Bei dem Versuch, ein paar Bekannten mal ein paar Biere abseits des Standardpils nahezubringen, hatte ich ihnen trickreich wie ich bin auch ein IPA untergeschoben. Die Reaktionen waren sehr gemischt – es blieb mir vor allem ein Satz in Erinnerung: „Das schmeckt ja überhaupt nicht nach Bier“. Was derjenige damit sagen wollte, ist wahrscheinlich, „das schmeckt ja überhaupt nicht nach Pils“. Laut einer Umfrage des ARD Buffets trinken deutschlandweit 42% am liebsten Pils – in meinem Saarland sind es laut dieser Umfrage sogar 77% (der lokale Schlager hier nennt sich Urpils).
Ohne den Pilsfreunden (zu denen ich definitiv nicht gehöre) nahetreten zu wollen – ich persönlich glaube, Verschwörungstheoretiker der ich bin, an einen anderen Grund für die Beliebtheit dieses Bierstils, als dass er so vielen wirklich schmeckt: In Deutschland hat die Bierindustrie es tatsächlich geschafft, ihr eigenes produktionsoptimiertes Produktportfolio über die letzten Jahrzehnte dermaßen einzuschränken und auf wenige Biersorten, hier insbesondere Pils, zu verknappen, und den Konsumenten so von Bierpluralität zu entwöhnen, dass als Bier scheinbar nur noch das gilt, was nach Pils schmeckt – und diese Konditionierung verstärkt sich dann irgendwann selbst. Dass Altbiere, Weiße, Ales und Stouts auch natürlich Biere sind, die eigentlich gleichberechtigt neben dem Platzhirsch Pils stehen sollten, wird vom Biergewohnheitstier dabei nicht realisiert – ein fruchtiges Pale Ale oder IPA wird als „modernes, künstliches“ Hipstergebräu wahrgenommen, das „kein Bier“ ist. Viele vermuten sogar Aromastoffe hinter den Geschmäckern von Ales, weil sie nie gelernt haben, dass es außer Bitter- auch Aromahopfen gibt. Wer nur Bohnen mit Speck kennt, hält es halt für das leckerste Gericht der Welt.
Zeit, etwas neues auszuprobieren, liebe Pilsfreunde! Ich will Euch Euer Pils ja gar nicht madig machen, aber aktuell sind die Chancen besser denn je, direkt auf den ersten Blindkaufversuch eine hervorragende Abwechslung ins Glas zu bekommen. Manchmal muss man aber auch nicht völlig blind kaufen. Viele Craftbrauer sind zwar nagelneue Startups und vom Namen her für die breite Masse völlig unbekannt; andere haben sich jedoch bereits im traditionellen Segment einen Namen erarbeitet. Das Maisel & Friends IPA ist so ein alternatives Bier eines klassischen Brauers, der Brauerei Gebr. Maisel, der für seine Craftbierschiene eine eigene Marke, eben Maisel & Friends, geschaffen hat.
Ein herrlicher, dunkel-kräftiger Bernsteinton in Kristallklarheit fasziniert schon beim Eingießen. Wie bei Ales üblich ist die Schaumkrone selbst zu Beginn eher dünn; eine feine, diskrete Perlage hält ihn aber über lange Zeit am leben. Geruchlich haben wir hier ein eher dunkeltöniges IPA vor uns; statt Zitronen finden wir Orangen, Pfirsich und Banane. Da ist noch ein sehr würziger Beiton im Hintergrund, nach Sojasauce vielleicht.
Eine starke Frische sorgt für ein kühlendes Mundgefühl schon beim ersten Schluck, auch, und das ist für meinen Geschmack viel besser komponiert als beim Citrilla desselben Herstellers, ist die Bittere schon von Anfang an als Komponente fühlbar. Sie dominiert klar das Geschmacksbild, eine milde Grapefruit taucht neben den errochenen Orangen noch auf. Insgesamt bleibt das Maisel & Friends IPA geschmacklich doch eher unauffällig und unkompliziert – der mittellange Abgang, mit lange anhaltender Adstringenz, komplettiert ein wirklich schönes, einfaches Bier.
Das Maisel & Friends IPA ist für mich ein sehr typisches IPA, das alles hat, was ein IPA haben muss, und das im Überfluss. Wie schon das Pale Ale bezaubert auch das IPA aber mit seiner Bodenständigkeit, es geht nicht in den Hopfenexzess, den IBU-Wahn und die Coolness-Rekordsuche über, sondern bleibt ein ehrliches Bier. Für mich gibt es zwei Kategorien von guten Bieren – die, die mich überraschen, die ich explorieren und Schluck für Schluck genussvoll verkosten kann; und die, die man einfach bei schlimmem Durst wegziehen kann, ohne gleichzeitig auf höchste Qualität verzichten zu müssen. Das Maisel & Friends IPA gehört in die zweite Kategorie.
6,3% Alkohol sind üblich für diesen Bierstil, 50 IBU ein guter Wert für die Bitterkeit. Erneut entdecke ich neben dem beliebten Cascade noch eine Hopfensorte, von der ich bis dato noch nichts wusste, nämlich Ahtanum; es scheint noch mehr drin zu sein, wenn man der Angabe „u.v.m.“ glauben darf.
Ich muss es wiederholen – bei einem Cocktail ist das Ergebnis mehr als die Summe seiner Teile. Perfekt lässt sich das am The Pineapple Hop demonstrieren: Rum, Ananas, Orgeat und Essig kombinieren sich herrlich mit IPA, und geben diesem Tiefe und Komplexität. Das IPA liefert Spritzigkeit und Bittere. Eine Win-Win-Situation.
The Pineapple Hop
1 oz weißer Rum (z.B. Brugal Titanium)
1 oz Pineapple Shrub
(oder ¾ oz Ananassaft mit ¼ oz Apfelessig und etwas Zucker vermischen)
¼ oz Orgeat
4 oz IPA (z.B. Maisel & Friends IPA)
[Rezept nach ]
Mit der Vermarktung in Supermärkten begann Maisel & Friends schon mit ihrem Pale Ale. Dieser Schritt in die Öffentlichkeit, in den Bierkonsummarkt außerhalb der Spezialisten, sollte hoffentlich mit der Zeit dazu beitragen, das oben beschriebene Image und Fehlwahrnehmung zu korrigieren. Der dem Bierniedrigpreisland Deutschland sehr entgegenkommende Preis von 1€ pro Flasche sollte auch hartgesottene Sparfüchse, die sich vom sonst teilweise etwas erstaunlichen Craftbierpreis abschrecken lassen, dazu bringen können, sich der Biervielfalt etwas zu öffnen.
Offenlegung: Ich danke Maisel & Friends dafür, dass sie mir 3 Flaschen des Maisel & Friends IPA kostenlos zum Test zur Verfügung gestellt haben.
Also mein Maisel Favorit ist ja Jeff’s Bavarian Ale. Aber das Pale Ale ist schon auch lecker. Zum Thema Pilstrinker: Am Besten dann noch eiskalt aus dem Gefrierfach, dann schmeckt man wenigstens gar nichts mehr. Ist dann auch für Leute geeignet, die kein Bier mögen :)