Mehr als die Summe der Teile – Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum

Plantation Stiggin's Fancy Pineapple Rum Titel

Ich leite meine Artikel hier oft mit Erklärungen ein, wie eine Spirituose hergestellt wird. Das ist für viele Produkte immer noch relevant und wichtig, denn kaum ein Hersteller glaubt, dass es sich lohnt, Informationen preiszugeben. Hin und wieder gibt es in diesen Social-Media-Zeiten jedoch Ausnahmen. Ich könnte daher viel über den Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum reden, aber lassen wir einfach die seltene Gelegenheit zu, dass der Erfinder der Spirituose selbst kommentiert, wie sie gemacht wird – eine tolle Sache, in dieser Art würde ich gern mehr sehen. Hier also die Herren Alexandre Gabriel & David Wondrich.

Definitiv eine aufwändig hergestellte Spirituose also, mit zweierlei Mazerierung, Redistillation und Blending. Ich persönlich bin sowohl ein Rum-, als auch ein Ananasfreund – allerdings habe ich mit einem ähnlichen Produkt, dem Tiki Lovers Pineapple Spirit Drink, nicht übermäßig gute Erfahrungen gemacht. Schauen wir mal, wie sich der Stiggin’s Fancy im Vergleich dazu schlägt.

Die Basis ist der Plantation Original Dark Rum, entsprechend ist auch die Farbe – zwar nicht schwarz, wie manche Dark Rums (zu deren Farbe sage ich lieber mal nichts), aber doch ein kräftiges Hennarot. Im Glas schwappt Stiggins‘ Fancy schwer und langsam, er wirkt ölig, was sich auch in den Artefakten am Glasrand zeigt.

Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum

Die Nase begeistert mich als Ananasliebhaber direkt – da verströmt sich direkt nach dem Öffnen der Flasche ein Geruch, der starke Rumaromen mit deutlichen Ananasaromen verbindet, ein Traum. Die Ananas ist prägnant, ohne verrottet zu wirken, sie wird unterstützt durch Marzipan, Zimt, schwarzen Tee und etwas Minze. Eine minimalste Lacknote gibt Komplexität. Ich liebe dieses Geruchsbild in seiner Gesamtheit, es ist wirklich toll.

Das Mundgefühl ist weich und leicht ölig, im Antrunk noch süß und hier dominieren die Rumaromen. Im Verlauf wird der Stiggins‘ Fancy immer würziger und feuriger, und die Frucht arbeitet sich Stück für Stück nach vorn, bis sie kurz vor dem Abgang den Gaumen beherrscht. Schokoladig, buttrig, leicht seifig – jedoch nie wirkt dieser aromatisierte Rum künstlich oder pappig, das ist definitiv kein Likör, auch wenn zumindest Fruchtzucker (natürlich durch die Herstellung bedingt) mit drin ist. Leichte Holzaromen aus dem Basisrum, etwas grüne Banane, leichte Zitrusnoten – man findet im Verlauf immer etwas neues. Dabei ist der Rum leicht und würzig, mit einer gewissen Salzigkeit und Säure, die die initiale Süße gut ausgleichen.

Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum Glas

Der Abgang ist eher kurz, warm, und hinterlässt auf der Zunge etwas Kribbeln und Betäubungseffekte. Ananas klingt noch eine ganze Weile nach.

Eine wirklich extrem gelungene Kombination aus Rum und Ananas, bei der beide Komponenten ihr Mitspracherecht hatten, und die natürlich wirkt – im Gegensatz zu vielen derartigen Produkten trinke ich den Stiggins‘ Fancy sehr gern auch pur und genieße es in vollen Zügen. Ein Spitzenprodukt, und das sage ich als bekennender Plantation-Skeptiker.

Aromatisierte Spirituosen findet man interessanterweise oft in Cocktail-Rezepten – man spart sich dabei letztlich eine weitere Zutat, wenn man einen Kokosnussrum oder eben einen Ananasrum einsetzt. Für diesen Fall muss man sagen, dass das Ergebnis doch mehr ist als die Summe seiner Teile. Darum wirkt ein Stiggins‘ Fancy im Queen’s Holiday auch viel eindrücklicher als ein Rum plus Ananassirup oder ähnliche Konstrukte, die man als Alternative einsetzen könnte.

Queen's Holiday Cocktail


Queen’s Holiday
1½ oz Dry Gin
1 oz Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum
1 oz Pink-Grapefruit-Saft
1½ oz Ananassaft
¼ oz Orgeat
Auf Eis shaken.
[Rezept nach Modern Tiki]


Die Flasche selbst hat die übliche Form, die wir von Plantation gewohnt sind, ohne das Gestrüpp allerdings, das um viele der Flaschen gewunden ist. Der Etikettenstil gefällt mir grundsätzlich gut und hat viel Charme.

Plantation Stiggin's Fancy Pineapple Rum Rücketikett

Auch hat man sich entschieden, die Story hinter der Figur, die dem Ananasrum den Namen gab, in kleiner Schrift auf dem Rücketikett zu verewigen. Persönlich habe ich nichts an derartigen Marketinggags, da meist die „Inspiration“ erst nach dem Produkt dazugesucht wird. Auf demselben riesigen Rücketikett findet man jedoch auch handfestere Information über die Herstellung und Idee hinter dem Produkt, letztlich das, was im oben verlinkten Video schon grob zusammengefasst ist – da hat man was zu lesen während des Trinkens.

Ich will nochmal betonen, dass dies eine Spirituose ist, die nicht nur dem Cocktailmixer sicherlich viel Spaß machen wird, sondern auch dem, der hin und wieder gern ungewöhnliche Produkte im Glas hat, da schließe ich mich David Wondrich ohne Frage an. Für mich steht fest, dass ich die Flasche, die nun schon fast leer ist, sicherlich ersetzen werde.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

3 Kommentare zu „Mehr als die Summe der Teile – Stiggin’s Fancy Plantation Pineapple Rum

  1. Was macht dich denn bei Plantation so skeptisch? Würde mich, als „Anfänger“, interessieren, konnte aber jetzt auf die schnelle in deinen anderen Artikeln nichts dazu finden.

    1. Plantation ist ein für mich schwieriger Hersteller, aus mehreren Gründen. Erstens süßten sie systematisch (und haben erst spät zugegeben, es zu tun), dann kämpfen sie aktuell aktiv gegen eine vernünftige Schutzstrategie für Barbados-Rum gegen alle anderen Brenner auf Barbados, und dann kam noch eine Geschichte dazu, dass sie, als es ppportun war, ankündigten, ihren Namen (der ja Anklänge an den Kolonialismus enthält) zu ändern – inzwischen ist das Thema etwas abgekühlt, und die Namensänderung ist vergessen. Ein insgesamt halbseidener Verein, wenn Du mich fragst.

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