Direktverkauf „ab Hof“ ist eine gute Methode, die nicht unerheblichen Kosten der Zwischenhändler einzusparen. Gerade in Branchen, in denen die Gewinnmarge klein und der mengenmäßige Umsatz verhältnismäßig klein, kann sich das rentieren. Bei der Rügener Insel-Brauerei scheint man verstärkt genau diesen Weg gehen zu wollen, diverse Biere sind exklusiv im hauseigenen Shop des Brauers erhältlich, wie die neue, als „Limited Edition“ vermarktete IPA Expedition-Reihe mit hopfenlastigen Bieren. Das erste in dieser Reihe ist das Rügener Insel-Brauerei Rumble IPA. Dank meiner Freunde Kristin und Christopher von der Ostsee habe ich Flasche 01171 von 20000 erhalten – die aufgedruckte Flaschennummer macht die Limitierung glaubwürdig, und 20000 Flaschen sind bei Bier für eine größere, in ganz Deutschland verkaufende Brauerei ja wirklich nicht die Welt. Lohnt sich ein Einkauf auf der Insel?
Farblich sehe ich eine Mischung aus Haselnuss und Terracotta, im Gegenlicht opalisiert das Bier mit seiner natürlichen Trübe hübsch. An der Glaswand steigen sehr viele winzige Perlchen in hoher Frequenz schnell auf, ein Schaum, der sich aus Bläschen vieler unterschiedlicher Größen zusammensetzt, bleibt lange erhalten (wie alle Biere dieser Brauerei setzt man auf Flaschenreifung). Im Geruch wurde der Stil des Westcoast Double IPA gut getroffen. Sehr zitruslastig, mit einem sauerfrischen Grapefruit- und Limettenanklang, knackige Kirschen frisch vom Baum, grüner Apfel, Cranberries und Johannisbeeren. Minimal findet sich eine malzige Süße darunter, aber eher als Unterlage denn als eigenständiger Geruch. Cascade, Mosaic, Citra, Centennial und Simcoe wurden teils mehrfach in unterschiedlichen Herstellungsphasen eingesetzt.
Ähnlich verhält es sich dann auch im Mund – der Antrunk ist noch mild, süßlich und zurückhaltend, mit vollem Mundgefühl, doch im Verlauf bildet sich schnell eine pikante und freche Bitterkeit heraus, die zusammen mit ausgeprägter Säure das Bier definiert. Grapefruitzeste, Limettenschale, Johannisbeeren; die explodierende Hopfenfrucht lässt sich kaum einfangen durch andere Aspekte. Ein Anflug von Lakritz kommt dazu, ohne eine gefühlte Dunkelheit einzubauen, das Bier ist von Anfang bis Ende sehr helltönig und sehr frisch. Die Rezenz, die man optisch schon erahnte, ist auch sensorisch sehr spürbar. 8,0% Alkoholgehalt machen sich erst nach dem Bier bemerkbar.
Der Abgang ist sauer, sehr bitter (60 IBU kann man einfach nicht übersehen), frisch und hell, mit einer ausgewogenen Trocken-Süß-Balance, die verhindert, dass das Bier kratzig wird, obwohl es wirklich knapp davor steht. Wie der Name verspricht, rumpelt es unschmeichlerisch den Rachen hinunter, da wird kein Kompromiss eingegangen. Lange klingen blumige Noten nach Jasmin nach. Noch nach vielen Minuten spürt man die Grapefruitbittere am Gaumen.
Kein einfaches Bier, da muss man den Stil schon mögen, sonst wird es einem sehr wild vorkommen. Wer aber Westcoast-IPAs mag, und mit der heftigen Bittere umgehen kann und will, der findet im Rumble IPA ein sehr ausdrucksstarkes Exemplar, der mir wieder deutlich macht, dass die Rügener Insel-Brauerei immer wieder herausragend demonstriert, wie deutsche Braukunst auch für uns vielleicht in der Breite der Biertrinkerschaft immer noch ungewohnte Stile mit viel Leben und Charakter füllen kann.
Ein Kommentar zu “Bier am Freitag – Rügener Insel-Brauerei Rumble IPA”