Wenn sich früher Europäer für außereuropäische Spirituosen zu interessieren begannen, waren das meist Großkonzerne, die einen möglichen Trend erkannten und sich ein paar Pfründe sichern wollten. Da ging es dann in der Regel nicht darum, Traditionen zu erhalten, mit den Brennern und Bauern fair zu handeln oder gar Qualität zu fördern – Quantität und der mögliche Gewinn standen im Vordergrund, und die aus dieser Einstellung gewonnenen Produkte tranken sich oft entsprechend. Viele Mixtos, Massen- und Pseudopremium-Tequilas, die wir heute in Europa kennen, entstanden dieser Bewegung, und damit wurde der Ruf des Tequila dauerhaft ruiniert.
Dass es auch Europäer gibt, die sich anders für den Tequila engagieren, zeigen Beispiele wie Calle 23, wo eine Französin in Mexiko einen großartigen Agavenbrand herstellt. Oder auch die Zusammenarbeit der Tequilakoryphäe Carlos Camarena mit den Franzosen Bruno de Reilhac und Jean-Sébastien Robicquet, die zusammen die Marke Excellia Tequila unter der NOM 1110 (früher 1139) gegründet haben. Da wird auf Details geachtet – die blauen Weber-Agaven dürfen schonmal 12 Jahre im Hochland (Los Altos) von Jalisco reifen. Gekocht werden sie in Backsteinöfen, zerkleinert mit einer Stahlmühle. Die Fermentationstanks sind aus Holz, und es wird in Kupferpotstills zweifach destilliert; für die Reifung, und das ist das Besondere dieser Marke, bringen die Franzosen die Fässer ihrer Heimat mit ins Spiel. Das Ergebnis dieser Mühen sind am Ende der Excellia Tequila Blanco, Reposado und Añejo. Taugt die frankomexikanische Kooperation was?
Zu Beginn immer der Blanco. Bei vielen Spirituosenkategorien ist die un- oder nur minimal gereifte Variante entweder gar nicht groß erhältlich oder wird als minderwertig wahrgenommen. Bei Tequila ist das anders – der Blanco ist, zumindest für den Kenner, der wahre König des Agavenbrands. Der Excellia Blanco gibt sich keine Blöße, was die Farbe angeht – kristallklar, ohne Mängel. Dazu ein ansprechendes, lebendiges Schwenkverhalten mit langsam ablaufendem Ölfilm an der Glaswand. Die Nase ist herrlich mineralisch, erdig, voller Agavenfruchtigkeit, frisch und leicht, weist dabei aber auch eine bereits hier erkennbare Süße auf. Sehr vegetal, grün und dabei noch leicht blütig. Im Antrunk kommt direkt jene letzte Komponente nach vorne, unterstützt von viel Mineralität, Kiesigkeit. Vollsüß, dabei nie künstlich. Im Verlauf entsteht sehr langsam Würze, die Agavenkraft bildet sich aus und wird mildpfeffrig. Weich und sehr rund, dabei aber klar und rein, eine sehr gelungene Kombination, sie macht den Blanco wirklich elegant. Der Abgang ist salzig, umami, sehr mineralisch, voll und mittellang. Er geht am Ende sehr ins Jasminblühende, was dann auch den Nachhall sehr lange definiert. Eben das bleibt ohne Quatsch fast eine halbe Stunde noch am Gaumen hängen. Ein hervorragender Tequila, milder und runder als viele, sehr blumig, elegant und frisch, dabei aber nicht den Charakter vergessend.
Für den Excellia Reposado kommen nun die angesprochenen französischen Fässer, die vorher Cognac und Sauternes enthalten hatten, zum Einsatz. Für 8 Monate liegt das Destillat darin und zieht etwas Farbe – nicht dramatisch, eine leichte Strohigkeit, erinnernd an Weißwein. Die dezente Viskosität des Blancos hat der leicht gereifte Bruder beibehalten. Ich hätte mich geärgert, wenn nicht auch die Blumigkeit noch erkennbar gewesen wäre – sie ist da, hier ergänzt und unterfüttert durch vanillige, zimtige Eichenholznoten. Und, vielleicht ist das auch nur Einbildung, auch tatsächlich süße Komponenten, die von den Vormietern der Fässer stammen könnten, Süßwein und Weinbrand. Es überlagert dabei aber nichts die Teile, die ich in einem Tequila, egal wie lange gereift, immer suche – die gekochte, fruchtige, mineralisch-erdige Agave. Im Mund fügt sich das alles dann zusammen, Zimtschärfe, Vanillewürze, natürliche Süße und die Floralität des Destillats. Es wirkt immer noch jung, grün und frisch, hat nur leichte Lagernoten. Mich stört etwas, dass ich ein paar seltsame Kaffirlimettenblättereindrücke vorfinde; während ich dieses Gewürz in Thaigerichten über alles liebe, irritiert es mich hier, denn es erzeugt einen gewissen Waschmittelgeschmack. Das Mundgefühl wechselt dramatisch von anfänglich sehr mildsüß zu sehr trockenbitter gegen Ende; der Abgang ist mittellang, sehr pfeffrig – deutlich mehr noch als der Blanco – und dann doch holzig. Insgesamt also ein ungewohnter Tequila Reposado, mit eigener Charakteristik – nicht hunderprozentig meins, aber interessant dennoch, weil eine Abwechslung und Demonstration, was die Fassvorbelegungswahl ausmacht.
Zu guter letzt werfen wir noch einen Blick auf den Excellia Añejo. Dieselben Ex-Cognac– und Ex-Sauternes-Fässer werden für ihn verwendet, die Reifedauer hat sich allerdings auf 16 Monate verdoppelt. Farblich allerdings ist dieser Tequila nicht doppelt so dunkel wie sein Vorgänger – eine Stufe auf meinem Farbenrad würde ich zusätzlich veranschlagen, der Añejo wirkt optisch jedoch trotzdem deutlich wärmer. Auch für den Geruch kann man das so sagen, es gibt doch deutlich mehr vanillige süße Holznoten. Eine erkennbare milde Fruchtnote, in Richtung Mandarine, ist ebenfalls neu – hierfür kann man wahrscheinlich durchaus das Süßweinfass verantwortlich machen. Im Mund hat man dann auch entsprechend einen sehr aromatischen, süßfruchtigen, mildholzigen Brand mit Anklängen an Honig und Eiswein, der nicht sofort als Tequila mehr erkennbar ist; ein Problem, das ich mit beinahe allen Añejos habe. Das ändert nichts daran, dass diese Aromatik ausgesprochen ansprechend ist – die Fehlnote des Reposados ist hier vollständig weg. Im Verlauf baut sich Würze und Salzigkeit auf, und dann kommt auch noch gegen Ende gekochte Agave zum Vorschein. Der Nachhall ist wieder sehr blumig, das Jasmin ist sehr dominant und bleibt lange am Gaumen, mit etwas Holzwürze, Pfefferschärfe, einer sehr überraschenden Meerrettichnote und einem angenehmen Alkoholhauch. Unglaublich süffig und voll. Für mich einer der besten Añejos, die ich bisher im Glas hatte.
Ich freue mich sehr, dass ich damals den Schritt getan habe, zu einer Bestellung einfach das Miniaturenset von Excellia beilegen zu lassen. Wir haben hier ganz tolle Tequilas, die sich hinter kaum einem anderen, den ich kenne, verstecken müssen und ihrem Namen wirklich alle Ehre machen; wer reinkosten will, sollte sich, sofern noch irgendwo erhältlich, wie ich dieses Set holen, da kann man das Geld echt viel schlechter ausgeben. Der Name Camarena enttäuscht einfach nie, und die beiden Herren aus Frankreich haben auch interessante Arbeit geleistet.
Tequila-Cocktails, da denkt jeder erstmal an die Margarita. Natürlich wäre jeder dieser Tequilas hier ein perfekter Kandidat dafür, doch ich will mal ein bisschen was Üppigeres empfehlen. Im Corallo verbinden sich Tequila, Kräuterlikör, Honig und Apfelbrand zu einem süßbitteren Schlürferlebnis, das ein Dessert ersetzen kann. Wer ein richtiges Süßmaul ist, nimmt statt des Reposados einfach noch zur Krönung den Añejo.
Corallo
1½ oz Tequila Reposado
1 oz Calvados
½ oz Bénédictine
½ oz Honig
1 Spritzer Orange bitters
Auf Eis shaken.
[Rezept nach Paige McCune]
Die drei 5cl-Miniaturen sind hübsch gestaltet, und in einem schönen, geschenktauglichen Karton verpackt. Die entsprechenden großen Flaschen sind in ihnen wunderbar nachgebildet. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass eines Tages eine dieser Vollflaschen in meiner Hausbar landet, vor allem der herrlich blumige Blanco oder der süßaromatische Añejo – das einzige Problem dabei ist, dass aktuell so viele herausragende Tequilas nach Deutschland strömen. Es ist faszinierend, wie sich die Erhältlichkeit der Topqualitäten dieses wunderbaren Brands in den letzten Jahren verbessert hat, soweit, dass ich kaum hinterherkomme, mir den guten Stoff auch tatsächlich zuzulegen, schließlich ist das alles nur ein Hobby für mich. Aber das sind Luxusprobleme, über die ich mich eher freue; eine Exzellenzinitiative, die wirklich was gebracht hat.
Ein Kommentar zu “Exzellenzinitiative – Excellia Tequila Blanco, Reposado und Añejo”
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