hoffe, die Hersteller sehen irgendwann ein, dass es ein Irrweg ist, mit Geschmacksverstärkern wie Zucker die Kunden über die Qualität eines Produkts zu täuschen. Ich kann nur dazu auffordern, endlich Zusatzstoffe auf dem Etikett zu deklarieren, damit der Kunde eine echte Wahl treffen kann. Wenn der Konsument weiß, dass er keinen reinen Rum kauft, sondern eine Spirituose auf Rumbasis, und es dann immer noch tut – dann könnt ihr stolz darauf sein. Vorher ist es doch eher ein schaler Erfolg, oder?

Bitter macht lustig – Angostura Bitter

Der Klassiker, der das Bitter-Sterben überlebte: Nach der Prohibition gingen die einst so beliebten Bitter Stück für Stück zugrunde. Die Cocktailkultur der 50er und 60er, die außer Vodka-on-the-rocks (damals bekannt als Martini Cocktail – es reichte, die Wermutflasche am Cocktailglas vorbeizuschwenken) nichts trinken wollte, die saft- und von sich aus schon genug aromenlastige Tiki-Welle und die schnelllebige, nur auf Bombast und nicht auf Geschmack ausgerichtete Cocktailwelt der 80er hatten alle kein Interesse mehr an diesen seltsamen Tinkturen. Wenigstens Angostura überlebte, als Kuriosum, als Ausstellungsstück, als Zootier, als pars-pro-toto für die gesamte Klasse der Bitter.

Angostura Bitter

Deutschland hatte da Glück: Sein Underberg gehört letztlich auch in diese Kategorie, und auch der Geschmack ist klar erkennbar ähnlich, nicht ganz so fruchtig wie der Angostura, aber von den Hauptaromen doch schmeck- und riechbar eindeutig verwandt. Tatsächlich: Wenn Sie mal Angostura brauchen, aber keinen im Haus haben, aber dafür ein Fläschen Underberg Magenbitter – nutzen Sie lieber das, statt den Bitter wegzulassen.

Heute boomen Bitter wieder, gottseidank. The Bitter Truth, Fee Brothers und andere bringen nun monatlich neue Geschmacksrichtungen auf den Markt. Das Problem dieser neuen Marken: In den ganzen Rezepturen steht oft immer noch „Angostura“, wenn ein Bitter gewünscht ist – aus den oben genannten Gründen. Dabei gäbe es oft andere Bitteraromen, die besser passen würden, als der starke Bitterorangengeschmack des Angostura, oder die den Cocktail nicht ganz so blutrot färben bei ähnlichem Aroma.

angosturaLetztlich muss man ihn aber selbst als blutiger Anfänger in der Bar haben – es sollte wirklich eine der sehr frühen Anschaffungen sein. Jeder Cocktail verträgt einen Schuss Bitter, und mit dem Angostura kann man nichts falsch machen. Man setzt diese Bitter in geringen Dosen ein, spritzer- oder tropfenweise, daher sollte diese 100-ml-Flasche selbst für ambitionierte Heimmixologen sehr lange ausreichen. Interessant an ihr ist auf jeden Fall weniger die Flasche selbst, als das extravagante Etikettendesign: Eine halbe Tageszeitung mit viel Text, soviel, dass das Etikett größer als die Flasche ist.

In vielen Cocktails ist Angostura als kleiner Kick oder Dekoration tröpfchenweise enthalten. Im Trinidad Cobbler dagegen ist mit 10 Spritzern eine massive Dosis vorhanden, die als Schicht obenauf direkt für knallige Aromen sorgt. Das ist, wie gesagt, nicht typisch für den Angosturaeinsatz – aber lecker!

Trinidad Cobbler


Trinidad Cobbler
1 oz dunkler Rum (z.B. Pusser’s Navy Rum 40%)
1 oz Sherry (z.B. Sandeman Medium Sweet)
¾ oz Orangensaft
¾ oz Ananas-Zimt-Sirup
½ oz Zitronensaft

Die Mischung mit crushed ice „swizzlen“ oder rühren, und am Ende mit…
10 Spritzer Angostura
…bedecken.


Probieren Sie dennoch, wenn Ihnen dieses Produkt zusagt, auch mal andere Bitter aus. Orangen-, Sellerie-, Schokoladen- und Pfirsichbitter helfen Ihnen, die feinen Nuancen eines Drinks zu tunen.

Wenn Sie sich für die wirklich außergewöhnliche Geschichte dieses Produkts mit deutsch-venezuelanischen Wurzeln interessieren: In The Drunken Botanist von Amy N. Stewart finden sie diese sehr spannend nacherzählt (neben vielen anderen wertvollen Informationen über die Kombination von Pflanzen und Spirituosen).