Darauf einen Toast! Innis & Gunn Oak Aged Original und Toasted Oak IPA

Innis & Gunn Oak Aged Biere Titel

Bier, ja, das kennt jeder. Bier ist in Deutschland allgegenwärtig. Doch selbst wenn man sich ausgiebig mit dem Gerstengebräu auseinandersetzt, so bietet die extrem weitgefasste Getränkekategorie „Bier“ immer wieder neue Überraschungen, mit denen man nicht gerechnet hat. Flaschenbier, Dosenbier, Fassbier – kennt man alles ja zur Genüge, doch auch wenn das schottische Innis & Gunn in einer Flasche zu erwerben ist, weist es doch in seiner Produktionsweise einen kleinen Twist auf: Es wird vor der Abfüllung in Holzfässern gereift.

Man kriegt auch als dauernd auf der Suche nach neuen interessanten Getränken befindlicher Rezensent eher selten ein solches Bier zu Gesicht; in einer Zeit, in der Bier im Allgemeinen nicht mehr in echten Holzfässern, sondern in Hektoliter-Stahltanks produziert und dann direkt in Glasflaschen oder Blechdosen abgefüllt wird, ist daher für mich ein holzgereiftes Bier paradoxerweise ein Novum – vielleicht aber auch nur des Kaisers neue Kleider in Bierform?

Innis & Gunn Original Oak Aged Beer Flasche

Ganz klar: Nein. Schön beim Eingießen des Innis & Gunn Original sieht man einen herrlich strahlenden, leuchtenden Grundton – dunkler Bernstein mit orangenen Reflexen. Optisch ungemein beeindruckend. Wenig Schaum und kaum Perlage zeigen, dass wir ein Ale vor uns haben.

Wer denkt, dass die Fassreifung nur ein Gimmick ist, wird spätestens beim Riechen am Bier eines besseren belehrt. Das riecht nach Bourbon, dass es eine wahre Freude ist. Vanille, Banane, Nelken. Sehr süßlich und faszinierend.

Innis & Gunn Oak Aged Beer Original Glas

Und würde ich es nicht besser wissen, ich hielte das Innis & Gunn Original auch geschmacklich für einen aufgesprudelten amerikanischen Whiskey. Da sind Eichenaromen, Vanille, Nelken, ein Hauch Obstkompott – war das Reifungsfass, in dem das Bier 77 Tage lag, ein Ex-Bourbon-Cask? Unterlegt wird das durch eine milde, zarte Malzigkeit. Nur wenige Hopfenaromen trauen sich an die Oberfläche. Mittlere Frische und zurückgenommene Rezenz sorgen für nur mäßigen Erfrischungsfaktor.

Der Abgang ist mir dann aber, passend dazu, doch etwas zu süß, er erinnert mich an belgische Biere wie das Leffe, die auch aromatisch höchstinteressant sind, im Nachtrunk aber zur Pappigkeit neigen. Dennoch ist das Fazit für mich persönlich als Whiskeyliebhaber klar: Spitze. Doch wer auf knackig-herbe, pilsartige Biere steht, wird mit dem schottischen Fassbier nicht glücklich werden, das kann ich versprechen.

Innis & Gunn Toasted Oak IPA FlascheAuch das Innis & Gunn Toasted Oak IPA startet mit einer wirklich ausgesprochen wunderschönen Farbe, strahlendes Gold. Nur sehr wenig Schaum und eine lange bestehende Feinperlage überzeugen – das erfreut das Herz des Biergenießers. Ein sehr feiner, edler Hopfengeruch mit leicht holzigen, malzigen Noten bezaubert mich.

Der erste Schluck dann: Fantastisch. Eine vordergründige, aber tiefe Süße, die man von einem IPA nicht erwartet, und die sich angenehmer anfühlt als die des Originals, legt sich auf die Zunge. Ein sehr mildes Bier, das aber, gut gekühlt, einen unglaublichen Erfrischungseffekt aufweisen kann. Es ist sensorisch klar ein IPA – aber eines der mildesten, die ich bisher getrunken habe. Vielleicht ist die aggressive Bitterkeit, die viele Craftbrauer inzwischen anstreben, hier nicht das einzige Ziel der schottischen Brauer gewesen? Sind es eventuell die 41 Tage Reifung in leicht „getoastetem“ Eichenholz, die das Bier so etwas mildern?

Innis & Gunn Toasted Oak IPA GlasIm Nachgang kommen dann Orangennoten und eine zurückhaltende Trockenheit zum Vorschein. Insgesamt ein wirklich durchdachtes, feines, rundes Geschmacksbild. Wie bei vielen Ales muss man es aber halbwegs zügig trinken; nach einer halben Stunde wird es etwas schal.

Jedenfalls ist das Innis & Gunn IPA ein perfektes Beispiel dafür, dass Bitterkeit nicht die einzige Qualität ist, die ein IPA über andere Biersorten hinaushebt, und ein Zeichen an andere Brauereien, dass „craft“ nicht nur „britisch-amerikanische Biersorte“ oder „viel Hopfen“ bedeutet, sondern auch alternative, besondere Herstellungs- und Reifungsarten beinhaltet.

Für viele ist Bier, wenn es als Cocktailzutat dienen soll, nur ein Ersatz für Sprudel oder Sekt. Dass Bier mehr liefern kann als nur ein bisschen Blubber zeigt der Double Barley Martini – schon die pure Verkostung deutete eine sensorische Nähe zu Whisky an, was kann dann bei einem solchen Cocktail schiefgehen? Nichts, wie sich zeigt. Es kommt nur zusammen, was offensichtlich zusammengehört – doppelte Gerste halt.

Double Barley Martini Cocktail


Double Barley Martini
1¾ oz Scotch Whisky (z.B. Bunnahabhain 12)
¾ oz Falernum (z.B. The Bitter Truth Golden Falernum)
¾ oz Limettensaft
1 Spritzer Orange Bitters
1 Spritzer Zuckersirup
½ Eiweiß
Alle Zutaten auf Eis gut shaken, und am Ende toppen mit…
1 oz Innis & Gunn Oak Aged
[Rezept nach Castrese Liccardo]


Die Flaschen sind sehr schön gestaltet, mit einem femininem Schwung und einer hübschen Taille, und einem tollen Etikett in türkisgrünen Kontrastfarben zur braunen Flasche und deren Inhalt beim IPA, in passenden Orange- und Rosttönen beim Original.

Zum Schluss noch zu den nackten Zahlen: 5,6% Alkoholgehalt beim IPA, üppige 6,6% gar beim Original, abgefüllt in 330ml-Dosierungen für rund 3€ mögen den einen oder anderen abschrecken. Wer sich aber für craftbeer im Allgemeinen und besondere, ungewöhnliche Biere im Speziellen mehr als oberflächlich interessiert, muss diese außergewöhnlichen Biere aus Edinburgh probieren.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

2 Kommentare zu „Darauf einen Toast! Innis & Gunn Oak Aged Original und Toasted Oak IPA

  1. Interessant ich hatte das Innis & Gunn auch am Wochenende im Glas. Und ich gebe Dir eindeutig recht, es war schon fast süss. Der Hopfen war, wie häufig bei englischen IPA´s nicht so extrem im Vordergrund. Ein wirklich gelungenes Ale, dass für einen Cocktail wirklich zu filigran daher kommt.

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