Neulich erst hatte ich eine Geuze vorgestellt, die ich aus Belgien mitgebracht hatte. Das war natürlich nicht die einzige Flasche dieses Bierstils in meinem Gepäck, heute stelle ich die zweite davon vor. Boon Geuze Mariage Parfait 2017 nennt sie sich, es handelt sich dabei um eine (laut Etikett) „Oude Geuze / Gueuze à l’Ancienne“, hier zeigt sich wieder die Zweisprachigkeit Belgiens, und auch die im oben verlinkten Artikel angesprochene unterschiedliche Schreibweise in unterschiedlichen Sprachen des Bierstils. Lambiks, die mindestens 3 Jahre fassgereift wurden, werden mit kleinen Anteilen jüngerem Lambik „verheiratet“ (also geblendet) und dann mit 8% Alkoholgehalt abgefüllt, in der Flasche weitervergärt und für mindestens 6 Monate weitergelagert – der Sektkorken muss entsprechend mit einem Drahtkorb gehalten werden, sonst könnte er unerwartet zwischendurch rausploppen. Begrenzt auf 500 Hektoliter im Jahr ist das auch kein extremes Massenprodukt – mal schauen, wie sich das 2017er Jahrgangsbier im Bierglas schlägt.
Sehr feiner Schaum liegt auf dem Bier, ein Zentimeter erhält sich langdauernd und bedeckt das schön opalisierende, naturtrübe Bier, das mit einer wunderbaren sonnenblumengoldenen Farbe aus der Flasche kommt. Sehr feines Mousseux sieht man bei Gegenlicht. Die Nase ist sehr fruchtig, da ist viel Sauerkirsche, Aprikose und Ananas, einiges an Banane. Insgesamt wirkt es mild, nicht ganz so säuerlich wie viele andere Geuze. Etwas hefig im Nachklang, aber sonst sehr hübsch zu schnuppern, wenn auch die Trinktemperatur dagegen wirkt.
Im Mund zeigt sich dann aber doch der wahre Geuze-Charakter, kantig sauer bereits im Antrunk, gerade im Widerstreit mit dem flauschigen Mundgefühl und der fetten Textur spürt man das. Die sehr an frisch gepresste Grapefruit erinnernde Säure dominiert von vorne bis hinten, gleichzeitig ist aber genug andere Frucht da, um das Mariage Parfait zu einer gewissen Komplexität und Abwechslung zu verhelfen. Über Rezenz braucht man bei Geuze selten wirklich zu sprechen, die Säure, die Trinktemperatur und die ideale Karbonisierung aus der Flaschengärung machen das Bier supererfrischend und ideal als Begleiter zum Essen. Gerade im Abgang kommt Grapefruit ganz deutlich sowohl im Geschmack als auch in den für diese Zitrusfrucht sehr üblichen Effekten wie Adstringenz und Trockenheitsgefühl vor, das kennt ja jeder – frappierend, wie ähnlich das ist. Der Nachhall ist weiterhin trocken, mildsauer, eine leichte Süße bildet sich heraus.
Es ist wirklich, wie der Name sagt, eine „perfekte Hochzeit“, die Frank Boon da aus seinen Lambics zusammengestellt hat. Heftig sauer, aber nicht kratzig, immer noch fruchtig und mit schönem Mundgefühl. Ein sehr unterhaltsames Bier!