Imperius Rex! Samuel Smith’s Imperial Stout

Samuel Smith's Imperial Stout Titel

Alte Rezensionen… man sollte sie nicht mehr lesen, wenn man sich nicht für sich selbst fremdschämen will. Doch wenn man sich verbessern will, muss man in den sauren Apfel beißen und verstehen, warum sich frühe Besprechungen so anders lesen als die neueren. Man sammelt Erfahrung im Verkosten, man verändert seine Sichtweise auf Dinge, man schraubt an seinem Schreibstil – all das ist einfach nötig, denn von Anfang an hat kein Rezensent goldene Eier gelegt.

Ich publiziere hin und wieder hier auf meinem Blog auch ältere Besprechungen aus meiner Amazonzeit. Oft poliere ich sie etwas auf, damit sie zu meinem neuen Stil passen; ich dachte mir aber, dass es auch mal wertvoll sein könnte, eine Rezension als Ausgangspunkt für eine Metadiskussion herzunehmen. Beginnen wir einfach damit, dass ich eine Rezension vorstelle, so wie ich sie damals am 12. Juli 2015 bei Amazon veröffentlichte, einige Zeit, bevor ich den Blog schlimmerdurst.net startete. Natürlich noch ohne Fotos, damals, für das Samuel Smith’s Imperial Stout. Lassen wir den alten Rezensenten, damals noch „Nunc est bibendum“ genannt, sprechen.

Samuel Smith's Imperial Stout Flasche


„Die Zeiten, in denen man in Deutschland außer Pils und Hefeweizen kaum etwas kannte, sind vorbei: IPA und Stout beginnen so langsam, sich einen Weg über die Craft-Beer-Szene auch in die eher konservativen Haushalte und Bars zu bahnen. Bei mir in der Provinz dauert alles immer ein bisschen länger, daher ist dies eines der ersten Imperial Stouts, die ich verkoste.

Pechschwarz fließt die Flüssigkeit ins Glas, eine feinperlige dünne Schaumkrone bildet sich schnell. Von der Konsistenz her erkennbar dickflüssiger als unser typisches deutsches untergäriges Bier, und mit vergleichsweise wenig Kohlensäure ausgestattet, ist es auch herrlich dunkel-aromatisch im Geschmack: Bitterschokolade, Kakao, Kaffee und ein Touch von herben Früchten, dazu ein Hauch Gewürz, Röstnoten und Nüsse. Ich werde dieses Bier bei der nächsten Party als Nachtisch servieren, da braucht man weder Käse noch Süßspeisen, obwohl es ganz sicher auch dazu passt. Trotz der ausgesprochenen Bitterkeit und für ein Bier etwas erhöhten Alkoholgehalts ist Samuel Smith’s Imperial Stout sehr weich und rund im Mund, und dabei nicht so supermalzigsüß, wie man es vielleicht vom irischen Guinness kennt. Der Drittelliter, so interessant und angenehm sich dieses Bier auch trinken lässt, ist dann aber auch genug für einen Abend – mehr muss nicht sein. Auch als Durstlöscher taugt es nur sehr bedingt.

Die Aufmachung ist sehr schick, ungewöhnlich und mit einem beeindruckenden Etikett versehen. Da dieses Stout beim Mixology-Test auch auf einem respektablen 8. Platz mit wohlwollenden Kommentaren gelandet ist, sollte man selbst auch mal einen Schluck davon riskieren. Und ich werde weiterhin noch das eine oder andere Stout probieren, das steht fest.“


Samuel Smith's Imperial Stout Glas

Grundsätzlich finde ich diese Review auch heute noch nicht schlecht, wenn auch etwas fortgeschritten amateurhaft – es fehlt mir die Angabe des tatsächlichen Alkoholgehalts (7%), der Malzsorten und eine Geruchsverkostung. Was mir stilistisch rückblickend auffällt, ist, dass die Rezension einfach so ins Blaue startet, mit einer nur kurzen Hinführung. Durch diese kurze Hinführung wird aber schon deutlich, dass ich damals mehr im Sinn hatte, als einfach nur Geschmacksnotizen oder Kaufhinweise zu geben – ich will den Leser auf eine Lesereise mitnehmen. Spannungsbogen, Story Telling und Einbettung in ein interessantes Rahmenthema: Das war mir damals noch alles fremd. Was mir schon immer lag, war ein Bonmot für den Titel der Rezension zu finden; die Verbindung eines Imperial Stouts mit der kaiserlichen Meerescomicfigur The Submariner, dessen Wahlspruch „Imperius Rex!“ auch von der Wortwahl her passt, schien mir ein kleiner, nerdiger Hinweis auf meine Comicbegeisterung zu sein.

Darüber hinaus muss man aber festhalten, dass es nicht allein an mir lag. Amazon ist ein denkbar schlechtes Portal für schön gestaltete Reviews – ein schlecht implementierter Editor, man kann Fotos nur an den Artikel hängen, nicht an eine bestimmte Stelle einbetten, Hyperlinks sind kaum möglich, man kann keine typografischen Änderungen wie Kursiv- oder Fettschreibung vornehmen, und man muss aufpassen, welche Worte man verwendet, um nicht im automatischen Content-Filter hängen zu bleiben. Die teilweise tagelange Wartezeit, bis die Besprechung veröffentlicht oder nach Änderungen geupdatet wurde, ist ein Ärgernis. Mir missfiel auch immer schon, dass man eine Sternebewertung abgeben muss (ich bezweifle bis heute deren Sinnhaftigkeit), und die Zuordnung von Rezensionen zu Produkten ist bei der grauenhaften Qualität des Amazon-Produktkatalogs, der vor Dubletten und Doppeltzuordnungen nur so strotzt, nur eine gewisse Weile gewährleistet. Von der anonymen Abklickerei mit dem unsäglichen „Nicht-Hilfreich“-Button will ich gar nicht erst anfangen (diese Rezension ist bis heute glücklicherweise davon verschont geblieben).

Samuel Smith's Imperial Stout Amazonrezension

Warum hatte ich bei Amazon rezensiert? Erstens ist Amazon eine natürliche erste Anlaufstelle für dahingehend Interessierte, und auch eine, an der man schnell ohne viel Aufwand Artikel veröffentlichen kann. Der enorm große Rezipientenkreis hat auch seinen Reiz. Doch dieses Makeup verblasst schnell, wenn man beginnt, semiprofessionell zu arbeiten. Dann ist der eigene Blog die einzig richtige Wahl, auch wenn der Beginn nicht stolpersteinfrei ist.

In meiner ursprünglichen Rezension hatte ich auch noch kein Cocktailrezept für das Samuel Smith’s Imperial Stout angegeben. Die Idee, zu jedem Bier eine Mixempfehlung anzugeben, kam mir erst später, als ich das Potenzial von Bier dafür erkannte. Bis heute ist dies allerdings ein Nischenthema in der Mixologie; ich bin dennoch sehr stolz darauf, dass man auf meiner Seite inzwischen eine erkleckliche Anzahl von Biercocktails für jede Art von Bierstil passend abrufen kann. Nun reiche ich auch ein Rezept für das damals besprochene Bier nach – The Outlaw Czar soll mit seinem Namen wahrscheinlich an die russische Verbindung eines Imperial Stouts hinweisen, denn diese Art Bier wurde als Hofbier des russischen Zarenhofs seit Katharina der Großen berühmt. The Outlaw Czar hat aber auch so etwas Royales an sich. Und er ist mit Sicherheit einer der besten Biercocktails, die ich bisher genießen durfte. Ausprobieren ist Pflicht!

The Outlaw Czar


The Outlaw Czar
2 oz Rye Whiskey (z.B. 1776 Straight Rye Whiskey)
¾ oz Orangenlikör (z.B. Grand Marnier Cordon Jaune)
3 Spritzer Angostura
Auf Eis shaken, dann aufgießen mit…

6 oz Imperial Stout (z.B. Samuel Smith’s Imperial Stout)
[Rezept adaptiert nach Rock & Rye]


Soweit also mein etwas rosig gefärbter Rückblick auf das wie und warum meines Blogs. Ich hoffe, ich habe mich seit dieser Zeit verbessert; verändert habe ich mich auf jeden Fall, auch persönlich, durch das Schreiben. Allein durch das Verfassen von Rezensionen setzt man sich viel intensiver mit einem Produkt oder Gedanken auseinander, man muss Disziplin und Konsequenz lernen, seine Gedanken ordnen und in Form bringen. Das bringt einem auch im Privat- und Berufsleben etwas, wie ich glücklicherweise erfahren durfte. Außerdem ist dieser Blog ein sehr praktischer Tagebuchersatz für mich geworden, über den ich Gedanken niederschreiben kann und der manchmal auch als Ventil dient.

Ich weiß, dass hin und wieder auch Bloggerkollegen hier mitlesen; wie seht Ihr das? Ging es Euch ähnlich? Was sind Eure Anfänge und Gründe? Traut Ihr Euch, Eure alten Rezensionen nochmal auszupacken und zu analysieren? Gern würde ich von Euch hören, wie auch von den reinen Lesern, die meinen Blog schon seit längerer Zeit verfolgen.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

8 Kommentare zu „Imperius Rex! Samuel Smith’s Imperial Stout

  1. Mein erster Blogeintrag handelt von nem Imperial Stout. Stümperhaft, aber ich mag ihn immer noch, soweit man eigene Artikel lustig finden darf. Weil unter akuter Stoutwirkung geschrieben. Zu Deinem Rezept hier heute fehlt mir leider der Rye. Geht der auch mit Scotch?

    1. Hm, ein schön fruchtig-süßer Highland Malt könnte auch gut funktionieren.

      Ja, „writing under the influence“ mag für Hemingway funktioniert haben, aber ich bin auch kein Hemingway. Noch nicht. :)

  2. Same here…mangels Whisk(e)y-Kompetenz und -Interesse müsste ich diesen – sicher nicht nur auf den ersten Blick äußerst schmackhaften – Beertail ebenfalls ohne Rye mixen, aber das wird sicher eines meiner ersten Leckerlis, sobald mich meine Angina wieder schlucken lässt :-)

    Beim Thema Blog kann ich ebenfalls nicht aus erster Hand mitreden, aber ich finde es a) richtig und b) wichtig, auch mal ein älteres Machwerk in die Hand zu nehmen und die (hoffentlich positive) Entwicklung konstatieren zu können. Da ich mich noch sehr gut und positiv an manche „Nunc est Bibendum“ Kommentare erinnere, die mir teils tolle Geschmackserlebnisse bescherten und mich vor einigen vermutlichen Missgriffen bewahrten, möchte ich aber auch konstatieren, dass die Anfänge nicht ganz so dilettantisch daherkamen, wie du hier „kokettierst“. Das hatte schon auch Hand und Fuß, aber das Bessere ist natürlich immer auch der Feind des Guten!

    Ich lese auf jeden Fall immer wieder gerne mit und lasse mich Woche für Woche zum Genuss anregen!

    1. „ebenfalls ohne Rye“

      Wenn Du lieber Rum trinkst, könntest Du statt dem Rye auch einen würzigen Rum nehmen. Klappt bestimmt.

      Ansonsten Danke für die Rückmeldung und die Wahrnehmungskorrektur! :)

  3. gut aufgepasst ;-)

    Ich denke, ein Myers hat noch zuviel Wumms, aber der Dos Ron, mit dem ich noch nichtt komplett warm geworden bin, könnte da endlich passen!?

  4. Mit Underberg, Ballantines Blau, Chadess und Brewbaker Berliner Nacht: Writing under influence läuft fluffig. Stimmung gut, bißchen wattiert. Das Provisiorium für die Krone reagiert nach nem halben Glas auch nicht mehr so zickig. Ich glaub, der Zar ist in Wirklichkeit ein Räuberhauptmann.

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