Neulich erst hatte ich bei einer Besprechung zu Rums aus Guadeloupe am Rande erwähnt, wie beliebt Segelschiffe auf Etiketten sind – und das bezieht sich offensichtlich nicht rein auf Rums, die ja eine historische Beziehung zu Schiffen haben, sondern auch auf Biere. Sowohl beim Brouwerij Van Steenberge Piraat als auch beim Piraat Triple Hop finden sich große Segelschiffe auf Etikett und Kronkorken. Natürlich ist dies durch den Produktnamen inspiriert, ein Pirat ohne Schiff ist ja eigentlich nur ein Straßenräuber. Die belgische Brauerei Van Steenberge hat eine Menge Marken im Angebot, darunter auch das von mir bereits besprochene Bornem, und verschiedene Varianten der Marke Gulden Draak. Die gefallen mir eigentlich ganz gut – da geht man mit gutem Gefühl in die Verkostung der zwei Piraat-Fassungen.
Beim Eingießen des Brouwerij Van Steenberge Piraat muss man darauf achten, dass das Bier ordentlich Schaum entwickelt, ich hatte ein paar der Flaschen auch Gushing. Ist man diesbezüglich vorsichtig, bleibt der großblasige Schaum eine ganze Weile als wunderbare Blume auf dem rotblonden, opalisierenden Bier erhalten. Starkes Mousseux hält es am Leben. Geruchlich braucht man gar nicht viel suchen, da ist nur wenig; leichte süßliche Malzigkeit, etwas Hopfen, ganz dezente Floralität, man benötigt aber insbesondere bei der für belgische Biere dieser Art üblich sehr niedrigen Trinktemperatur doch etwas Fantasie, um die Nase zu beschäftigen.
Im Mund dagegen – wow, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Da expandiert das Bier völlig unerwartet ganz enorm, füllt den ganzen Gaumen aus, mit einer richtig fetten, schweren Textur, die man fast beißen muss, insbesondere durch die viele Luft, die durch die tolle Karbonisierung mitzukauen ist. Malzig süß, hopfig mildbitter, knackig sauer, auch wieder schön blumig und mit lang anhaltendem, wirklich faszinierend aktivem Mundgefühl – ein Bier, das mehr über die Struktur wirkt als über Aromen, und das in ganz hervorragend ausgearbeiteter Form. Es ist trotz der schweren Wuchtigkeit frisch und rezent, hinterlässt im sehr langen Abgang tolle Getreidenoten und eine angenehme süßsaure Bittere; auch hier, der Effekt ist beeindruckend.
Wahnsinn, mir gefällt das echt ganz außerordentlich gut, auch wenn aromatisch da nur wenig Spannung erzeugt wird und man die 10,5% Alkoholgehalt ehrlicherweise doch hin und wieder leicht störend durchschmeckt – doch dieses Bier hat andere Qualitäten in so großem Umfang, da verzeihe ich viele Dinge, die ich anderen Bieren als Schwäche ankreiden würden. Hier wären noch mehr Eindrücke kaum mehr auszuhalten: Das Piraat ist schön gekühlt im Sommer eines meiner Lieblingsbiere, ohne jede Frage.
Optisch ist das Piraat Triple Hop nur leicht anders – schönes Kupfer, opalisierend trüb, mit mittlerer Schaumentwicklung beim Eingießen. Sehr feiner Schaum, der schnell zusammenfällt – ein paar Millimeter bleiben aber sehr lang erhalten, die ganze Bieroberfläche ist dauerhaft bedeckt. Bei Gegenlicht ist viel Perlage erkennbar. Drei Hopfensorten sind namensgebend, aber so richtig erriechbar ist das nicht – es wirkt nicht übermäßig gehopft in der Nase, das kommt nicht an ein Pale Ale oder gar ein IPA heran, auch wenn ein kaltes Hopfenstopfen erfolgt. Da sind milde Fruchtnoten, sowohl in die tropisch-süßliche, als auch in die limettig-säuerliche Richtung. Darunter eine leicht metallische Note, mit nur Anflügen von Malzigkeit. Insgesamt ein sensorisch zurückhaltendes Bier, was die Nase angeht.
Im Mund ist der Hopfen deutlicher zu spüren, insbesondere im Vergleich mit dem „normalen“ Piraat aus derselben Brauerei. Ich mag die süße Schwere des originalen Piraat sehr, das Triple Hop wirkt dagegen etwas leichter und frischer, auch wenn man die Basis doch wiedererkennt. Süß, aromatisch, fette Textur – das ist einfach ein tolles Bier, auch in der herberen Version. Tatsächlich spürt man die Hopfung im Verlauf immer stärker, Herbe und Zitrustöne arbeiten sich nach vorne, auch wenn die Schwere des Biers immer erhalten bleibt, mit den gleichen 10,5% Alkoholgehalt ist dies auch zu erwarten. Der Abgang ist eher kurz, hier klingt noch leichte Blumigkeit auch aus dem Hopfen nach, ein Ticken Adstringenz setzt ein, die Edelherbe zeigt sich ausgeprägter.
Erneut zwei großartige belgische Biere, Piraat ist wie gesagt schnell einer meiner Lieblingsbelgier geworden, in beiden Varianten, einfach weil es so wuchtig und fett daherkommt wie kaum ein zweites. Da hat man wirklich was im Mund – nicht ein Bier für immer, aber zwischendurch darf der Pirat ruhig bei mir Anker werfen. Mich hat das Piraat wirklich so geflasht, als ich es das erste Mal getrunken habe, dass ich dann schnell alle Lidl-Filialen abgeklappert und alles, was ich davon kriegen konnte, mitgenommen habe. Scheinbar war es auch keine völlig einmalige Aktion, ein paar Monate später tauchte es wieder in den praktischen Vierertragerln in diversen Filialen des Discounters auf – erneut habe ich üppig zugeschlagen. Man achte bei derartigen Mengenkäufen nur darauf, dass die Flaschen seltsamerweise mit einem 25ct-Einwegpfand versehen sind, und nicht jeder Getränkemarkt sie zurücknimmt.