Der Kundenfänger im Roggen – Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey

Jim Beam Rye Titel

Beam ist so eine seltsame Firma. Einerseits produzieren sie herausragende Small-Batch-Bourbons, die jedem Test ohne Mühe standhalten; andererseits überschwemmen sie den Markt mit minderwertigem White-Label-Sprit, der nur den Wirkungstrinkern mit viel Cola den Hals runterläuft. Wozu gibt es diese Billiglinien in einem Produktportfolio? Für uns Genießer stellt sich diese Frage. Doch die Menge an verkauftem Billigsprit gibt Beam recht: Es sind eben nicht alle Whiskeytrinker automatisch auch Genießer. Ein Großteil der Bevölkerung ist auf den Rausch aus, und gibt herzlich wenig auf Genuß beim Trinken – knallen muss es, nicht schmecken. Und so versorgt Beam eben beide Gruppen von Trinkern mit Stoff. Ich würde mir wünschen, dass die Effekttrinker zahlenmäßig weniger werden und die Genusstrinker dafür mengenmäßig zulegen könnten; das wird aber ein frommer Wunsch bleiben, denn die Welt ist so wie sie ist. Persönlich freue ich mich dennoch über jeden Whiskeytrinker, den ich zur Hellen Seite der Schnapsmacht bekehren kann.

Es wird vielen wie mir gehen, die sich nicht sicher sind, ob sie ein neues Produkt in dieser Billigproduktlinie wirklich testen wollen – der White-Label-Schatten liegt über allem und schreckte zunächst ab, insbesondere, als früher das Produkt das Beam-bewährte Flaschen- und Etikettendesign mit billigem Blechschraubverschluss nutzte. Beam lernte dazu und das heutige Design ist sehr viel ansprechender. Also dürfen wir mit der Bekehrungsmission direkt bei diesem unerwarteten Kandidaten beginnen: beim Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey kann man als Kenner und Einsteiger in den Roggenwhiskey durchaus einen Blick und Schluck riskieren.

Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey

Farblich ist der Jim Beam Rye relativ blass. Im Glas riecht er wie ein Bourbon – vanillig und mild. Der erste Mundgeschmack ist für mich etwas unangenehm, hefig, zu malzig; das wird schnell abgelöst durch eine angenehme Süße, die am Ende in ein leichtes Brennen übergeht. Von der Würze, die ich mir von einem Rye erwarte, ist nur kaum etwas spürbar. Da muss man wohl der Zielgruppe Eingeständnisse machen, und Würzexperimente passen vielleicht wirklich eher in die Small-Batch-Produktionslinien, bei denen man davon ausgehen kann, dass der Käufer nicht nur möglichst gestreamlinete Produkte verkosten möchte. Nur 51% Roggen in der Mashbill, das absolute Minimum dafür, dass sich dieser Whiskey Rye Whiskey nennen darf, spricht auch dafür.

Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey Glas

Roggenwhiskey-Cocktails sind gerade en vogue. Besonders die amerikanischen Bars entdecken ihren verlorenen Sohn wieder neu, und Rye knabbert ganz gewaltig an der Dominanz des Bourbon als Whiskeyvariante Nummer 1, wenn es um Cocktails geht. Alte Rezepte aus der Zeit vor der Prohibition werden wieder hervorgeholt; neue Rezepte mit den wie Pilze aus dem Boden sprießenden Ryemarken erschaffen. Eines der alten, klassischen Rezepte mit Rye Whiskey, das nun wieder in die Bars Einzug hält, ist das des Ward Eight.

Ward Eight Cocktail


Ward Eight
2 oz Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey
¾ oz Orangensaft
¾ oz Limettensaft
1 Barlöffel Grenadine
Auf Eis shaken.
[Rezept nach unbekannt]


Es ist keine Altersangabe auf dem Label vorhanden. Man kann daraus in Kombination mit dem Wörtchen „straight“ aber ablesen, dass dieser Rye mindestens 4 Jahre reifen konnte. Was Geschmack angeht und die Art, mit der Beam diesen Whiskey präsentiert, gehe ich davon aus, dass es aber auch nicht viel mehr sein wird als diese 4 gesetzlichen vorgeschriebenen Jahre für einen Straight Whiskey ohne Altersangabe.

Jim Beam Kentucky Straight Rye WhiskeyWer den White Label nie abkonnte, sollte diesem Green / Yellow Label (in alten Abfüllungen war das Etikett gelb, und die Flasche die klassische Beam-Flasche von damals)  trotzdem eine Chance geben. Das ist ein passabler, einfacher Einstieg in die Welt der Rye Whiskeys, preislich durchaus interessant und geschmacklich nicht ganz so wild wie manche andere Ryes. Positiv gesehen als Gebrauchsrye in einer Heimbar, negativ gesehen als Ausstellungsstück dafür, wie unroggig ein Roggenwhiskey sein kann.

Wer aber den vollen Roggengeschmack haben will, muss natürlich zu anderen Sorten greifen, die Beam, wie im Vorwort schon angesprochen, auch anbietet: Ich empfehle als totales Kontrastprogramm den Knob Creek Straight Rye Whiskey.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

3 Kommentare zu „Der Kundenfänger im Roggen – Jim Beam Kentucky Straight Rye Whiskey

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