Die Verpackung gehört heutzutage mit zum Gesamtpaket. Das gilt für Spirituosen, aber auch für Bier. Gerade die Craftbierszene hat sich noch nicht so recht geeinigt, was nun der präferierte Weg der Präsentation ist – knallig-bunt-frech-laut-schrill, um den alteingesessenen Traditionsbrauereien mit ihren langweilig-konservativen Etiketten so richtig eins vor den Latz zu knallen; oder lieber asketisch-einfachst-zurückhaltend-streng, ohne Mätzchen, und das Produkt, also das Bier, selbst für sich sprechen lassen, höchstens noch ein paar Informationen beigebend? Ein Extrembeispiel für ersteres liefert aktuell die schottische Brauerei BrewDog ab.
Die sehr emotional geführte Diskussionen über eine derart grelle Art der Bierverpackung geht teilweise fast in die Richtung, ob das unmoralisch und tierverachtend ist. Persönlich sehe ich das entspannt, denn das Tier, das hier als Flaschenschutz dient, musste nicht für das Bier sterben, was man nicht über alle sonstigen tierischen Produkte, die wir als Kleidung oder Nahrung nutzen, sagen kann. Manche mögen es als geschmacklos sehen, ich sehe darin nur eine, zugegebenermaßen etwas extreme, Fortführung der seit Jahrhunderten beliebten Geweihe und präparierten Tierköpfe in Gasthäusern. Vom Kauf werde ich allerdings durch den etwas erhöhten fünfstelligen Preis abgehalten.
Weg von der plastisch-plakativen, hin zur still-reduktionistischen Art und Weise sein Bier zu präsentieren. Das Heidenpeters American Pale Ale ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man mit fast schon japanischem Zen-Ansatz punkten kann. Das Design ist äußerst streng – einfache Longneck-Standardflasche, nur Vorderseitenetikett, kein Blabla oder cooler Spruch, eine einfache Schriftart, nur die nackten Fakten abgedruckt. Selbst die Hopfensorten werden nur als „amerikanischer Hopfen“ angegeben – das gefällt mir in seiner Konsequenz sehr. Ist dieses Bier dann auch im Glas so mauerblümchenhaft?
Doch schon schnell nach dem Eingießen ist Schluss mit Understatement. Da wird von Anfang bis Ende geprotzt, ohne jegliche Scham, schlimmer als mit dem toten Eichhörnchen! Trübe bis fast schon komplett blickdicht, Farbe Kupfer bis Terracotta. Beim Eingießen ensteht eine enorme Schaumentwicklung, ungewohnt für Ales, und daraus folgend die sehr attraktive Schaumkrone, mit einer schönen Mischung aus großen und feinsten Blasen, die leider nach einigen Minuten wieder zusammenfällt, weil die leichte, feine Perlage diese Schaumwucht natürlich nicht aufrechterhalten kann. Ein halber Zentimeter feinster Schaum verbleibt aber bis zum letzten Schluck – und sogar danach: Selten erlebt man es, dass am Ende noch einiges an Schaum im Glas verbleibt, wenn das Bier schon ausgetrunken ist.
Man vergebe mir, dass ich nun ein bisschen ins Schwärmen gerate, aber ich habe nie ein besser duftendes Pale Ale riechen dürfen. Höchstaromatisch, nach Honigmelone, Pfirsich, Orange, mit einer sehr subtilen Würze nach Muskatnuss und Nelke, die das ganze mit deftigem Körper unterstützt. Ein Anflug von Thymian und Schwarztee komplettiert ein absolut sensationelles Geruchsbild.
Weiter im Mund: Sehr frischer Antrunk, dichtes, voluminöses Mundgefühl, dabei aber zitronigfrisch und klar. Wilde Säure überrascht, dazu viele Zitrusfruchtaromen aus allen Ecken der Welt, sogar leichter Essigcharakter im Fortschreiten. Effektive, aber nicht sich in den Vordergrund drängelnde Bittere. Die Würze verdrängt schließlich aber doch die Frucht, Nelke und sogar ein leicht salziger Ton kommen zum Vorschein. 5,3% Alkohol fallen nicht auf.
Im mittellangen Abgang kämpfen Säure und Bittere um die Vorherrschaft; es sieht so aus, als ob die Säure gewinnt. Herrlich erfrischend, ohne zu aggressiv vorzugehen. Der lange Nachklang besteht dann wiederum aus mildem Obst. Ein sehr breites Spektrum an Eindrücken geht damit erst spät zu Ende. Nun, ich mag kräftige Säure in Bieren. Daher ist für mich das Heidenpeters Pale Ale ab sofort mit eine Referenz für Pale Ales. Wer allerdings eher auf weiche, süße Ales steht, wird hier vielleicht etwas überfahren.
So ein Bier muss ich einfach auch als Cocktailzutat anpreisen – Biercocktails führen immer noch ein Nischendasein, zu Unrecht natürlich. Mit dem Heidenpeters American Pale Ale machen wir, passend zur Einfachheit der Präsentation, auch einen einfachen, aber hocheffektiven Cocktail. Die Ultimate Beergarita ist wirklich ein toller Spaß und ein Höhepunkt eines jeden Bierabends.
Ultimate Beergarita
2 oz Heidenpeters American Pale Ale
…in ein Glas mit Salzrand geben.
Dann auffüllen mit einer geschüttelten Mixtur aus…
1 oz Tequila Reposado (z.B. Corralejo Reposado)
1 Teelöffel Agavendicksaft
Am Ende ein Viertel Limette ausdrücken und ins Glas werfen.
[Rezept nach draftmag.com]
Persönlich mag ich schon ein bisschen optische Opulenz, wenn ich ein Produkt erwerbe, das gebe ich zu. Doch immer wieder erlebt man das – die Optik ist ein einmaliger Effekt, schöne Dinge verlieren ihren Reiz einfach recht schnell, und wenn dann nicht viel dahinter steckt, hat man viel investiert in oberflächlichen Putz. Am Ende des Tages dann also lieber etwas, was seine Qualitäten auf Dauer im Geschmack beweisen kann. Dieses Bier ist ein Beispiel dafür.