Bier am Mittwoch – Postwave Dunkles Bier mit Soßenaroma (厚浪酱香黑啤)

Postwave Dunkles Bier mit Soßenaroma (厚浪酱香黑啤) Titel

Bier und China – das sind heutzutage zwei Welten. Erfahren konnten wir Juroren des Spirituosenwettbewerbs Spirits Selection by CMB, der gerade in Renhuai in Südwestchina stattgefunden hatte, das am eigenen Leib. Viele Europäer, und auch Lateinamerikaner, brauchen einfach ein frisches, kühles Bier, um sich vom Stress der Verkostung und der unglaublichen Hitze von durchgängig über 35°C in Guizhou zu erfrischen. Und darauf waren die chinesischen Gastgeber bei aller sonstiger Perfektion nicht so richtig vorbereitet: sehr mäßiges Lagerbier in Dosen, dazu ungekühlt, war oft die Hauptoption. Doch gottseidank hatte Renhuai Jiuduqing Cultural Tourism, die Tourismusorganisation der Region, ein Ass im Ärmel und präsentierte hier ihr eigenes besonderes Bier: Das 厚浪酱香黑啤 (Postwave jiàngxiāng hēi pí), ein schlichter Name, der übersetzt einfach „dunkles Bier mit Soßenaroma“ bedeutet.

Postwave Dunkles Bier mit Soßenaroma (厚浪酱香黑啤)

Es handelt sich dabei um ein mit Gersten- und Weizenmalz, Haferflocken und Hopfen gebrautes Oatmeal Stout mit 5,8% Alkoholgehalt, das, und das ist der Clou dabei, mit Soßenaroma-Baijiu aromatisiert wird – eine sehr besondere und erstmal ungewöhnlich klingende Idee, finde ich. Hergestellt wird es im Auftrag bei der italienisch-chinesischen Microbrewery Postwave Brewing 厚浪 in Shanghai (man erkennt dies unter anderem an den italienischen Nationalfarben am Rand des Kronkorkens, ein nettes Detail an der sonst so dunkel gehaltenen Präsentation). Schnell begriffen die lokalen Organisatoren, dass es gekühlt getrunken besser schmeckt, und entsprechend konnte man ab dann sicher jederzeit auf trinktemperiertes Qualitätsbier zugreifen.

Farblich passt der Name jedenfalls schon – beim Eingießen hat man kein Problem damit, das Bier als Stout zu erkennen. Espressofarben, blickdicht, mit einer gewissen leichten Viskosität und sich schön herausbildendem, cremafarbenem und superfeinem Schaum, der sich eine gewisse Zeit auch erhält.

Postwave Dunkles Bier mit Soßenaroma (厚浪酱香黑啤) auf Eis

In der Nase ist man direkt irgendwie fasziniert, denn hier treffen Welten aufeinander – da ist einerseits zunächst eine stark malzige Note, nach verbranntem Karamell, geröstetem Kaffee, einem Hauch Lakritz und einer dunklen Erdigkeit; dann ahnt man aber sofort auch den Soßenaromabaijiu durch, ohne dass dieser die Aromatik dominiert, mehr ein komplexer Beiton, der leichte Anflüge von Sojasauce (was sonst!), vergorener Frucht und Estern beisteuert. Aufgefrischt wird das Ganze durch einen Ticken zitroniger Helligkeit. Sehr komplex, sehr spannend und unterhaltsam.

Am Gaumen kommt das alles genauso an. Der Baijiu hat sogar initial die Hauptrolle, wird dann schnell im Verlauf von der schweren, kaffeeigen und röstigen Malzigkeit aufgerollt, die eine aparte Mischung aus herber Bittere und schwerer Süße mitbringt. Dazu kommen Kokosnussschale und grüne Banane. Das Bier bleibt dabei rezent und frisch. Eine volle, runde Textur füllt den Gaumen aus, weist aber auch eine ordentliche Säurekante auf – hier spricht das Bier alle Sinne an, denn man bekommt auch eine leichte Salzigkeit mit. Der Abgang ist mittellang, trocken und weiterhin getrieben von Röstaromen und einer dunklen Frische, so paradox das klingt.


Ein wirklich hervorragendes Bier, das in seiner Charakteristik überzeugt und sich dabei wirklich süffig und trinkig zeigt. Ideal für das Klima, aus dem es stammt, das muss ich sagen, und ein guter Repräsentant dafür, wie man Soßenaroma-Baijiu klug und dezent einsetzen kann, um ein wirklich besonderes Produkt zu schaffen. Wer sich für Baijiu interessiert und auch nur die kleinste Chance hat, an das 厚浪酱香黑啤 heranzukommen (die, wie ich weiß, hierzulande wirklich infinitesimal klein ist), muss es dringendst probieren!

Jedenfalls war es ein gerngesehener ständiger Begleiter bei unserem Trip, und auf dem Musikevent, das extra für Spirits Selection by CMB in Maotai organisiert wurde und auf dem neben uns noch rund 10000 chinesische Besucher Platz fanden, wurde es sogar mit einem opulenten Werbespot bedacht.

Das Bier war gegen Ende der Woche, in der sich 150 Juroren in dem Hotel aufhielten, dann doch irgendwann knapp. Ich bin mir sicher, dass sich irgendjemand in China die regionalen Statistiken für Bierkonsum anschaut, und eine extreme Spitze Anfang September 2024 feststellen wird. Ich gehe davon aus, dass wir mit unserer bierdurstigen Kehle die durchschnittliche Zahl um mindestens 25% erhöht haben. Nun, vielleicht führt das dazu, dass im nächsten Fünfjahresplan die Bierproduktion erhöht wird und beim nächsten Chinatrip gutes Bier kein Problem mehr darstellen wird! Danach können wir dann das ähnlich schwierige Thema „Kaffee“ noch angehen.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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