It was on a dreary night of November that I beheld the accomplishment of my toils. With an anxiety that almost amounted to agony, I collected the instruments of life around me, that I might infuse a spark of being into the lifeless thing that lay at my feet. It was already one in the morning; the rain pattered dismally against the panes, and my candle was nearly burnt out, when, by the glimmer of the half-extinguished light, I saw the dull yellow eye of the creature open; it breathed hard, and a convulsive motion agitated its limbs.
So dramatisch wie in Frankenstein, or the Modern Prometheus geht es bei nur wenigen Experimenten zu. Der Schweizer Victor Frankenstein bastelt sich sein Monster aus chemischen und alchemischen Zutaten und erweckt es zum Leben. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass mit dem Leben auch Anforderungen an den Erschaffer entstehen; das Wesen verfolgt seinen Schöpfer und verlangt Antworten auf seine Fragen. Doch will der Wissenschaftler plötzlich nichts mehr mit seiner Kreatur zu tun haben, und das Experiment wird zur Tragödie…
Nun gibt es durchaus auch Experimente in der Spirituosenbranche, die ähnlich tragisch verlaufen und die man besser im Labor gelassen hätte. Da werden Brände gequält mit Zutaten, dass einem das Grauen kommt. So mancher Rum oder Whisky werden in schlimmsten Schnapsversuchsreihen manipuliert, bis man nur noch zusammen mit Victor Frankenstein ausrufen kann:
Oh! No mortal could support the horror of that countenance.
Ist der Glenfiddich IPA Experiment Single Malt Scotch Whisky auch eine ähnliche Monstrosität wie das unbenannte Wesen, das Frankenstein erschaffen und zum Leben erweckt hatte?
Wir wollen uns mal langsam an dieses Produkt herantasten. Dass Whiskys in Fässern allerlei Herkunft gereift und gefinisht werden, ist ja allgemein üblich und bekannt. Ex-Bourbon-Fässer sind die Standardware; abgelegte Fässer aus der Madeira-, Sherry-, und Portherstellung beliebt, da sie durch die im Holz gespeicherten Aromen der Vorbewohner einen ganz eigenen, im Endprodukt klar erkennbaren Touch an den Whisky abgeben.
Der Glenfiddich IPA Experiment macht das Naheliegende zum richtigen Zeitpunkt – die Craftbierbewegung ist in vollem Gange, die alten britischen Bierstile wie Pale Ale und India Pale Ale erleben eine globale Renaissance. Da fragt man sich eigentlich, warum es so lange dauerte, dass eine Destille auf die Idee kommt, ihren Malt Whisky in einem Ex-Bierfass zu finishen. Nach der unbekannten Reifezeit (dieser Scotch gehört zu den aktuell viel auftretenden NAS-Veröffentlichungen, die keine Altersangabe mehr aufweisen) konnte der Whisky so also noch 3 Monate in einem Fass nachreifen, das vorher ein extra für diesen Zweck gebrautes IPA der Speyside Craft Brewery in Forres, bei Inverness, enthielt. British Challenger ist die Aromahopfensorte, die das Bier mit einer Fruchtigkeit ausstattet, die dann an den Whisky übergehen soll. Soviel zum Bier, und zu den Fässern, aber was ist mit dem Wasser des Lebens selbst?
Betrachten wir es erstmal im Glas: Sonnenblumengold, mit leicht grüngelben Reflexen. Ganz gewiss weit davon entfernt, ein hässliches Monstrum zu sein, im Gegenteil. Die Beine gibt es aber nur zögerlich ab; diese sind dann dünn und langsamfließend.
A strange multiplicity of sensations seized me, and I saw, felt, heard, and smelt at the same time; and it was, indeed, a long time before I learned to distinguish between the operations of my various senses.
Wir sollten uns bei der Verkostung nicht wie Frankensteins Kreatur von den Sinneseindrücken verwirren lassen – wir trennen die Optik von der Olfaktorik. Letztere bietet uns abgestandenes Bier, Honig, mildes Orangenfleisch, Vanille, Banane. Frisch eingegossen ist da eine recht stechende Alkoholnote, die wir erstmal verfliegen lassen müssen.
Der erste Schluck weiß dann aber direkt zu gefallen. Sehr süß, ausgeglichen durch eine spritzige Zitrusnote. Eine gewisse hintergründige medizinische Charakteristik gibt Komplexität. Süßholz. Keinerlei Rauch oder Torf, dafür ein Anflug von Kräuterwiese, nein, eigentlich nur der Wind, der darüber streicht, denn der IPA Experiment hat einen sehr leichten Körper. Ich würde sagen – ein typischer Speyside Single Malt mit einem sehr hellen, fruchtigen Charakter. Persönlich erkenne ich nicht viel des Biers, aber dafür tatsächlich IPA-typische Aromahopfennoten. Im kurzen Abgang wird es dann würziger – Ingwer, weißer Pfeffer, und supertrocken. Stark adstringierend; eine angenehm glühende feine Mentholnote bleibt noch etwas.
I am alone and miserable; man will not associate with me; but one as deformed and horrible as myself would not deny herself to me.
Das Monster ist vielleicht etwas arg pessimistisch in seinem Ausblick auf seine soziale Zukunft. Der Glenfiddich IPA Experiment muss das natürlich nicht sein, denn ich kann ihn mir sehr gut als wunderbaren Partner in scotchbasierten Cocktails vorstellen. Dennoch mache ich hier und heute eine Ausnahme und gebe kein Cocktailrezept an, einfach, weil ich auf einen typisch schottischen Gebrauch hinweisen möchte, den ich in dem Jahr, das ich in Glasgow verbrachte, sehr zu schätzen lernte, und der dem Scotch eine ebenbürtige Partnerin gegenüberstellt, wie sie Frankensteins Schöpfung so sehr ersehnte: Das hauf an a hauf, also ein kleines Glas Scotch und dazu ein halbes Pint Bier. In Deutschland sagt man dazu Herrengedeck. Und was wäre dem kaledonischen Bierfass-Experiment mehr angebracht als ein fassgereiftes, schottisches Ale, wie das Innis & Gunn Oak Aged IPA?
Hauf an a hauf
1 Dram Scotch Whisky (z.B. Glenfiddich IPA Experiment)
½ Pint Schottisches Bier (z.B. Innis & Gunn Oak Aged IPA)
Die Präsentation ist durchweg gelungen – die für Glenfiddich übliche Dreiecksform findet sich in der stabilen, hübsch zurückhaltend mit Braun und Kupfer gestalteten Dose, als auch in der massiven, dunkelbraunen, fast blickdichten Flasche mit Naturkorken wieder. Die aufgeklebten Briefmarkenstiletiketten lassen viel Glas frei, so dass der aufs Glas gedruckte Hirschkopf wunderbar zur Geltung kommt. Insgesamt sehr wertig und ansprechend.
Würde das Whisky-Experiment, könnte es sprechen, auch die Master Distiller bei Glenfiddich anklagen, wie es das Monster bei Frankenstein tat?
„Cursed, cursed creator! Why did I live?“
Nein. Vielleicht würde es fragen, warum es für das Gebotene so relativ teuer verkauft werden muss, oder warum es nicht mit 46% statt 43% erschaffen werden konnte; doch das sind keine tiefen Sinnesfragen, sondern mehr Luxusprobleme. Der Glenfiddich IPA Experiment ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass nicht alle Versuche mit Horror, Mord und Verzweiflung enden müssen. Hätte sich Victor Frankenstein statt seiner Labors doch lieber eine Destille zugelegt, und hätte seine schöpferische Energie ins Brennen und Reifen gerichtet – ihm wäre viel Leid erspart geblieben, und wir hätten mehr interessante, unterhaltsame Whiskys wie diesen hier.