Bier am Freitag – Brauerei Zwönitz Rum Bock

Brauerei Zwönitz Rum Bock Titel

Früher war das eine Rarität, ein Experiment. Heute komme ich kaum hinterher, die ganzen fassgereiften Biere, die ich gern probieren würde, anzuschaffen, noch etwas ruhen zu lassen und dann auch in angemessenem Rahmen zu probieren. Mir gefällt, dass die Brauer vieler Brauereien inzwischen diesen Aufwand auf sich nehmen, um dem geneigten Kunden auch mal was sehr außergewöhnliches präsentieren zu können. Mich faszinieren dann Produkte wie der Brauerei Zwönitz Rum Bock ganz besonders, weil er noch besondere Fässer eines anderen Lieblings von mir, dem Rum, dafür einsetzt – 6 Monate wird ein hauseigener Bock mit 10,5% in jamaikanischen Rumfässern gereift, bevor er in sehr knuffige Drittelliterflaschen mit einem attraktiven Etikett abgefüllt wird.

Brauerei Zwönitz Rum Bock

Die Flasche verbirgt es komplett, erst im Glas offenbart das Bier seine haselnussbraune Farbe, mit leichten rostroten Reflexen, die durch die kristallklare Transparenz im Gegenlicht besonders schön zur Geltung kommen. Keinerlei Trübung, keinerlei Perlage – und auch Schaum ist nur als dünne Linie an der Glaswand erkennbar, mit ein paar verstreuten Blasenarchipeln auf der weiten Bierfläche. Schon beim Eingießen kann man die süßliche, melassige Note erschnuppern, die das Malz des Bieres in Kombination mit dem Rumfass ergibt. Ich rieche darüber hinaus extrem viel Honig und leichte Orange. Man ahnt schon, dass man hier ein sehr süßaromatisches Bier vor sich hat, die Nase ist sehr präsent.

Beim Antrunk bestätigt sich diese Vermutung sofort, süß, schwer und fast schon fett im Mundgefühl. Honig und Melasse mit leichten Pflaumentönen beherrschen das Bild, und auch wenn das Bier süß beginnt, entwickelt sich langsam eine gewisse, dezente Säure, auf jeden Fall aber knackige Bittere, die mit adstringierenden Effekten die Mundschleimhäute belegt. Bei einem solchen fassgereiften Bier erwarte ich nicht unbedingt viel Rezenz, und finde sie hier auch nicht – das ist nichts zur Erfrischung, sondern ein Genussbier, das man alleinstehend statt eines Weines trinkt. Tatsächlich sind da auch Reminiszenzen an Primitivo. Das Holz ist sehr deutlich erkennbar; dass es sich um Rumfässer handelt, in denen das Bier reifte, würde ich wahrscheinlich auch erkennen. Wer als Rumnerd jedoch eine echte Jamaikaesterigkeit sucht, muss etwas Fantasie mitbringen, ich will da gar keine Erwartungen schüren. Der Abgang ist lang, sehr aromatisch, bitter und durch die Säure weiterhin leicht anästhesierend. Ein floraler Nachhall hängt lange am Gaumen.

Ein sehr hübsches, ungewöhnliches Bier, voll und rund, mit geradezu gemütlicher Schwere, das man so vor sich hin schlürfen kann, bei Zimmertemperatur natürlich, um die ganze Vielschichtigkeit wirklich genießen zu können, die bei so einer Herstellungsweise entsteht. Nicht ganz einfach, aber sehr befriedigend!

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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