Man kann schon immer kaum den Fernseher einschalten, ohne nicht auf mindestens einem Kanal mit einer Dokumentation über Raubkatzen berieselt zu werden. Der grundsätzliche Tenor einer solchen Tierdoku ändert sich immer wieder mal – früher waren sie die Jäger, stolz, wild, edel, und die Gnus und Gazellen fielen diesem König der Wildnis leicht zum Opfer. Jagd- und Verfolgungsszenen beherrschten die Filme. In letzter Zeit schaue ich solche Dokus nicht mehr gern, denn oft sind sie heute schrecklich deprimierend geworden. Verhungernde Jungen, verletzte Katzen, die sich nur noch herumquälen, wochenlang erfolglose Jagden, Geparden, denen die hart erkämpfte Beute von anderen Tieren abgenommen wird. Das ist mir alles, so ehrlich bin ich, zu nah an der Realität, als dass ich das noch als Fernsehunterhaltung genießen will. Es muss ja wirklich nicht das überdrehte Kasperletheater von „Die Wüste lebt“ sein, aber diese Echtwelt-Kälte, die viele modernen Tierfilme ausstrahlen, will ich mir nicht geben. Dann kann ich gleich Nachrichten schauen.
Trotz dieses Wandels in Tierdokumentationen sind Großkatzen immer noch höchstbeliebte Werbeträger – hier können sie noch die Königinnen und Herrscher über das Tierreich sein, ganz oben in der Nahrungskette stehen und stolz ihren perfekten Körper darstellen, selbst wenn sie ihn für banale Dinge wie Eiskrem, Sportwagen oder Staubsauger verschwenden müssen. Es gibt aber auch Produkte, für die so ein wunderbares, wildes und elegantes Tier auch vom Eindruck her perfekt passt – wie beispielsweise der Meukow VSOP Superior Cognac. Dort prangt auf Karton und selbst im Glas der Flasche eine mächtiges Exemplar der Familie der Felidae. Hier hört aber meist das Interesse des Marketings auf, denn was das nun tatsächlich ist, was wir da auf der Flasche sehen, wird schnell zum Gegenstand der Spekulation. Manche Werbetexte halten es für einen Tiger, andere für einen Puma. Tatsächlich stellt es einen Panther dar. Meukow hat ihn sich ausgesucht, weil der Cognac ähnliche Charakteristiken aufweisen soll wie ein Panther: „Ce superbe animal symbolise à la perfection la force, l’élégance et la souplesse qui sont les qualités intrinsèques des cognacs Meukow.“
Die komplett etikettenfreie Flasche präsentiert ohne viel Federlesen den Inhalt: Glühendes Terracotta, mit strahlenden goldenen Reflexen. Eine wirklich höchstattraktive Farbgebung, da muss ich dem Farbdesigner, den diesen Ton mit Zuckerkulör kreiert hat, gratulieren. Schade allerdings, dass sowas sein muss; bei Cognac ist es aber wie bei vielen anderen Spirituosen erlaubt. Schöne, schnell entstehende und langsam ablaufende Beine verzieren das Glas beim sanften Schwenken.
Wir haben aber trotz all der Katzenmetaphorik keinen stinkigen Kater vor uns, sondern ganz im Gegenteil. Süßer Traubenmost, Portwein, Vanille, Rosinen. Mandarinen. Frisch gekochter Langkornreis. Höchstmild und zart, nicht angreifend, mehr zurückhaltend, auch nur wenig Fasseiche. Nur bei sehr tiefem Schnuppern eine leichte Alkoholnote. Kein Schwefel, der sich bei Brandys sonst oft in den Vordergrund drängt.
Der Meukow VSOP schmiegt sich wie eine Kuscheldecke an den Gaumen und die Zunge. Weich, rund, kandiszuckersüß, mit Erinnerungen an Nougat: Bei diesem Cognac ist das Mundgefühl das Herausragende. Die weiteren Aromen von Rosinen, Vanille, mildem Zitrusobst, Haselnuss und Kokosnuss sind allesamt zurückgenommen und bilden mehr einen hochflorigen Geschmacksteppich, aus dem keine Komponente ausfranselt. Ein sehr schön komponiertes Aromenspektrum.
Im Abgang fährt der Panther doch noch etwas seine Krallen aus. Eine warme Ingwerschärfe und eine feine Lakritzwürze entsteht im Mund. Im Rachen und Kehle heiß wie Lava, aber ohne auch nur den Hauch eines Kratzens. Schließlich trocken und sehr adstringierend. Süße Vanille-Eiche-Lakritz-Kombination bleibt extrem lange am Gaumen; wer auf supermilde, warme, süße Spirituosen steht, findet hier sein Nirvana. Und das mit nur mindestens 4 Jahren Lagerzeit (VSOP). 40% Alkohol enthält dieser Blend.
Sobald Cognac in einem Cocktail die mengenmäßig größte Zutat ist, und keine Fruchtsäfte im Rezept enthalten sind, empfehle ich immer den Einsatz eines hochwertigen VSOP-Cognacs. Der Philadelphia Fish-House Punch zeigt, dass sich diese Mühe auszahlt – der uralte Cocktail profitiert enorm von der zusätzlichen Tiefe und Komplexität, die so ein Destillat mitbringt. Dasselbe Rezept, hergestellt mit einfacherem Hennessy VS, wirkt dagegen erkennbar flacher und weniger aufregend. Zwei davon sind aber auch schon die Höchstmenge, die ich einem Gelegenheitstrinker empfehlen würde: Da ist Bums drin, den man kaum schmeckt, dann aber umso stärker fühlt.
Philadelphia Fish-House Punch
2 oz Cognac (z.B. Meukow VSOP)
1 oz Jamaica-Rum (z.B. Appleton Estate 12)
1 oz Pfirsichschnaps
1 oz Zitronensaft
20g Zucker
½ oz Wasser
Alle Zutaten auf Eis rühren.
[Rezept nach unbekannt]
Kurz noch zum Namen – Meukow klingt nicht wirklich französisch. Doch die Cognac-Welt ist eine kosmopolitische, schließlich haben wir neben dieser ursprünglich aus Russland stammenden Herstellerfamilie unter anderem auch Iren (Hennessy), Engländer (Hine) und Schweizer (Davidoff).
Es passiert nicht so wirklich oft, dass das Mixology Taste Forum und ich klar einer Meinung sind, doch diesmal muss ich den Verkostern in Berlin zustimmen: der Meukow VSOP hat seinen ersten Platz dort (siehe auch Printausgabe 06/2015) voll verdient. Die Raubkatze hat sich ihren glorreichen Platz an der Spitze der Nahrungskette wieder, trotz aller Versuche der traurigen Verweltlichung der Depri-Tierdokus, zurückerobert und erstrahlt in vollem Glanze, wie es sich für diese Gattung gehört.