Mitbringsel von Ausflügen haben den Charme, dass man beim Trinken nochmal die Erlebnisse etwas Revue passieren lassen kann. Aus Belgien bringe ich dazu gern Bier mit, vor allem Geuze, das ich als Sauerbierliebhaber sehr schätze. Manchmal sieht man für diese Bierspezialität auch die Schreibweise „Gueuze“, wahrscheinlich für die frankophonen Wallonen, die das initiale g ansonsten stimmhaft zu einem ʒ verweichen würden. Interessanterweise liest man auf dem Etikett des Oud Beersel Oude Geuze Vieille dann praktisch zwei Sprachen – „oude Geuze vieille“ scheint mir doppelt gemoppelt, aber das ist halt das Königreich Belgien, das eigentlich aus zwei Ländern (Flandern und der Wallonie) besteht, die sich nicht immer ganz grün sind.
Ein Geuze ist ein Blend aus mehreren fassgereiften, spontanvergorenen Lambics, das in Flaschengärung weiter reift. Letzteres spürt man deutlich, wenn man den von einem Drahtkorb gehaltenen Sektkorken aus der Flasche poppen lässt – das ist, wie wenn man einen Champagner öffnet. Farblich grenzt sich das Oud Beersel Oude Geuze Vieille aber von Schaumwein ab, es hat eine helle Kupferfarbe. Sehr starke Perlage sieht man, und einen sehr feinblasigen Schaum, der auf dem Bier eine ganze Weile erhalten bleibt. Ich mag den Geruch von Sauerbieren, hier ist das nicht anders. Apfelessig, grüne Äpfel, fast schon limettig und beerig, dabei aber begleitet von einer tiefen Würze, die noch nicht ganz ins Backgewürzige geht, Kardamom und Sternanis vielleicht. Wie bei vielen belgischen Bieren verhindert die niedrige empfohlene Trinktemperatur von 8-12°C, dass das Bier mehr Nuancen freigeben kann.
Im Mund bildet sich direkt eine spannende Süßsäure, wobei die initiale Süße im Verlauf sehr schnell durch die knackige Säure unterbuttert wird. Ein cremiges Mundgefühl wirkt dabei paradox, es funktioniert aber. Trockener Sekt, Apfelessig, Limette – das ist schon kantig sauer, die dazukommende ausgeprägte Bittere tut ihr übriges dazu, dass das kein Schmeichelbier ist. Fast schon radicchioartig bitter ist der Abgang, kurz und blumig, weiterhin sehr frisch und von sauerbitteren Aromen beherrscht. Grapefruitsaft, Orangenzeste, von vorne bis hinten sehr fruchtig herb. Die Rezenz ist dadurch, und durch die hohe Karbonisierung wegen der Flaschengärung, natürlich sehr gegeben und macht das Bier für mich ideal zu allerlei Essen. In Brüssel hatte ich zu einem Geuze die typischen frittierten Garnelenkroketten, das passt herrlich.
Das ist kein einfaches Bier, dem Einsteiger ins Sauerbier würde ich eher etwas mildere Vertreter empfehlen. Das Oud Beersel Oude Geuze Vieille ist eher was für den Bierfreund, der mit der wirklich harten Säure umgehen kann. Für diesen aber ist dieses Bier gewiss eine Entdeckung, an der man viel Freude haben kann: zum Beispiel auch als Aperitif statt einem Sekt!
Ein Kommentar zu “Bier am Freitag – Oud Beersel Oude Geuze Vieille”