Rum aus Westindien (dem echten) – Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White

Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White Titel

Öfters schon habe ich über die Unschärfe gesprochen, die wir in der Spirituosenwelt bezüglich des Worts „agricole“ sehen. Da Rum aus Zuckerrohrsaft für viele Jahre eine Hauptdomäne der französischen Überseedepartements war, hat es sich auch bei vielen Kennern eingebürgert, derartigen Saftrum immer als „agricole“ zu bezeichnen. Die EU-Gesetzgebung sieht das anders, nur die im Anhang der Spirituosenverordnung aufgelisteten Gebiete dürfen diesen Terminus eigentlich tragen; manch ein Rum ist darum aus Zuckerrohrsaft gemacht, aber trotzdem kein „rhum agricole“. Zum Beispiel Rums aus Mauritius. Natürlich ist das ein rein technisch-legalesisches Faktum, es sagt nichts über Qualität oder Tradition aus; wer sich nicht mit den diesbezüglich sensiblen Franzosen verkrachen will, hält sich aber daran, wie man sich auch daran hält, nur Branntwein aus der Region Cognac auch Cognac zu bezeichnen, oder nur Käse aus bestimmten norditalienischen Provinzen Parmesan zu nennen.

Dementsprechend findet sich auf dem Etikett des Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White auch nirgends das Wort „agricole“, auch wenn er aus reinem Zuckerrohrsaft der ersten Pressung des rein lokal angebauten Zuckerrohrs hergestellt wird. 10 bis 14 Tage fermentiert der Saft, wird dann in Kupferbrennanlagen batch-destilliert (also nicht kontinuierlich), und trägt darum die Kennzeichnung „Pure Single Rum“ aus der Gargano-Klassifikation für Rums. Wer sich über die englischfranzösische Namensgebung wundert und eine Aussprachehilfe dafür sucht, kann sich einfach am Namen der Destillerie halten, für den es ein gewitztes Homonym ist – Oxenham. Die Brennerei wurde 2010 gegründet, und hat den Familiennamen dafür übernommen; der vollständige Name lautet Oxenham Craft Distillery. Rein ins Glas damit!

Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White

Der Rum ist kristallklar, transparent ohne jeden Fehler. Die klare Flüssigkeit reflektiert freudig die Farben der direkten Umgebung, und schwenkt sich mittelschwer, lässt Beine an der Glaswand entstehen, die schnell ablaufen.

Man hat nur wenig Momente, die Optik wirklich zu analysieren, denn schon vom Öffnen der Flasche, übers Eingießen bis zum Schwenken ist die Nase bereits verführt vom Duft, den der Rum verströmt. Sehr zuckerrohrsaftlastig ist dieser, im Blindtest würde ich eher eine Cachaça vermuten als einen Rum, die fruchtige, schwere Süße mit deutlich mineralischen und vegetabilen Komponenten drängt sich ausdauernd nach vorne: Reife tropische Früchte, Litschis, Guaven und Mango beherrschen das Bild, ein bisschen Kieselsteine und frischer, grüner Blattschnitt sind dabei, ein Anflug von Lack, der die Nasenschleimhaut beim tiefen Schnuppern kitzelt. Wie gesagt, sensorisch sehr aromatisch, effektvoll und aktiv.

Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White Glas

Sehr süß und sehr schwer ist der Antrunk, das fühlt sich fast wie Sirup an, eine kräftige, volle Textur unterstützt das. Initial ist richtig viel Aroma von Zuckerrohrsaft vorhanden, kombiniert mit einer erkennbaren grasigen Note. Leichte Fruchttöne schälen sich langsam aus der Süße heraus, wie die Nase schon meldete ist das hauptsächlich Litschi und Guave. Gleichzeitig entwickelt sich eine unterschwellige Würze, Tabakblätter und Muskatnuss, schwarzer Pfeffer und Heu; diese Würze kommt aber nie ganz nach oben, sondern unterstützt das Gesamtbild subtil. Dass hier 43% Alkoholgehalt enthalten sind, spürt man erst spät, und weniger durch alkoholisches Brennen denn durch ein tiefes Brummen. Aquariumkies und Algen klingen von Anfang an mit, der Abgang ist mittellang, mit mildfeurigem Effekt im Rachen, an Gaumen und Zunge. Wintergrün erscheint schließlich im Nachhall, bleibt dann eine ganze Weile bei uns.

Mir gefällt an diesem Rum ganz besonders die Struktur – das Mundgefühl ist wirklich dicht und schwer, ohne jede Kante, rund und weich, hat aber dennoch Charakter mit einigem an Würze, ich würde ihn fast schon „dunkel“ bezeichnen, rein vom Eindruck her. Das fühlt sich einfach toll an im Mund, da hat man einiges, über das man Sinnieren kann während des Trinkens, und man hat echt Lust, ihn lang im Mund hin und her zu drehen; für ungereiften Rum ist das schon beeindruckend.


Um so sicherer funktioniert so ein Texturdrink dann in einem Cocktail, da liefert er neben der Aromatik eben auch etwas Samtigkeit mit, die viel Säure und Frucht auffangen und balancieren kann. Im Prince Henry Punch zum Beispiel gibt der Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White schöne Kraft und Dichte mit. Die aparte Mischung aus Melasse- und Saftrum, kombiniert mit meiner Lieblingszutat Chartreuse, liegt fein am Gaumen und ist trotzdem frisch.

Prince Henry Punch Cocktail

Prince Henry Punch
¾oz / 23ml ungereifter Rhum agricole
¾oz / 23ml gereifter Melasse-Rum
¾oz / 23ml Limettensaft
½oz / 15ml Chartreuse Verte
½oz / 15ml Himbeersirup
6 Spritzer Angostura Bitters
Auf Eis shaken. Auf Eis servieren.

[Rezept nach Pablo Moix]


Eine recht ungewöhnliche Form hat die Flasche – unten breit und schmal, oben rund und bauchig, da werden zwei recht bekannte Flaschenstile miteinander verwoben und verwirren das Auge etwas. Ein Plastikkorken ist heutzutage Standard und überhaupt kein Problem bei einem Produkt, das keine lange Stehzeit zu erwarten hat. Der weißblau gehaltene, stilsicher designte Präsentkarton hat ein schönes, aufgeprägtes Holzmuster und stellt ein paar Informationen über den Rum bereit, so dass ein Käufer nicht die Katze im Sack kaufen muss.

Auf dem Etikett findet sich noch ein kleines Siegel, mit der Aufschrift „Certified Rum of Mauritius – RPAM“. RPAM ist die Rum Producers Association Mauritius, ein Zusammenschluss der Hersteller auf der Insel, und das Siegel damit wohl eine sich auf Konsens der Brenner beziehende Zertifizierung. Es ist gut, dass es soetwas gibt, man sieht aktuell auf Barbados, wozu ein Dissens der Hersteller in einem begrenzten Markt führen kann. Daher nehme ich das einfach mal als Zeichen, dass man auf Mauritius selbstbewusst die eigenen Rums protegiert, zusammenhält, und aber auch nicht auf einen fahrenden Agricolezug aufspringen will. Und wie man beim Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White sieht, hat man allen Grund dazu – eine eigenständige Aromatik, die aus dem Terroir der Insel im westindischen Ozean (dem echten, bevor der Irrtum des Kolumbus den Begriff in eine ganz andere Weltregion entführte) entsteht.

Offenlegung: Ich danke FFL -RUM Brands- für die kosten- und bedingungslose Zusendung einer Flasche dieses Rums.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

Ein Kommentar zu “Rum aus Westindien (dem echten) – Oaks & Âmes Mauritius Pure Single Rum White

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