Bügelflaschen haben für mich ihren Charme, da blickt man zweimal hin, wenn man so eine Flasche aus der Kiste zieht. Das „plopp“ beim Öffnen, das viele als so befriedigend empfinden, ist für mich zweitrangig, ich bin da oft eher vorsichtig, denn gerade bei flaschengereiften Bieren kommt mit dem Soundeffekt manchmal ordentlich Schaum raus, wenn man da zu unbekümmert rangeht wie an ein Flensburger Pils. Verdienen die Bon Secours Tradition und Myrtille aus der belgischen Brasserie Caulier, die mich schon mit ihrem Paix Dieu überzeugt hatten, auch eine etwas ehrerbietigere Haltung als ein einfaches Konsumbier? Prüfen wir es.
Kräftig schäumt es dann tatsächlich beim Eingießen, da muss man achtsam sein, dass es nicht überschäumt. Danach bleibt der sehr grobblasige Schaum lange auf dem Bier stehen, mit viel Luft drin, es dauert etwas, bis er sich soweit absetzt, dass man das Bon Secours Tradition genießen kann, ohne Schaumreste am Bart hängen zu haben. Stark trüb ist es, wenn man es voll eingießt, mit blasser Safranfarbe, etwas dunkel vielleicht für ein „Bière blonde“. Geruchlich entdecke ich als vorderstes einen starken Eisenton wie bei Stahlnägeln aus der Werkstatt, danach kräftige Gerste, gefolgt von ganz dezenter Hopfenfrucht, die eine eher weiche Komponente dazubringt, um die kantigen Ersteindrücke aufzufangen. Frisch und frech!
Auch am Gaumen findet sich eine kleine Kante, aber viel milder, als der Geruch erwarten lässt. Die Frische sorgt dafür, zusammen mit kickender Säure und dem schönen Alkoholgehalt von 8%, diese drei aber im Zusammenspiel mit tiefem Körper und grundliegender Süße. Esterige Ananas und Pfirsich kommen nun etwas hervor, nur, um schnell wieder vom Getreide eingefangen zu werden. Die Textur ist dick, ohne dass das Bier dadurch cremig wirkt, es bleibt herb und eher trocken, insbesondere im mittellangen Abgang, wenn noch etwas Blumigkeit dazukommt.
Ein echt süffiger Belgier, aromatisch und dicht, ohne zu drängend oder fett zu werden. Gut gekühlt macht das viel Vergnügen, sowohl als Durstlöscher zum Essen, als auch alleinstehend als Genussbier. Top!
„Myrtille“, das ist auf deutsch Blaubeere – wir haben also mit dem Bon Secours Myrtille ein Fruchtbier vor uns, wie es die Belgier halt grundsätzlich mögen. 6,4% Alkoholgehalt sind allerdings doch üppiger als viele Krieks oder ähnliches, was ich sonst kenne. Wir haben als Geschmack hier aber nur Blaubeersaftkonzentrat und natürliche Aromen, also ist das die qualitativ klar abgespeckte Version eines Fruchtbiers.
Farblich passt das allerdings, am Boden der Flasche setzten sich ein paar feste Bestandteile ab, die dann auch, wenn sie die volle Trübung in rotblauer Farbe erreicht haben, am Boden des Glases landen. Der Schaum ist auch leicht rötlich gefärbt, bleibt als dünne, gemischtblasige Schicht auf dem Bier liegen. Der Geruch ist eine interessante Mischung aus Blaubeersaft, Rotwein und leichtem Hopfen, erinnert etwas an ein Pale Ale, ohne dessen Kantigkeit allerdings. Da ist noch etwas Vanille und Sahnebonbon, das sorgt für süßliche Eindrücke und man ahnt, dass hier etwas Cremigkeit am Gaumen erscheinen wird.
Was sich allerdings nicht direkt bewahrheitet, denn das Bon Secours Myrtille ist initial klar säuregetrieben, erst im Verlauf kommt Süße und zusammen mit ihr Weichheit auf und drängt die Säure etwas zurück. Die Textur ist voll und dicht, allerdings kaum tief, der Gaumen ist schnell wieder frei. Blaubeere ist vorhanden, aber außerhalb von Fruchtsäure aromatisch eher schmal und wird dominiert von der exotischen Frucht, die aus der Kalthopfung kommt. Der Abgang ist dann bitter, leicht kantig sogar, mit einem untentschlossenen Mix aus Süße, Säure, Bittere und Blumigkeit. Unkompliziert zu trinken, interessant gemacht, aber letztlich für mich zu unkomplex, um mich über den kurzfristigen Genuss hinaus zu begeistern.
Das Tradition ist ein Bier, das mir gefällt; das Myrtille eine abgeschwächte Variante, die dann dafür Dinge dazu bringt, die man nicht wirklich braucht, auch explizit als Fruchtbier ist es höchstens mäßig interessant für mich. Man erkennt das Basisbier durch die Frucht, doch letztere gibt dem Ganzen nur wenig dazu. Ich habe meinen Favoriten gefunden!