Auf den Kopf gestellt – Smokehead Tequila Cask Terminado Islay Single Malt Scotch Whisky

Smokehead Tequila Cask Terminado Islay Single Malt Scotch Whisky Titel

Vor ein paar Wochen habe ich hier über Tequila gesprochen, der ausschließlich in Ex-Scotch-Fässern gereift wurde. Eine spannende Sache, die zeigt, dass die ehemaligen, als selbstverständlich betrachteten Limitierungen bei der Herstellung von Spirituosen immer weiter aufweichen und durchlässig werden – in vielerlei Richtungen. Tequila, in Scotchfässern gereift, ist nur ein Beispiel dafür, und heute drehen wir das Ding einfach mal um – wir haben mit dem Smokehead Tequila Cask Terminado Islay Single Malt Scotch Whisky den genau umgekehrten Fall eines Scotchs, der ein Finish in Ex-Tequila-Fässern erhalten hat. Das ist dahingehend ungewöhnlich, dass die Scotch Whisky Association (SWA) erst vor kurzem überhaupt erlaubt hatte, derartige Fremdspirituosenfässer für schottischen Whisky einsetzen zu dürfen; es gab diesbezüglich eine Unklarheit in den entsprechenden Regularien, die 2019 klargestellt wurde.

Auch wenn wir die Weltregionen im Kreis austauschen und die übliche Richtung, in der das mit den Fässern läuft, sozusagen auf den (Toten-)Kopf stellen, bleibt ein Gesetz des Business erhalten: der Abfüller Ian Macleod Distillers Ltd. aus dem schottischen Broxburn, dem auch Glengoyne und Tamdhu gehört, verrät uns leider nicht, welcher Brenner auf Islay den Whisky hergestellt hat, und auch nicht, welcher Tequila vorher in den Finishing-Fässern gelagert worden war, und auch nicht, wie lange der Whisky grundsätzlich gereift ist, und auch nicht, wie lange das Finish dauerte. Für den Freund der Transparenz ist das natürlich immer etwas schwierig, vor allem, wenn so viele Fragen gleichzeitig offen bleiben. Doch das sind eben die Bedingungen, denen der Fassmarkt zwischen Brennereien unterworfen ist; und ich bin kein Hasser oder Verfechter von No-Age-Statement-Abfüllungen, darum ist das für mich wirklich keine politische Frage, mehr ein Feststellen des Bedauerns, denn diese Informationen würden noch so einiges an Gedankenmaterial und Philosophieren erlauben, für einen Blogschreiberling wie mich das Salz in der Suppe. Doch genug des Theoretisierens und Was-wäre-wenn-Geschwafels, hin zum wahren Leben: schauen wir mal, ob der Terminado (dieser Name ist natürlich angelehnt an die Kategorisierungen beim Tequila, wie dem Reposado, und gleichzeitig auf die „letzte Stufe“ des Reifungsprozesses anspielend) auch ohne Detailwissen über die Herstellung im Glas überzeugen kann!

Smokehead Tequila Cask Terminado Islay Single Malt Scotch Whisky

Zuckerkulör wird auf dem Etikett deklariert, bei Scotch ist das überhaupt nichts ungewöhnliches, im Gegenteil, eher Standard. Honigfarben ist der Terminado jedenfalls im Glas, zeigt sich durchaus ölig, sowohl beim Schwenken, als auch, wenn sich die Flüssigkeit schnell wieder legt danach. Der Film an der Glaswand, den man dadurch erzeugt, teilt sich nur widerwillig in Beinchen auf, läuft dann stufig in Beinchen mit dicken Köpfen ab.

Wie bei vielen Islay-Whiskys muss man die Nase gar nicht tief ins Glas halten, um den typischen Geruch wahrzunehmen, der springt einen regelrecht an. Klarer, unspeckiger Rauch und deftig-salziger Torf definieren das natürlich, doch schnell folgen Heideblumen mit nasser Erde daran, schließlich wird der Duft medizinisch, fleischig, und zum Schluss sogar etwas kräuterig-alpin. Das ist nicht so aggro, wie manch anderer Brand von der Insel, wirkt eher weich und rund, das Wort „mild“ will ich bei so einem Stil eigentlich nicht verwenden, doch im Vergleich innerhalb der Kategorie passt es. Reife Früchte und eine holzig-grasige Unterlage geben weiter Volumen, besonders erstere nehmen bei zunehmender Offenstehzeit dem Rauch etwas die Wildheit.

Smokehead Tequila Cask Terminado Islay Single Malt Scotch Whisky Glas

Tasting Notes werden sowohl auf dem Rücketikett als auch auf dem Karton schon angegeben, die will ich natürlich nicht wiederkäuen, auch wenn sie interessant sind, sondern meine eigenen Eindrücke schildern. Die Textur ist sehr weich und voll, der Antrunk legt sich direkt breit auf den Gaumen und die Zunge, mit einer sehr schweren Basissüße, die an Honig, Frühlingsblumennektar und Nougat erinnert, die nicht einmal durch die im Verlauf auftretende Weißpfefferwürze verdrängt wird. Der Rauch ist zunächst kaum präsent, wobei ich oft feststelle, dass Rauch und Frucht manchmal sensorisch ineinander übergehen, und fruchtig ist der Smokehead Terminado definitiv, richtig viel Aprikose, Pfirsich und Orangenzeste; ich verstehe auch, was der offizielle Verkoster mit „BBQ Pineapples“ meinte, das ist genau dieser Übergang zwischen Röstung, Kohle und reifer Tropenfrucht. Der Abgang wirkt dann leicht kaltlagerfeuerig, speckig, mildsalzig, die Süße legt sich auf die Lippen und bleibt lange erhalten. Im Nachklang meint man dann endlich, wirklich die reife Agavenfrucht feststellen zu können, die dem Tequilafass noch innewohnte – das ist aber wirklich ein kleines, feines Detail, dem man aktiv folgen muss; es hätte mich auch gewundert, wäre da arg viel mehr gewesen: Tequila hat im Vergleich zu Islay-Whisky einen höchst fragilen, feinen Geschmack, der durch den ganzen Torf nur mühsam durchkommt.

Das trinkt sich pur sehr süffig, muss ich sagen, der Terminado attackiert den Gaumen nicht ganz so, wie das manch anderer Inselgenosse tun würde, mit viel Süße und Schwere hat man was zum Lutschen, und er lässt die Zunge dann auch irgendwann wieder los. Ja, eine handvoll Jahre mehr Reifung würden ihm guttun, und vielleicht auch drei zusätzliche Prozentchen Alkohol auf die vorhandenen milden 43%, doch das sind Details; insgesamt passt das Gesamtpaket aus Islaykörper und Tequilakopfnote doch wirklich gut zusammen.


Islay-Whisky und Cocktails, das ist eine komplizierte Geschichte – die starke Aromatik übernimmt wie schon pur auch meist schnell den kompletten Geschmack in Mixturen, oft verwendet man so einen Whisky dann lieber als kleine Zutat, um Rauch in den Drink zu bringen, oder als Parfüm, mit dem man das Glas ausspült. Aber warum soll man nicht auch gleich einfach „all-in“ gehen, wenn der Geschmack eh deutlichst spürbar ist: der Smoked Maple lässt dem Terminado vollen Spielraum, während die anderen Zutaten die Fruchtigkeit nur noch unterstützen.

Smoked Maple Cocktail

Smoked Maple
2oz / 60ml Islay Whisky
¼oz / 7ml Aprikosenlikör
¼oz / 7ml  Orangensaft
1 Teelöffel Ahornsirup
Auf Eis shaken.

[Rezept nach Simon Difford]


Marketingtechnisch setzt man hier offensichtlich nicht auf den klassischen, traditionsbewussten Scotchtrinker, der am Wochenende im Kilt herumläuft, sondern auf den modernen Käufer, mit der schwarz beklebten Flasche, die dadurch komplett blickdicht wird. Mit den darauf geklebten Etiketten, entsteht damit ein fescher, frecher Stil, auch wenn ich persönlich lieber die Flüssigkeit schon sehe – und wenn es nur um den Füllstand geht, der hier geschätzt werden muss. Der leicht verwischte Totenkopf in türkis dient hier, passend zum restlichen fast schon punkigen Stil, als Markenzeichen; der Karton hat dann das Totenkopfdesign ins Mexikanische übertragen, florale Muster und die typischen Dia-de-los-Muertos-Schädel mit Blumen und Herzen sollen wahrscheinlich die Beziehung zum Tequila herstellen. Das passt genau so, wie es ist, finde ich.

Ein durchdachtes Produkt, sauber gemacht, mit einer interessanten Prämisse, ohne dabei ins Gimmickhafte abzugleiten: Mir macht der Smokehead Terminado Spaß. Für Scotchfreunde, die offen für neues sind, sicherlich empfehlenswert, und insbesondere aber auch für Tequilanerds, die mal erleben wollen, wie sich der mexikanische Brand in neue Geschäftsfelder entwickelt und auch in höchst unerwarteten Szenarien punkten kann.

Offenlegung: Ich danke Karkalis Communications für die kosten- und bedingungslose Zusendung einer Flasche dieses Whiskys.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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