Es ist irgendwie immer noch eine Art Ritterschlag, wenn man als kleiner Blogger dazu eingeladen wird, für ein echtes Fachmagazin zu schreiben. Für die Fizzz #11/2022 aus dem Verlagshaus Meininger habe ich ein paar Gedanken über aktuelle Trends in der Spirituosenkategorie der Kräuterbitter und -liköre niedergeschrieben, die dann tatsächlich gedruckt wurden. Es fühlt sich anders an, wenn man seine Texte in Print auf echtem Papier liest, als wenn man sie „nur“ elektronisch auf einem Bildschirm sieht, das merke ich deutlich. Es macht mich durchaus stolz, dass sich das alles so entwickelt, und ich danke hier auch ausdrücklich meinen Lesern, dass sie mich unterstützen, sei es auf Papier in Fizzz oder Brannt, oder hier auf dem Blog, der natürlich weiterhin mein Hauptkanal bleiben wird.
Was nun kommt, mag wie ein krasser Themenwechsel klingen, doch man habe ein paar Sätze Geduld, der Zusammenhang wird direkt erläutert werden. Da war also dieser Tagesausflug nach Monschau, einem hübschen Örtchen nahe der belgischen Grenze, das mit einem historischen Stadtkern die Touristen aus aller Welt anlockt. Mich hat neben der örtlichen Kaffeerösterei, aus der ich ein schönes Kaffeebier mitnahm, vor allem die am Stadtrand liegende Historische Senfmühle begeistert – von dort stammt der Senfmüller-Els Alt Montjoie’r Art Kräuterbitter, den ich heute vorstelle (da ist er, der Zusammenhang); ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass sich meine Äußerung im Fizzz-Artikel, dass die Kräuterbitter-Kategorie eine extrem weitgefächerte ist, bei der Verkostung dieses Produkts nur weiter bewahrheiten wird.

Die Farbe ist einerseits dunkel, Pariser Rot, mit rostroten Lichtreflexen; andererseits ist das hell für die Kategorie der Kräuterliköre. Egal, die Farbe passt, und ist sogar hübsch anzuschauen in ihrer glasklaren Transparenz. Viskosität ist vorhanden, ohne, dass sich die Flüssigkeit wirklich schwer im Glas bewegt.
Ganz stark im Vordergrund finde ich beim Schnuppern erstmal Nelken, dann folgen deutliche Gewürze wie Sternanis, Kardamom und Zimt. Eine leichte Nase, aber würzig, und sie hat vor allem diese typische Magenbitter-Aromatik, die man in Deutschland so schätzt für einen Digestif. Es könnte ruhig etwas kräftiger sein im Geruch, aber, wie sich zeigen wird, gehört die Leichtigkeit zum Stil dieses Kräuterbitters.
Insgesamt wirkt der Bitter entsprechend dann auch etwas wässrig und dünn im Mund, da könnte viel mehr Körper rein, wenn man mich fragt, auch wenn man dann schon fast in Richtung Amaro gehen würde – oder alternativ etwas mehr Alkoholgehalt, die 30,5% sind für eine effektvolle Gaumenreinigung und Magenklärung nach einem Essen für mich persönlich deutlich zu wenig. Auch die Süße wirkt dem Effekt etwas entgegen, legt sich aber bequem auf den Gaumen. Die Nelken drängen sich zunächst nach vorn, im Abgang wird dann die Bittere des Kräuterbitters endlich klar, Kardamom rutscht als dominante Aromatik über die Nelken hinweg, und mit mildem, sehr attraktivem Feuerchen und leichten Süßholz- und Minzaromen klingt der Bitter am Ende doch mit einem sehr positiven Fazit aus – vielleicht gerade wegen der Leichtigkeit ein unkomplizierter Digestif.
Der Trinidad Sour ist so ein Drink, den ich dann natürlich auch für den diesbezüglichen Online-Schwerpunkt des Fizzz-Magazins vorgeschlagen hatte, das ist ein Cocktail, an dem man einfach nicht vorbeikommt, wenn man mit Kräuterbittern experimentieren will. Er funktioniert mit allen der unterschiedlichen Ausprägungen von Kräuterspirituosen, von Angostura über Underberg und Fernet Branca bis hin zum Senfmüller-Els Alt Montjoie’r Art, und zeigt sich dabei immer leicht anders, immer aber höchstaromatisch und dicht.
Trinidad Sour
1oz / 30ml Kräuterbitter
1oz / 30ml Orgeat
½oz / 15ml Rye Whiskey
¾oz / 23ml Zitronensaft
Auf Eis shaken.
[Rezept nach Giuseppe Gonzalez]
Steingutkrügen stehe ich immer etwas zwiespältig gegenüber. Sie haben gewiss ihren Charme, sehen toll aus in einer kleinen Heimbar. Doch ihre Umweltbilanz ist schon schlechter als die von Glasflaschen, insbesondere, weil sie nicht wirklich recyclet werden können und auch nicht in einem Altglascontainer landen sollten, wenn sie geleert sind. Nun, immerhin ist der Krug hübsch geformt, mit einem netten Etikett versehen.
Im Laden, der der Senfmühle angegliedert ist, bekommt man diesen Kräuterbitter in vielen verschiedenen Größen. Ich habe ihn mir in einer kleineren Abfüllmenge geholt, es ist immer lobenswert, wenn ein Abfüller das anbietet. Dazu musste der Biersenf noch mit in den Korb, ein großartiges Produkt, sehr aromatisch, würzig, bierig. Wer sich nach Monschau verläuft, sollte sich die Produkte der historischen Senfmühle dort gewiss anschauen – ein ideales Mitbringsel.