„Ron do Brasil“ – diese Wortkombination findet man eher selten auf Etiketten. Zuckerrohrbrände aus Brasilien, da denkt man zunächst selbstverständlicherweise an Cachaça. Und ja, das ist etwas anderes als Rum. Recherchiert man ein wenig weiter ob dieser unerwarteten Auszeichnung, findet man Werbetexte in mehr oder weniger vertrauenswürdigen Internetshops, die den Rum César Ron do Brasil sogar als „holzgelagerten Rum Agricole“ bezeichnen. Was ist denn das für eine Verwirrung? Ein spontaner Erklärungsversuch – in den USA ist Cachaça inzwischen als Kategorie anerkannt (wenn auch meiner bescheidenen Meinung nach falsch als Subkategorie von Rum), in der europäischen Gesetzgebung aktuell weder als Kategorie noch als „geografische Angabe“, daher schreibt der eine oder andere Importeur einfach „Rum“ aufs Etikett, das versteht man, und muss nicht rumdiskutieren. Da die Herstellungskriterien für Cachaça allerdings in Brasilien enger definiert sind als die für Rum, kann es auch durchaus sein, dass hier tatsächlich schlicht ein Zuckerrohrbrand vorliegt, den man gemäß den brasilianischen Regeln nicht als Cachaça deklarieren darf.
Vor allem, wenn man zusätzlich sowohl die Triggerworte „Fair Trade“ und „Bio“ auf jenem mirakulösen Etikett findet. Hergestellt wird dieser Rum in der Kleinbrennerei Agroecológica Marumbi im südbrasilianischen Bundesstaat Paraná, die das Zuckerrohr für den Rum in biologischer Weise anbaut. Das Produkt ist Fair-Trade-zertifiziert via Ecocert, und, so wie es für mich aussieht, in der Schweiz abgefüllt, letzteres ist allerdings mehr eine Vermutung aufgrund diverser Angaben aus allen möglichen Quellen. Man sieht, nichts genaues weiß man nicht, und gerade für ein Bioprodukt sollte Transparenz doch etwas größer geschrieben werden. Nun, das ist das Außenrum, trinken wir einfach mal ein paar Schlückchen dieses Brands.
Farblich ein leichtes Ocker, vielleicht ein Hinweis auf das Alter – ich würde unabhängig davon von der gesamten Sensorik her schätzen, dass er 2-3 Jahre alt ist, dazu passt auch die Farbe. Im Glas ist er erkennbar viskos, hat viele lang am Glas anhaftende Artefakte. Geruchlich kommen wir in die Bredouille – weder finde ich eine besonders starke Assoziation zu Rum Agricole, noch zu Cachaça, eigentlich rieche ich mehr einen Melasserum; vielleicht ist die Deklaration doch gar nicht so überraschend. Sehr süß, esterig, nach reifer Banane, Kakaopulver, Vanille. Ein paar Fehltöne in Richtung feuchter Karton, vielleicht auch Chlor. Dazu kommt eine durchaus starke alkoholische Note.
Die Kritikpunkte fallen beim Probieren dann aber schnell weg. Schmelzend weich im Mund, und supersüß im Antrunk, aber nicht künstlich pappig, und passend zu diesem sensorischen Eindruck ist der Rum César Ron do Brasil auch tatsächlich ungesüßt nach eigener Messung. Schokoladig, rosinig, pflaumig. Viel Körper, dicht, breit und rund. Im Verlauf entsteht eine sehr milde Ingwerschärfe, gewiss aromatischen Ursprungs und nicht den mäßigen 40% Alkoholgehalt zusprechbar. Mir fehlt nur etwas an Komplexität – das Ganze bleibt etwas oberflächlich.
Zum mittellangen, süß-trockenen Abgang, bei dem Vanille und Holz am Gaumen bleiben, kommt eine sehr prägnante mandelige Nussnote, die lange nachhallt. Warm und zart am Ende – ein leichtes Kribbeln verbleibt auf der Zunge.
Die Eigenschaften dieses Rums machen ihn sowohl zum puren Schlürfen, wenn man Lust auf was Süßes hat und trotzdem keinen pappigen Likör trinken will, sehr gut geeignet, als auch natürlich wie alle Spirituosen als Cocktailzutat. Rezepte für Rum nehmen ihn aufgrund der oben geschilderten Eindrücke sicherlich sehr gern auf. Der Eureka Punch ist ein süßschwerer Absacker, der jedenfalls mit dem Ron César ausgezeichnet funktioniert.
Eureka Punch
2 oz gereifter Rum
1 oz Limettensaft
¾ oz Chartreuse jaune
2 Esslöffel Honigsirup
1 Spritzer Angostura
Auf Eis shaken, dann aufgießen mit…
2 oz Ginger Ale
[Rezept nach Martin Cate]
Leider konnte ich seit der ersten Flasche, die ich in einem lokalen Biomarkt in Saarbrücken gekauft hatte, keine weitere erwerben, einfach weil sie überall vergriffen ist. Es ist durchaus üblich, dass Importeure nur eine Charge eines Produkts kaufen, und kein dauerhaftes Verhältnis zum Hersteller aufrecht erhalten, gerade bei Kleinbrennern ist das wahrscheinlich einerseits wirtschaftlich verständlich, andererseits schade für uns Konsumenten und auch für den Brenner, der sich oft neue Abnehmer suchen muss. Schade insbesondere für mich, denn den Rum César Ron do Brasil habe ich nun, da ich die Flasche längst aufgebraucht habe, immer noch in guter Erinnerung. Wenn ich bei einem Besuch eines Biomarkts darüber stolpere, wird sie ganz sicher mit in meinem Einkaufskorb landen.
Ein Kommentar zu “Biorum aus Brasilien – Rum César Ron do Brasil”