Mein Kontakt mit französischem Bier läuft, nun, sagen wir mal, schleppend. Immer wieder kaufe ich in den nahegelegenen Supermärkten auf französischer Seite der Grenze Bier aus dem Nachbarland, oft gebraut im Elsass; und immer wieder stelle ich fest, dass es mich nicht so recht wundert, dass die französischen Supermärkte viel belgisches und deutsches Bier anbieten, die deutschen Gegenparts allerdings so gut wie nie französisches. Nun sind unsere Nachbarn ja deutlich eher Wein- denn Biertrinker, doch die grenznahen Regionen wie das Elsass und Lothringen, und auch Gebiete in Nordfrankreich, haben eigentlich eine reiche Tradition an Brasserien, und daher gebe ich nicht auf, das Bier von dort zu finden, das mich begeistert. Seit 1821 zum Beispiel wird in der Brasserie Fischer Bier gemacht, mit regionalen Zutaten sogar, wie das Etikett stolz aussagt. Die 65cl-Flaschen des Fischer Blonde Tradition und 3 Houblons Alsaciens mit Bügelverschluss haben mir optisch extrem gefallen – und so folgt nun der nächste Versuch den Gerstensaft à la française kennenzulernen.
Beginnen wir mit dem Fischer Blonde Tradition, einem mit Glukosesirup und Hopfenextrakt hergestelltem untergärigen Bier, 6% Alkoholgehalt machen es zumindest mal stärker als viele Helle in Deutschland. Es ist immer sehr befriedigend, einen Bügelverschluss aufzuploppen, das ist hier keine Ausnahme. Ins Glas schwappt das Bier mit nur leichter Schaumbildung, dieser sinkt weiterhin in sich zusammen, ein dünner Flaum bleibt erhalten – zusammen mit der leuchtenden, kristallklaren, goldenen Flüssigkeit ein sehr attraktives Blondes. Der Geruch ist dafür weniger hübsch, nun, das kann man so nicht sagen – er existiert halt kaum. Mehr zu erratende Anflüge von Gerste und Bitterhopfen, etwas rostiges Metall, ein Touch von Plastik. Nicht wirklich ansprechend, schade, der Kontrast zwischen Optik und Nase ist frappierend.
Im Mund hat man dann halt ein gesüßtes Helles, es ist fast lustig, wie offensichtlich der Glukosesirup sowohl das Mundgefühl als auch den Geschmack anführt. Getreidearomen versuchen, sich dagegen durchzusetzen, bleiben aber unerfolgreich dabei. Eine fast schon künstliche Fruchtnote, die an Fruchtkaugummi erinnert, kommt dazu. Immerhin ist die Rezenz da, sowohl von der Frische als auch der Säure, das klappt gut. Doch der Rest ist oberflächlich und artifiziell, und der Abgang dauert höchstens 2 Sekunden, und ist am Ende dann sogar noch kratzig.
Ich könnte sagen, ja, das ist halt ein einfaches Bier, aber die Süße macht schlicht alles kaputt, was da an Spannung da sein könnte, oder wenigstens an einfachem Bierstandard. Mich wundert, dass sowas bei den Franzosen mit ihrem Qualitätsbewusstsein, was alle anderen Lebens- und Genussmittel angeht, zu verkaufen ist. Man stelle sich vor, man würde ihnen gesüßten Wein vorsetzen – ich ahne schon das Drama, das da folgen würde.
Die Erwartung an das Fischer 3 Houblons Alsaciens ist nach der Erfahrung des Blonde Tradition nicht besonders hoch, insbesondere, da die drei namensgebenden alsässischen Hopfensorten nicht namentlich erwähnt werden, und dann auch nur als Hopfenextrakt und nicht als Frischhopfen eingesetzt werden. Mit 7,2% Alkoholgehalt ist es etwas stärker, und obergärig eingebraut. Hier hat man sich auch entschieden, zusätzlich zum Glukosesirup auch noch Zucker einzusetzen – die Erwartungshaltung sinkt immer mehr.
Auch hier weiß allerdings die Optik erstmal über viel hinwegzutäuschen, schönes, kräftiges Kupfer, kristallklar und leuchtend, dazu ein feinblasiger Schaum; mir gefällt es. Mit der Nase muss man dann den so offensiv beworbenen Hopfen echt suchen, das hat keinesfalls auch nur ansatzweise deutliche Fruchtigkeit, wie man sie vielleicht bei einem Pale Ale erwartet, oder auch nur einem hopfengestopften Hellen. Eigentlich riecht es genauso wie das Blonde Tradition, leicht gerstig, leicht nach Plastik, nur minimal orangig vielleicht. Das ist aber mehr meiner Fantasie zuzuschreiben, wahrscheinlich.
Der Gaumen findet dann aber doch noch die Hopfenfrucht, sehr viel deutlicher, als es die Nase vermochte. Hier könnte man leichte Aprikose, Orange und Mango feststellen, die durch die künstliche Süße unterstützt auftauchen. Im Verlauf wandelt sich das Bild hin zu etwas Floralität, auch hier ist der Hopfen wahrscheinlich verantwortlich, während eine ganz milde Getreidewürze dazukommt. Frische ist mäßig gegeben, leicht kantige Säure kitzelt den Gaumen wenigstens, obwohl die Süße das Bier sehr stumpf macht. Der Abgang ist kurz bis mittellang, hier weiterhin von Blumigkeit dominiert – das schönste am ganzen Bier.
Das 3 Houblons Alsaciens ist das klar interessantere Bier der zwei hier vorgestellten, aber das will nichts heißen: Der Zucker zerstört bei beiden jede Komplexität und damit den Genuss. Da beißt die Maus keinen Faden ab – für den deutschen Gaumen taugen beide nicht wirklich. Dass der Zuckerzusatz eine klare Geschmacksentscheidung ist, sieht man an den auf dem Rücketikett mitgelieferten Tasting Notes, die die Süße betonen. Vielleicht trinkt man im Elsass einfach gern süßes Bier. Das muss ich dann hinnehmen, aber ich weiß, dass ich nicht dorthin zum Bierausflug muss. Meine Queste geht weiter.
Die Brauerei in Schiltigheim ist seit Jahren geschlossen und somit Mal wieder eine Mogelpackung. Französisches Bier, das ist so eine Sache, wer bestellt am Meer im Fischrestaurant ein Jägerschnitzel?