Die Benennung von modernen Produkten wird immer schwieriger. Griffige, passende, inhaltlich mit dem Produkt verbundene Namen sind oft schwer zu finden, bereits von anderen Firmen geschützt oder vielleicht sogar nicht schützbar. Wenn man nicht den Weg der multinationalen Konzerne gehen und sich Kunstworte aus den Fingern saugen will, die in möglichst vielen Sprachen und Kulturen akzeptabel aussprechbar und dabei noch politically correct sind, greift man halt auf gar nicht mehr semantisch mit dem Produkt verknüpfte Begriffe zurück und bedient sich beispielsweise in der reichhaltigen Welt der Mythologie.
Man fragt sich, warum man auf den Götterkönig, oder, wie eben gelernt, auf den Deva-König, als Namenspatron für ein Weizenbier zurückgreift; letztlich ist es vielleicht Indras Schwäche für Soma, den Göttertrunk, und seine Position als göttlicher Gourmand, die die Verbindung zu Bier gar nicht so abstrus macht, wie sie zunächst scheinen mag. Wahrscheinlich überinterpretiere ich aber wieder mal, und man suchte doch einfach nur nach einem exotischen Namen für ein exotisches Produkt, was das BraufactuM Indra Weizen India Pale Ale sicherlich ist.
Überrascht ist der Verkoster schon zu Beginn von einem sehr festen, dicken, stabilen Schaum. Noch nie habe ich einen derart ausdauernden, dichten Schaum auf einem Bier gesehen. Selbst nach 20 Minuten ist noch ein Zentimeter davon vorhanden, der Vergleich zu Bauschaum muss hier einfach fallen. Eine bronzene Farbe, blickdicht weil unfiltriert, begeistert zusätzlich.
Der Geruch schließt sich an: Sehr fruchtig, hopfig (Cascade und Magnum werden verwendet), deutlich an ein IPA erinnernd, dabei aber nicht unbedingt an die eckige Hopfigkeit eines IPA, diese wird durch die Weizenzartheit ausgeglichen. Sehr aromatisch und erfreulich.
Dicht und cremig im Mund, das Indra Weizen India Pale Ale vereint wirklich das beste aus IPA und Hefeweizen. Die Bittere ist mild, aber wirksam. Eine überraschende Würze ergänzt das Geschmacksbild. Die Fruchtigkeit ist dabei nicht spitz à la Zitrone, sondern gedämpft und süß, mehr in Richtung Orange oder Ananas. Sehr rund und ausgewogen, dabei immer noch spannend.
Im Abgang etwas salzig, speichelanregend, trocken. Ein extrem langer Abgang für ein Bier; die Aromen bleiben noch minutenlang am Gaumen vorhanden. Es erinnert mich im Abgang etwas an Franziskaner Hefeweißbier.
Wie soll man so ein Bier einordnen? Rein optisch und vom Mundgefühl ist es ein Hefeweizen, sensorisch ein IPA. Der Weizen gibt geschmacklich nicht viel dazu, er ist mehr eine aromatische Tönung. Ich habe es zu einem Chili-Huhn, im Ofen auf einer Pilsdose gebacken, getrunken – ein perfektes Pairing. Aber das Indra ist auch alleinstehend ein Genießerbier, wenn auch im Hochsommer für den Biergarten vielleicht etwas zu schwer; 6,8% werden nicht geschmeckt, aber besonders dann schnell gespürt. Zu solchen Gelegenheiten trinke ich lieber leichtere Varianten und hebe mir dieses Schwergewicht für besondere Momente auf.
In einem Cocktail dagegen ist das Indra immer ein echtes Pfund. Im Orange Hop-sicle zeigt der Biergott seine volle überirdische Kraft und setzt sich selbst gegen den ansonsten unüberwindbaren französischen Antillenengel Créole Shrubb durch. Ingesamt ein supersüßer Cocktail, den man unbedingt gut gekühlt trinken muss, wie der Name, ein Wortspiel mit den Komponenten „hop“ für Hopfen und „popsicle“ für Eis am Stiel, schon andeutet!
Orange Hop-sicle
2 oz Orangenlikör (z.B. Clément Créole Shrubb)
¼ oz Gomme Sirup
3 Spritzer The Bitter Truth Créole Bitters
… shaken und mit 3 oz BraufactuM Indra Weizen India Pale Ale aufgießen
Das BraufactuM Indra Weizen India Pale Ale gibt es in 330ml für rund 7€, und in der großen Dreiviertelliter-Sektflasche für 13€, mit Kronkorken. Mir gefällt diese Flaschenart sowohl im großen als auch im kleinen Format außerordentlich. Ich bevorzuge aber, wie eigentlich fast immer bei Getränken dieser Qualitätsstufe, die kleine Größe mit einer Einzeldosis dieses wahrhaft göttlichen und mystischen Biers.