Meine bisher äußerst unterhaltsame Reise durch die mexikanische Agavenbrandproduktwelt des Felipe Jorge Camarena geht weiter. Die Destillerie El Pandillo (NOM 1579) hat für den Freund des hochwertigen, handwerklich und ehrlich hergestellten Tequila so einiges zu bieten, und nach den Marken G4 und Terralta kommt zu guter letzt noch der Dritte im Bunde in mein Glas – der Pasote Añejo. Tatsächlich muss ich sagen, dass die zwei Vorerwähnten natürlich bei mir die Latte sehr hoch anlegen und klare Erwartungen setzen; alles andere als „hervorragend“ würde mich nun enttäuschen. So ein Ruf kann also Fluch und Segen sein! Letztlich sind mir aber diese positiven Vorerfahrungen natürlich sehr viel lieber als wenn ich schon von vornherein eher skeptisch an eine Spirituose herangehen muss.
Das Etikett gibt ein paar Details wieder, die diesen Tequila erklären – der Einsatz der Agavenart Blue Weber ist natürlich selbstverständlich, was anderes darf in einen Tequila nicht hinein. Der Produktionsort ist Jesús María, Jalisco, dort steht die oben erwähnte Destillerie El Pandillo. Das örtliche Regen- und Quellwasser werden im Verhältnis 40-60 eingesetzt (die anderen Tequilas dieser Destillerie verwenden ein anderes Verhältnis); wobei ich mir recht sicher bin, dass nach einer Reifung von mindestens 18 Monaten im amerikanischen Weißeichenfass, das vorher Bourbon enthielt, das eher in die Kategorie „nett zu wissen“ fällt. Klären wir, um auf die Erwartungen zurückzukommen: Kann der Pasote mit seinen Geschwistern mithalten?
Farblich ist der Tequila blass, strohig, geht ins Pastellgold. Im Glas schwenkt er sich lebendig, mit nur sehr leichter Viskosität, und er will auch nicht so richtig an der Glaswand haften. Ein leichter Film entsteht, der sich schnell in Beine aufteilt und dann zügig abläuft.
Die Nase ist sehr frisch, leicht, mit richtig viel Agavencharakter und -fruchtigkeit. Leichte Pfefferwürze beginnt man direkt zu schnuppern, darunter liegt eine kleine Ethanolnote. Milde Holztöne, insbesondere Vanille, scheinen mehr durch als richtig opulent im Vordergrund zu wirken. Zwischendurch erscheint eine angenehme, frische Mineralität, erinnernd an feuchten Beton. Am Ende duftet der Tequila noch etwas floral, wie eine Blüte einer Heckenrose. Leicht, frisch und zurückhaltend.
Im Antrunk beginnt der Pasote Añejo süß, fruchtig und sehr mild. Die Zurückhaltung der Nase bleibt auch am Gaumen erhalten. Leichte Zitronigkeit. Im Verlauf kommt eine leicht pfeffrige Würzigkeit auf, die Agavenfrucht meldet sich etwas stärker, wirkt fast parfümierend, und dezente Vanille und Zuckerwatte aromatisieren die Zunge. Deutliches umami! Eine leichte Weintraubennote begleitet uns, bis zum immer wärmer wirkenden Finish – das dann etwas enttäuschend kurz wirkt, auch wenn eine milde Bittere schöne, vorsichtige Adstringenz erzeugt, die anhält. Auch hier klingt schließlich noch eine blumige Komponente mit, Jasmin und ein Hauch von Menthol bleibt noch extrem lange am Gaumen. 40% Alkoholgehalt sind ein runder Wert für so einen Tequila.
Ein vorsichtiger, dezenter und dadurch sehr elegant wirkender Tequila, gar nicht wuchtig oder schwer, wie das Etikett und die schwere Flasche andeuten möchten, sondern leicht und luftig, dennoch sehr typisch und aromatisch und garnicht wässrig, und mit einer sehr interessanten Entwicklung im Mund. Toll gemacht, und doch völlig anders als viele Qualitätstequilas aus den Schmieden der Camarenas.
Der Nouveau Carré, eine PDT-Hommage an den Vieux Carré, spielt diese Stärken des Pasote aus. Die Floralität wird noch weiter betont, und Kräuterlikör gibt etwas süße Basis. Bittere und Süße, Säure und Salzigkeit sind in tollem Gleichgewicht, ohne sich anzubiedern. Ein sehr komplexer Drink, der mit vielen Aspekten spielt, und sich ähnlich wie der Tequila selbst mit jedem Schluck ändert und immer besser wird über die Zeit.
Nouveau Carré
1½ oz Tequila Añejo
¾ oz Lillet Blanc
¼ oz Bénédictine
3 Spritzer Peychaud’s Bitters
Auf Eis rühren.
[Rezept nach Jonny Raglin]
Ich finde, dieser Tequila wurde in eine extrem tolle Flasche abgefüllt – das Glas mit unregelmäßigen Dellen und kleinen Luftbläschen hier und da sieht sehr handgemacht aus. Dazu das tolle Bild, das statt eines Etiketts direkt auf die Flasche gedruckt ist. Farblich sehr passend das orangene Halsetikett, das noch ein paar oben bereits erwähnte Informationen enthält. Der Kunststoffkorken, der unter dem dunkelbraunen Stopfen steckt, scheint problematisch zu sein und löst sich leicht von jenem. Dennoch eine wirklich tolle Präsentation.
Passend zu einem sehr spannenden Tequila, jedenfalls. Ich gebe zu, beim ersten Glas war ich etwas enttäuscht, weil ich ein wildes Agavenbrummen erwartet hatte, und das liefert der Pasote Añejo jedenfalls nicht. Doch mit etwas Geduld und offenem Geist entdeckt man, wie wunderbar elegant und fein dieser Tequila ist. Ich empfehle ihn denen, die vielleicht schon etwas fortgeschritten im mexikanischen Agavendestillat sind, und hin und wieder auch die pure Finesse im Glas haben wollen.
Ein Kommentar zu “Elegante Agave – Pasote Añejo Tequila”
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