Etwas, was viele gar nicht auf dem Schirm haben: Frankreich ist heutzutage ein großer Produzent von Whisky. Man verbindet Frankreich eher mit Cognac und Champagner, doch die Franzosen selbst trinken einfach gern Whisky; und mit ihrem Selbstverständnis bezüglich Qualität und Nationalstolz ist es eigentlich kein Wunder, dass sie den Stoff dann selbst herstellen wollen, statt ihn von woanders zu importieren. Zumindest zusätzlich. Ein Beispiel für einen französischen Whiskybrenner ist die Familienbrennerei Grallet-Dupic im Örtchen Rozelieures bei Nancy, die den Ortsnamen als Markennamen für sich nutzen. Und wie es dann so ist, geht von hier eine Kette innerhalb der Spirituosenwelt los – die Fässer, die in Rozelieures zur Reifung des französischen Single Malts genutzt wurden, werden dann irgendwann abgegeben und für andere Zwecke benutzt. Zum Beispiel, um Rum den letzten aromatischen Twist zu geben in einem Fassfinish.
Hier kommt dann die karibische Insel Martinique ins Spiel, wo der Brenner Trois Rivières sich diese Fässer von seinen lothringischen Landsleuten gesichert hat, und darin seinen Trois Rivières Ambré Finish Whisky Fûts Single Malt nachreift. Der Rum wird nach dem Destillieren in typischer AOC-Art 12 bis 18 Monate in Großfässern aus Eiche („foudres“) gereift, und bekommt dann das angesprochene Finish für 6 Monate in den viel kleineren Rozelieures-Fässern („fûts“). Er wird noch auf gemütliche 40% Alkoholgehalt herabgesetzt, und landet als „Rhum Ambré“, wie man diese nur leicht gereiften Rums im frankophonen Umfeld nennt, bei uns in der Heimbar!

Ein recht junger Rum wie dieser hat durch den zweifachen Holzkontakt trotzdem schön Farbe angenommen, ich würde das helles, blasses Gelbgold beschreiben, mit einem Anflug von Trübung, aber ohne Partikel. Lebendigkeit zeigt sich beim Schwenken, nur minimale Öligkeit, klar separierte Beinchen laufen schnell ab.
Im Geruch beherrscht die Agricole-Typizität erstmal alles – und zwar die noch junge, fruchtige Variante. Guave, Aprikose, Ananas, und ganz viel frisch gepresster Zuckerrohrsaft, mit einer leicht karamelligen Beinote. Der Rum wirkt dabei leicht und luftig, vielleicht sogar etwas dünn, wenn man nach etwas hinter diesem Fruchtvordergrund sucht. Weder die Normalreifung noch das Whiskyfassfinish ist wirklich dramatisch erkennbar, leichte Vanillenoten sind eigentlich alles, was darauf hindeuten könnte. Eine milde Floralität klingt in der Kopfnote noch nach.
Der Antrunk ist sehr weich, süßlich, und wirkt etwas schmal. Initial ist außer der Frucht und der Zuckerrohraromatik kaum etwas da, und sogar diese ist deutlich dünner als in der Nase. Das Mundgefühl ist zunächst zart, eher schon wässrig, nimmt im Verlauf etwas Feurigkeit auf, die unrund und etwas eckig wirkt. Leichte Säure baut sich auf, und unterstützt die undefinierte Würze, während sich gleichzeitig eine unsaubere Trockenheit in Stellung bringt. Das passt alles irgendwie nicht so recht zusammen, und ist im Endeffekt dann im Gesamtbild eher schlampig konstruiert und wenig aufregend; der kurze, eisenhaltige und nur im Anflug florale Abgang passt dazu. Ganz am Schluss klingt noch Zuckerrohrsaft nach, das ist dann ganz schön, aber einfach nicht genug.
Ein, meiner Meinung nach, fehlgeschlagener Versuch, in einen zu stark verdünnten Rum etwas Spannung mit einem Whiskyfassfinish zu bringen; der Rum ist zu gelangweilt von sich aus, das Finish kaum erkennbar und damit dann letztlich unnötig. Mit deutlich höherem Alkoholgehalt wäre vielleicht etwas zu retten; so bleibt ein Rum, den man getrost im Regal stehen lassen kann.
Was es auch schwer macht, so etwas in einem Cocktail unterzubringen; da macht selbst eine mittelstarke Konkurrenzzutat ihm schnell endgültig den garaus. Wir orientieren uns daher an einem leichten Drink, in dem der Trois Rivières Ambré Whisky Finish noch eine Chance hat, und vielleicht sogar seine einzige Stärke ausspielen kann: Die ausgeprägten Zuckerrohraromen. Ich habe mich hier für den La Cola Nostra entschieden, in dem das tatsächlich funktioniert.
La Cola Nostra
2oz / 60ml gereifter Rhum Agricole
1oz / 30ml Amaro
¼oz / 7ml Allspice Dram
¾oz / 23ml Limettensaft
¼oz / 7ml Zuckersirup
Auf Eis shaken.
In ein Glas geben, das mit Eis und 1½oz / 45ml Prosecco vorgefüllt ist.
[Rezept nach Don Lee]
Die Flasche hat eine schöne, geschwungene Form, das Etikett ist hübsch gestaltet – für mich war diese Präsentation der Grund, den Rum in einem französischen Supermarkt mitzunehmen, teuer war er nicht, da fällt einem so ein Spontankauf dann halt leicht. Ich denke nicht, dass er erneut den Weg in meine Heimbar schafft, wie man auf dem Bild mit dem Glas sieht, ist er aber immerhin doch leer geworden. Für den, der einen einfachen, sehr leicht trinkbaren Rum sucht, der einem am Abend eine gewisse schöne Aromatik zur Verfügung stellt, ohne dass man über irgendetwas nachdenken muss, der kann hier mal reinschauen; ansonsten würde ich eher dazu raten, die kräftigeren, expressiveren Ausprägungen von Trois Rivières in Betracht zu ziehen – der Brenner kann das viel besser, als er hier zeigt.