Aus Alt mach Neu? Diebels Premium Altbier

Diebels Premium Altbier Titel

Altbier ist einer der wenigen deutschen obergärigen Bierstile, die die Invasion der untergärigen Biere überlebt haben. Bis auf das allseits beliebte Hefeweizen wurden in den letzten Jahrzehnten obergärige Biere von Export, Lager und Pils an den Rand gedrängt und florierten nur noch in Kulturtaschen; Kölsch in Köln, Berliner Weiße in Berlin, und eben Alt in Düsseldorf. In diesen Gebieten waren diese Biere vorherrschend, doch inzwischen nimmt auch diese Tradition schrittweise ab, wenn man den Verkaufszahlenstatistiken glauben darf.

Wundersam, denn gleichzeitig explodiert das Interesse an britisch-amerikanischen obergärigen Bieren; Pale Ales beispielsweise gehören inzwischen zur Standardausstattung selbst kleiner Supermärkte, und daher springen die modernen Craftbrauer, die sich für solche Exoten interessieren, halt oft lieber auf die sich schon unter Dampf befindlichen angloamerikanischen Brauzüge auf, statt einen alten Waggon vom Abstellgleis zu renovieren. Dabei wäre das bestimmt interessant – im Gegensatz zum Kölsch beispielsweise, das wegen seines Status als geographische Herkunftsbezeichnung nicht außerhalb von Köln so bezeichnet werden darf (manche verlegen sich dann auf die neutrale Bezeichnung „rheinische Brauart“), könnte man Alt auch in Berlin, Hamburg und München ohne rechtliche Konsequenzen herstellen.

Da dies zur Zeit aber höchstens in winzigsten Ausnahmefällen, meist dann sogar im Ausland, geschieht, muss man sich als nichtmobiler Bierfreund auf überregional erhältliche Marken verlassen. Beim Altbier bleibt der erste Anlaufpunkt der Marktführer dieser Biergattung: mit über 50% des verkauften Altbiers ist dies das in Issum gebraute Diebels Premium Alt.

Diebels Alt

Ohne zuviel vorwegnehmen zu wollen, aber die Farbe, ein dunkles Braun mit orangefarbenenen Reflexen, ist ein Täuschungsmanöver für die, die gern malzig-dunkles Bier mögen. Kristallklar und feinperlend steht es im Glas, nur wenig vom leicht beigefarbenen Schaum übersteht die Eingießphase länger als eine Minute.

Der erfahrene, moderne Bierfreund ist sehr verwöhnt, was den Geruch von Bier angeht. Ales und Stouts geizen nicht mit ihren aromatischen Reizen, ganz im Gegensatz zu den aktuell in der Fläche beliebten Bierstilen wie Pils und Helles. Auch beim Alt darf man sich nicht zu lange bei der Nase aufhalten, da man sonst vergebene Liebesmüh in eine fruchtlose Arbeit steckt: Malzig, hefig, sonst eher zurückhaltend; leichte Säuerlichkeit.

Kommen wir zum Wichtigsten: Dem Geschmack. Ich würde den Eindruck als etwas holzig, zumindest aber pflanzlich/vegetal, beschreiben. Kräftig karamellig, dabei aber nicht wirklich süß. Körpervoll und dicht. Säure und Bittere überwiegen. Eine perfekte Rezenz krönt das ganze. Im Abgang ist das Diebels Premium Alt dann trocken und mäßig, aber effektiv bitter. Sehr süffig, mild und bodenständig.

Zurück zu meinem Einwurf bei der Beschreibung der Farbe. Für alle, die daher bei dunklem Bier normalerweise direkt ablehnend den Kopf schütteln, sei gesagt: Bei der dunklen Farbe denkt man direkt zwar erstmal an ein schweres Bier; das Diebels Alt ist aber tatsächlich leicht und äußerst erfrischend, wenn gekühlt konsumiert; so merkt man auch die 4,9 Volumenprozent Alkohol nicht. Gerade diese einmalige Kombination aus karamelliger Würze, angenehmer, nicht übertriebener Bittere und frischer Säure macht das Diebels für mich zu einem Gewinner.

Das Diebels Premium Alt ist in zwei Longneckvariante (0,33l und 0,5l) und Vichyflasche erhältlich, scheinbar teilweise sogar in Dosen. Das sehr markante Logo in Grüngold mit der frakturähnlichen Schrift ist (man vergebe mir den Wortwitz) etwas altbacken, aber der bei Alt scheinbar noch konservativeren Trinkergemeinde, als das in Deutschland flächig eh schon der Fall ist, geschuldet.

Der obligatorische Biercocktail darf hier natürlich auch nicht fehlen. Bei Altbiercocktails kann man guten Gewissens auch recht süße andere Zutaten einsetzen, und da es mit seiner zurückgenommenen Aromatik eh nicht die Hauptrolle spielen kann, dürfen es auch dominante Liköre wie Amaretto oder Southern Comfort sein. Oder beides: Ein sehr süffiger, süßer Drink, der das beste aus allen Zutaten herausholt, ist der Lunchbox.

Lunchbox Cocktail


Lunchbox
1½ oz Southern Comfort
1½ oz Amaretto
3½ oz Orangensaft
Auf Eis shaken. Aufgießen mit…
1½ oz Altbier
[Rezept nach unbekannt]


Tatsächlich habe ich dieses Bier sehr mögen gelernt. Eigentlich, wenn ich ganz richtig formulieren will, habe ich den Bierstil des Altbiers durch das Diebels erstmal kennengelernt, wie das vielen außerhalb des Rheinlands wahrscheinlich so geht, und so Stück für Stück entdeckt, dass das ein wirklich tolles Bier ist. Im Gegensatz zu so manch anderem Stil muss man sich beim Alt auch an nichts zunächst abstoßendes gewöhnen; das ist auf Anhieb gut trinkbar. Und selbst wenn echte Altfanatiker dann sagen, dass das Diebels ein eher durchschnittliches Altbier sei, das nicht mit der original Düsseldorfer Hausbrauszene mithalten kann, so gilt doch: Es ist ein Einstieg und Türöffner, und ohne das leicht erhältliche Diebels müsste man wahrscheinlich nach Düsseldorf fahren, um ein Alt zu bekommen.

Meine Freundschaft zum Alt bleibt dennoch natürlich nicht beim Diebels stehen. Auch wenn es in meiner Region eher schwer ist, andere Sorten des dunklen Biers zu bekommen (freundlicherweise bietet meine Stammbar, das Arnie & Jules in Saarbrücken, ein Alt an), habe ich mir ein Sortiment einiger Brauereien zukommen lassen, und so wird in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft an dieser Stelle noch die Verkostung weiterer Altbiere, von Bolten, Uerige und Füchschen, folgen.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

4 Kommentare zu „Aus Alt mach Neu? Diebels Premium Altbier

  1. Zu den großen Zeiten von BOR MG war das örtliche HANNEN ja schwer in. „Hannen- Fass“- Kneipen in vielen Städten.
    Dann krachte Meister Hannen in die Tannen und es ging bergab. In der Brauerei übt man Bier nun: Oettinger.

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