Meine Leser wissen es – ich bespreche inzwischen immer abwechselnd Bier und Spirituosen. Manchmal kommt das auch zusammen, insbesondere, wenn ein Brenner aus dem Sauerland dem Genießer die Möglichkeit eröffnet, ein Destillat dadurch besser kennenzulernen und zu verstehen, indem er die Hintergründe zugänglich macht, zum Beispiel in Form der für den Whisky verwendeten Maische. An sowas komme ich natürlich kaum vorbei, ich finde derartige Projekte immer äußerst faszinierend, und will das auch dann teilen. Darum präsentiere ich hier einen Kombiartikel, in dem ich den Märkische Spezialitätenbrennerei DeCavo Handcrafted Single Malt Höhlenwhisky und das Basismaterial dafür, das Edelstahl The Mash Stout zusammen bespreche.
Die Reifung in der sauerländischen Dechenhöhle ist natürlich der Namensgeber dieses Whiskys (lat. „de cavo“ = „aus der Höhle“), und ein einzigartiges Klima ist ja durchaus von Relevanz in all den kleinen Faktoren, die einen fertigen Whisky am Ende ausmachen. Und es ist durchaus ungewöhnlich, dass man den DeCavo ausschließlich als Einzelfassabfüllung anbietet – da merkt man, das ist kein Feld-, Wald- und Wiesenwhisky, wie er in vielen deutschen Destillerien inzwischen hergestellt wird. Entsprechend lobenswert und sinnvoll ist die Fassnummern- und Flaschennummernangabe (L53, 306 auf meiner Flasche). Leider erfährt man selbst über die Website des Brenners nicht mehr über Art der eingesetzten Holzfässer oder sonstige Details. Aber nun genug nachgedacht, schnell ins Glas damit.
Von einem Dreijährigen aus vorbelegten Fässern erwarte ich, wenn er nicht gefärbt wird, tatsächlich diese leicht strohige Weißweinfarbe, alles darüber hinaus käme mir verdächtig vor. Entsprechend jung und lebendig bewegt der Whisky sich dann auch im Glas, nach etwas Schwenken zeigen sich auch schöne, dick ablaufende Beine an der Glaswand.
Die Nase ist gerstenbetont, die typische Mischung aus Getreide- und Fruchteindrücken junger Whiskys. Süßlich wirkt das ganze, mit Aromen von Aprikose und reifem Apfel, unterstützt von leicht vanilligen Tönen. Etwas Nussiges schwebt da mit, Mandeln vielleicht. Insgesamt sehr schmeichlerisch, angenehm, rund und fein, allerdings auch wenig komplex.
Nimmt man einen Schluck, setzt sich der milde Eindruck aus der Nase im Mund fort. Der Antrunk ist süß, mildfruchtig, mit viel Aprikose. Kurz danach entsteht eine vorsichtige Medizinalität, wie man sie von Scotch kennt, sie verfliegt aber schnell wieder und macht Platz für ein angenehm texturiertes Mundgefühl, das schön in die Breite, aber nur wenig in die Tiefe geht. Leichte Säure bildet sich aus, und dezente Würzigkeit kommt auf. 47,3% hätte ich nicht vermutet, der Alkoholgehalt sorgt für Volumen, aber ohne jede Form der Kratzigkeit. Ein recht angenehmer Geschmacksbogen, das muss ich sagen, dabei immer zurückhaltend und ohne herausstechende Eigenschaften.
Der Abgang ist kurz, mildherb, sich in eine würzige Wärme steigernd, jedoch aromatisch weiterhin leicht, getragen von Getreide und einer leichten Blumigkeit, die im Nachhall den ganzen Gaumen ausfüllt und lange mit etwas Jasmin nachklingt, angenehm trocken und dabei immer von der durchgängigen Süße unterstützt.
Ein Whisky, der trotz des martialischen Stiers auf dem Etikett eher ein Leisetreter ist, man darf hier nicht nach extremen Aromen oder wilden Effekten suchen, sondern muss sich ihm sachte nähern und sich über die sehr gelungene Rundheit, das schöne Mundgefühl und die Mildheit freuen, die den DeCavo sehr süffig und leicht trinkbar machen.
Single Malts werden heutzutage trotz einer inzwischen erklecklichen Anzahl von Cocktailrezepten immer noch hauptsächlich pur getrunken und oft gar nicht als Zutat wahrgenommen. Dabei ist der Penicillin einer der beliebtesten Whiskydrinks überhaupt geworden, ein moderner Klassiker. Um zu verhindern, dass durch den Monokonsum eines Drinks zuviele Resistenzen entstehen, biete ich hier eine Alternative an: den Amoxicillin. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Bartender, sobald Ihre lokale Bar wieder öffnet.
Amoxicillin
2 oz Blended Scotch
½ oz Chartreuse jaune
¼ oz Ingwersirup
¾ oz Zitronensaft
Auf Eis shaken. Auf Eis abseihen, mit Peated Scotch besprühen.
[Rezept nach Chris Yamka]
Kommen wir vom Whisky zum Basismaterial, aus dem er hergestellt wurde – Whisky ist ja eigentlich ein Bierbrand. Eine sehr aparte Idee ist es dann natürlich, die Maische (oder besser formuliert das daraus gewonnene Bier) auf Flaschen zu ziehen und dem interessenten Genießer auch zur Verfügung zu stellen. Die Stildeklaration dieses Biers ist „Stout“, und entsprechend schwarz ist die Farbe. Vermeintlich völlig blickdicht, wenn man das Glas gegen das Licht hält, sieht man allerdings schöne rubinrote Reflexe darin. Eine langsame aber ausdauernde Perlage sieht man, sie füttert einen feinblasigen Schaum, der über die Zeit stiltypisch in sich zusammenfällt, aber nie ganz verschwindet.
Der Geruch des The Mash Stout ist malzig, mildherb, leicht bitterhopfig – auch wenn kein Hopfen enthalten ist. Ein Anflug von Röstnoten, etwas Kaffee, dunkler Kakao. Insgesamt getreidig und würzig. Weich und mild, das ist ein Gesamteindruck, der sich durch die ganze Verkostung zieht. The Mash ist malzig, mildherb, definiert süß und erkennbar fruchtig – man könnte durchaus davon sprechen, dass sich diese Eigenschaften auf den späteren Whisky übertragen haben. Viel Volumen, aber nur wenig Tiefe – was mich hier nicht stört, es hat andere Qualitäten; zum Beispiel die schöne Rezenz, die durch die üppige Karbonisierung und eine schöne Säurekante entsteht. Dabei immer mit leichten Röstnoten, wie schon gerochen. Der Abgang ist kurz, malzig, leicht lakritzig, trocken. Der Alkoholgehalt von 7,5% ist nie bemerkbar, was das Ganze sehr süffig trinkbar macht. Ich finde jedoch, wie gesagt, allein schon die Idee großartig und nachahmenswert, das gibt dem Whiskygenuss dann noch eine zusätzliche Tiefe und entwickelt besseres Verständnis für das Produkt.
Das Tripel ist vollständig, ich genieße jetzt ein Dreifachherrengedeck aus Cocktail vor dem Essen, das Maischestout zum Essen, und einen De Cavo im Tumbler nach dem Essen. Das nenne ich wirklich Themenabend!