Was macht man, wenn nach einem Bierevent noch viel übrigbleibt? Man kann das natürlich einzeln wegtrinken, klar, aber ein paar Verrückten von der Braustelle Köln, der kleinsten Brauerei der Stadt, kam die absolut irre Idee, die „Reste“ vom Festival der Bierkulturen 2014 in Köln-Ehrenfeld zu einem Cuvée zusammenzuführen, und das dann auch noch in einem Fass nachzureifen: Das Braustelle Mega-Blend Sour Ale war geboren.
So unglaublich es klingt, in der unauffälligen Flasche findet sich ein Blend aus Bieren von Ale-Mania, Alzeyer Völkerbräu, Bayerischer Bahnhof, Black Isle, BrauArt, Brasserie Trois Dames, Brauhaus Riegele, BrauKunstKeller, Brouwerij de Molen, Emelisse, Freigeist Bierkultur, Heidenpeters, Helios Braustelle, T’Hofbrouwerijke, Hof Ten Dormaal, Huisstekerij H.ertie, Lahnsteiner Brauerei, Mein Sudhaus, The Monarchy, Siegburger Brauhaus, Truman’s und Vermann Brauerei, also den Teilnehmern des Festivals. Diese Biere wurden dann zusammen in einem Barrique, das vorher mit Süßwein belegt gewesen war, ein zweites Mal vergoren. Mit 6,8% Alkoholgehalt wurde es dann als Sour Ale abgefüllt. Ich liebe Sauerbier sehr, und bin nun ehrlich gespannt, ob „viel viel hilft“.
Haselnussbraun, durch die Trübung ohne Partikelrückstand völlig blickdicht, und beim Einschenken mit ordentlich Karbonisierung eine hübsche, cremafarbene Blume erzeugend, das Optische ist schonmal gelungen. Noch besser wird es, wenn man die Nase ans Glas hält – oh, das ist ein traumhafter Duft. Erkennbar sind die Noten des Sauerbiers, grüner Apfel, milder Fruchtessig, Verjus, aber direkt auch frische Himbeeren, Johannisbeeren, unreife Ananas, Rhabarber und diverse weitere, säuerlich-frisch-fruchtige Eindrücke. Sehr komplex, denn da kommen ganz vorsichtig und nur im Untergrund noch leichte Holztöne dazu.
Ich kann nicht mehr widerstehen, muss einen Schluck nehmen. Man muss sicherlich Sauerbiere mögen, um diesen Antrunk genießen zu können – es geht von Anfang an knackig sauer und bitter los, Verjus, Rhabarberfrucht, saure Beeren. Dazu ein wunderbar cremiges Mundgefühl mit einer zugrundeliegenden weichen Textur, die die Säure auffängt und ihr eine schöne Umgebung bietet, so dass sie nicht kratzig oder biestig wird. Wir sind hier weit über trockenen Crémant hinaus, trotzdem sind da Erinnerungen daran. Deutlich wird die Holzreifung im Süßweinfass, eine trockene, bitterholzige Note gibt weitere Komplexität. Die vielen einzelnen Biersorten geben wohl jede ihre eigene Komponente dazu, das ist natürlich nicht mehr zu beurteilen, was woher kommt – das Ergebnis ist jedoch ultrarund und spannend gleichzeitig. Ein toller, langer, herbsaurer Abgang mit ordentlich Trockenheit am Zäpfchen, aus dem dann irgendwie plötzlich noch leicht schokoladige Noten entstehen, komplettiert ein grandioses Bier.
Ach, was soll ich sagen, ich bin so froh, die Gelegenheit genutzt zu haben, eine der letzten Fläschchen dieses Biers schnappen zu können. 6 Jahre zusätzliche Flaschenruhe nach der Abfüllung 2014 haben ihren Teil mehr als deutlich beigesteuert, da ist eine völlige Rundheit entstanden, aus der die einzelnen Biersorten miteinander interagieren, den vollen Sauerbiercharakter trotz der Reifung ohne Mangel erhalten, und diesen unglaublichen Mega-Blend (der Name verspricht nicht zu viel!) zu einem Highlight meines Bierjahres machen. Ein einmaliges Projekt, ein einmaliges Bier. Toll.
Als gestandener Biertrinker sage ich … lecker und Prost.