Bier am Freitag – Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask

Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask Titel

Enmore! Das ist ein Name, bei dem für den Rumfreund immer etwas Gänsehaut mitschwingt. Die Brennerei ist seit langem geschlossen, die legendären Brennapparate von dort wurden aber gerettet und stehen nun bei DDL in Guyana und werden auch weiterhin eingesetzt. Ich liebe die Rums aus der hölzernen VSG-Potstill, das ist immer etwas Besonderes für mich; entsprechend konnte ich mich kaum halten, als ich ein Bier entdeckte, das in einem Ex-Enmore-Fass gelagert wurde. Für das Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask wird ein Coffee Dry Stout der Südtondern-Brauerei in ein frisch geleertes Fass gelegt, das vorher einen Enmore 27 Jahre Guyana MEC 1992 Single Cask Rum enthalten hatte. Das Basisbier ist obergärig, wird gebraut mit Kaffee aus Antigua, ist nicht pasteurisiert oder filtriert, und weist 5% Alkoholgehalt auf. Oh, was bin ich nach den guten Erfahrungen mit dem Schwesterbier, das in Hampden-Rum-Fässern gelagert worden war, gespannt!

Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask

Beim Öffnen der Flasche tritt starkes Gushing auf, bitte das Glas direkt bereithalten, dass man nicht zuviel Inhalt verliert. Hat es das Bier dann ins Glas geschafft, durchblickt man es nicht mehr, selbst bei Gegenlicht behält es seine völlig intransparente schwarze Farbe. Der Schaum ist eher grobblasig, aber aktiv, und gefällt in seiner dunklen Crema-Farbe.

Der Geruch ist zunächst stark vom Kaffee beherrscht. Schon leicht oxidiertes, gemahlenes Kaffeepulver, starker, abgestandener Filterkaffee, das sind die Richtungen. Schnell kommt aber eine sehr fruchtige Seite dazu, Orange, Litschi, Mango, das sind wahrscheinlich die Einflüsse des Rumfasses, auch wenn es nicht unbedingt Aromakomponenten sind, die ich mit Enmore-Rum in direkte Verbindung bringen würde in dieser Ausprägung. Die Mischung ist auf jeden Fall sehr apart, man schwankt immer zwischen dem Kaffee und der Frucht hin und her, darunter liegt eine stabile, aber unauffällige Malzbasis.

Der Antrunk des Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask ist erstmal überraschend sauer, nicht nur säuerlich, und bringt viel Frische mit. Die Fruchtaspekte dominieren erstmal den Gaumen, eben jene tropische Frucht, die ich oben schon gerochen hatte. Die Textur ist sehr leicht, die starke Karbonisierung macht das Bier dazu luftig und rezent. Es fehlt mir aber völlig an einem gewissen Körper, sowohl in Breite als auch in Tiefe ist da nicht besonders viel zu finden, und das macht das Erlebnis recht enttäuschend flach. Nach der initialen, sehr kurzen Kaffee- und Fruchtattacke neutralisiert sich das Bier beinahe vollständig innerhalb von Sekunden, und in Kombination mit dem dünnen Körper ist es so schnell vom Gaumen verschwunden, dass man überrascht ist und staunt; so extrem habe ich das noch nie bei einem Bier erlebt, erst recht nicht bei einem Stout, von dem ich deutlich mehr Volumen erwarten würde. Der Abgang ist nicht-existent, ebenso ist da keine Spur von Nachhall, das ist gefühlt nur noch Sprudel.

Ach! Das ist eine der größten Enttäuschungen, die ich im Craftbierleben bisher mitmachen musste, mir als Enmore-Fan steigen fast die Tränen in die Augen. Unglaublich, ich habe das Coastery Coffee Dry Stout Enmore Cask extra lange aufbewahrt, um noch mehr davon zu haben, und vielleicht war das ein Fehler – ich hätte es frisch direkt 2021 trinken sollen, und darum kreide ich es dem Bier nicht wirklich an, es war wahrscheinlich mein Fehler. Schade, sehr schade, sehr sehr schade.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.