„Klein“ ist eigentlich kein Wort, das die Amerikaner kennen. Und wenn sie es dann doch verwenden, dann meist in einem anderen Interpretationskontext als wir Europäer. Entsprechend muss man auch die in den vergangenen Jahren immer beliebtere Herstellungsmethode des Small Batch verstehen, mit der auch der Knob Creek Kentucky Straight Bourbon produziert wird.
Wir anspruchsvollen Konsumenten wollen uns einfach gern ein bisschen bauchpinseln lassen: Eine als „klein“ gekennzeichnete Abfüllung fühlt sich irgendwie an wie eine kleine, aber feine, edle Sonderdestillation, extra für uns, um uns vom Massenmarkt abzugrenzen. Dabei ist der Whiskey, der sich in dieser Flasche befindet, ein enger Verwandter des Whiskeys, den man für deutlich weniger Geld in der weißgelabelten Jim-Beam-Massenflasche kaufen kann – er läuft in der Regel sogar aus derselben Destille.
Es geht aber beim Small-Batch-Verfahren nicht darum, ein anderes Destillat, oder auch nur absolut gesehen kleine Mengen in Flaschen abzufüllen; die „kleine Charge“ bei Unternehmen wie Jim Beam, aus dessen Lagerhäusern dieser Whiskey stammt, ist wahrscheinlich größer als die Hauptabfüllung vieler schottischen Whisky-Unternehmen. Die Besonderheit beim Small-Batch-Verfahren liegt allein in der Fassauswahl aus den riesigen Lagerhäusern des Konzerns: Für die Abfüllung wird ein relativ gesehen kleinerer Satz von besonders ausgewählten Fässern geblendet, als für die Massenabfüllung.
Dass dabei nicht die Fässer, die die Zeit nicht so gut überstanden haben, herausgesucht werden, sondern die, von denen sich der Master Blender etwas verspricht, sorgt dafür, dass man im Small-Batch-Whiskey dann eben doch einen aromatischeren, reiferen und edleren Geist erhält, als in den Massenabfüllungen, bei denen eine solche Prüfung nur dahingehend stattfindet, dass man die guten Fässer gar nicht erst dafür hernimmt.
Es gibt keine Regelung, ab welcher Menge man von Small Batch reden kann; für manche Hersteller ist es Small Batch, wenn beispielsweise statt 100 Fässern pro Abfüllvorgang nur 50 verwendet werden; bei anderen ist das Verhältnis extremer. Leider erfährt man praktisch nie, wieviele Geschwister pro Abfüllung die vor einem stehende Flasche eines Small-Batch-Whiskeys hatte. Wer Glück hat, holt sich wenigstens noch die „alte“ Abfüllung mit der „aged nine years“-Altersangabe; ansonsten muss man zur „patiently aged“-NAS-Flasche greifen, die laut Kennern ein bisschen an Aroma eingebüßt haben soll.
Ignorieren wir für eine Weile nun die Familienverhältnisse des Knob Creek Kentucky Straight Bourbon und wenden uns seinem Duft zu: Kräftiges Aroma, viel Vanille: Bourbon in Reinkultur halt. Leichte Trockenfrucht, und ein schwerer Blumenduft, wie bei Lilien vielleicht.
Die 50%, die dieser Whiskey dankenswerter Weise aufweist, kommen schon deutlichst erkennbar im Mund zum Vorschein, pure Würze und Alkohol schießen vor. Ölig, schwer und mundausfüllend lässt er den Whiskeyfreund vor Freude taumeln, bis beim Abklingen ein Überschwall an Vanille, süßem Obst und feinen Gewürzen den Geschmacksreigen komplettiert.
Selbst nach dem Abgang verbleibt der Knob Creek äußerst kräftig und sehr würzig am Gaumen; er ist definitiv nichts für Liebhaber eines weichen Drinks am Abend, denn danach hat kein anderes Getränk mehr eine Chance auf die ihm zustehende Würdigung. Ein Kribbeln bleibt sehr lange, selbst nach Minuten, auf der Zunge. Eine wahre Hornisse an Bourbon. Ich würde, auch wenn man Fünfzigprozenter sonst durchaus pur genießen kann, auf jeden Fall etwas Wasser zusetzen, damit auch die feineren, dezenteren Aromen, die ohne Zweifel vorhanden sind, zum Vorschein kommen können, ohne von der Wucht des ersten Ansturms überrannt zu werden.
So gewaltige Whiskeys sind allerdings auch ideal für Cocktails. Normalerweise würde das Rezept für einen Suburban nach Rye Whiskey verlangen. Doch der Knob Creek Bourbon ist so würzig, dass er jedem Rye das Wasser reichen kann. Warum ihn dann nicht in diesem tollen Cocktail verwenden?
Suburban
1½ oz Knob Creek Kentucky Straight Bourbon
½ oz Dunkler Rum (z.B. Vizcaya VXOP)
½ oz Tawny Portwein
1 Spritzer Orange Bitters
1 Spritzer Angostura
Wem diese Art von Whiskey schmeckt, sollte dringend auch die anderen Familienmitglieder des Small-Batch-Clans von Beam anschauen: Den direkten Namensbruder Knob Creek Straight Rye Whiskey, sowie die Cousins Basil Hayden’s, Booker’s und Baker’s Bourbon. Und auch andere Hersteller bieten feine Small-Batch-Produkte an, insbesondere möchte ich da auf den Four Roses Small Batch hinweisen, einen meiner Lieblingsbourbons.
Preislich nähern sich diese Sonderabfüllungen immer mehr der Standardware an; Überschaubare 25€ habe ich für die 700ml-Flasche des Knob Creek Kentucky Straight Bourbon bezahlt. Investieren auch Sie diese paar Euro mehr im Vergleich zu Standardabfüllungen: Man bekommt für nur wenige Extraeuros einen enormen Qualitätssprung, der sich für jeden Whiskeyfreund sofort bezahlt macht.
Ein wirklich schön geschriebener Artikel zu einem tollen Whiskey aus den Staaten. Man sollte ihn auf jeden Fall probiert haben.
Grüße vom Namensvetter
finanzdurst
Vielen Dank für das Kompliment!