Katzengold oder Edelmetall – Caroni Employees United Heavy Rum

Caroni Employees United Heavy Rum Titel

Alles Gute geht auch mal zuende, und selbst für langdauernde Rumreihen ist das Ende der Fahnenstange irgendwann erreicht. Die Caroni Employees Special Edition war dabei eigentlich eine sehr schöne Idee – der italienische Abfüller und Importeur Velier zeigte damit seinen Respekt vor der Arbeit der Angestellten der inzwischen lang geschlossenen Brennerei, die in den letzten Jahren Kultstatus erreicht hatte und zum Synonym für seltenen, begehrten Rum geworden ist; und damit automatisch auch zum Synonym für die Schwierigkeiten, die den Rum aktuell etwas plagen, denn dieses allzu oft unerfüllte Begehren kann leicht in Frustration kippen und den Rumfreund, der diesen Brand doch so gern probieren würde, sich ihn aber nicht leisten kann, zum Verzweifeln bringen.

Also ist diese sechste Auflage, in der wir den Caroni Employees United Heavy Rum finden, die letzte, und hier sind dann auch passenderweise alle 15 der bisher geehrten Angestellten, die sich 2017 für ein von Velier organisiertes Erinnerungsevent getroffen hatten, noch einmal auf dem Etikettenfoto vereint, was natürlich auch den Namen erklärt. An den Rahmendaten der Abfüllung selbst hat sich kaum etwas geändert, da kann man die Fakten auch einfach aufzählen: Full Proof 66,6%, gebrannt 1996, dann fassgelagert und abgefüllt 2021 in 1038 Flaschen. Man hat für diesen Blend 4 Fässer ausgewählt, die schon ordentlich vom tropischen Klima und den Engeln ausgesaugt worden waren; der Angels‘ Share ist hier größer als 85%, man stelle sich diese absurde Zahl mal bildlich vor, da ist nur noch weniger als ein Fünftel eines Fasses erhalten geblieben. Berücksichtigt man das beim Trinken, wirkt der Schnaps gleich noch eindrucksvoller, finde ich.

Caroni Employees United Heavy Rum

Der erste Blick gilt natürlich der Farbe, die man wegen der Schwarzglasflasche erst im Glas sieht. Ich würde sie zwischen Mahagoni und Pariser Rot einsortieren, jedenfalls ein sehr kräftiger Farbton, der einem 15 Jahre lang rein tropisch auf Trinidad gereiften Brand sicher alle Ehre macht. Dem angemessen bewegt sich die Flüssigkeit auch träge, mit erkennbarer Viskosität, im Glas bilden sich direkt dicke Schlieren, die lange an der Wand kleben bleiben.

Bei Caroni denkt man oft an Dreck und Teer, doch hier finde ich das nicht in der Nase – da ist vielmehr dunkle Schokolade, Marzipan, Marc-Trüffel und Nougat, eine regelrechte Praline hat man da im Glas. Schnuppert man weiter, kommen herbere Noten dazu, dunkle Deckblätter einer Zigarre, eine alte Lederjacke, sowohl süßlich wie Ahornsirup, als auch kantig wie verbrannter Zucker. Den Lack darf man nicht verschweigen, er ist unterschwellig dauernd da, selbst nach einer großzügigen Offenstehzeit. Eine schweißige Komponente ist dieser Art Rum nie fremd, etwas erinnernd an feuchte Schuhe oder Katzenurin, natürlich nur in vorbeifliegenden Eindrücken; das erzeugt genau die Komplexität, die ich von einem höchstklassigen, seltenen Rum erwarte.

Caroni Employees United Heavy Rum Glas

Ganz sicher ein Duft, der mich dazu einlädt, erstmal bei ihm zu verweilen, doch irgendwann muss ja der erste Schluck folgen. Er enttäuscht dann auch nicht: die Herbe des Geruchs ist auch sofort am Gaumen präsent. Da ist nur ein Ansatz der schokoladigen Süße im Antrunk, wenn sich auch ein initial weiches Mundgefühl zeigt; ziemlich direkt schwenkt das um in pfeffrige, heiße Trockenheit, die mit viel Astringenz die Spucke wegsaugt, und ohne Federlesens den Gaumen zum Glühen bringt und die Zunge anästhesiert, sicher sowohl von der Würze als auch dem Alkoholgehalt getrieben. Trotz letzterem fühlt sich der Employees United nie wirklich unangenehm an im Mund, man muss Hitze und Schärfe aber vertragen, um das wertschätzen zu können. Wenn der anfängliche Pattex verflogen ist, zeigen sich verbranntes Popcorn, dunkles Karamell und stark geröstete Kastanien, Trockenfrucht und harziger Waldhonig bilden ein nur leichtes Gegengewicht zur feurigen Holznote, die mit etwas mineralischer Säure im Verlauf klar übernimmt. Der Abgang ist dann auch noch vorsichtig bitter, kitzelt das Zäpfchen, während holzig-ledrige Töne den Nachhall definieren, und ein paradox eiskalter Hauch, der ensteht, weil die Hitze den Mundraum langsam verlässt, ist das letzte, was noch lange bleibt.

Kraft und Wumms, das ist ohne Frage die Hauptcharakteristik dieses Rums. Nichts für Pappelriedchen, die lieber an süßen Smoothies nuckeln, nein, ganz klar was für harte Männer und starke Frauen, die mit dieser Wucht und dem Feuer umgehen können. Die bekommen aber wirklich was geliefert, etwas, wofür man sich für jeden einzelnen kleinen Schluck gern eine Viertelstunde Zeit lassen kann, ohne dass es langweilig wird. Sehr beeindruckend in seiner Konsequenz, das muss man diesem Rum lassen!


Es steht außer Frage, dass dies, mehr als viele andere Premiumspirituosen, dem Purgenuss dienen soll. Doch ich opfere ein paar der wertvollen Tropfen, denn ich weiß, dass ein Cocktail nicht weniger genussvoll ist, wenn man ihn gut und mit wertvollen Zutaten mischt. Im Horsefeathers ist dies bestens beweisbar, er profitiert ganz enorm von einem richtig starken Rum, und es reut mich keine Sekunde, ein paar Milliliter des Caroni Employees Only dafür eingesetzt zu haben.

Horsefeathers Cocktail

Horsefeathers
1oz / 30ml gereifter Rum
1oz / 30ml Cognac
½oz / 15ml Bénédictine
½oz / 15ml Maraschino
Auf Eis rühren. Auf einem großen Eiswürfel servieren.

[Rezept nach Benny Roff]


Die 10cl-Kleinflasche aus der auf 1038 Flaschen begrenzten VSGB-Reihe orientiert sich natürlich wie immer voll am Großflaschenvorbild, mit allen Details, die man sich wünschen kann, vom Etikett, über die Flasche selbst, bis hin zum kleinen Minikarton, der wie gewohnt die Nummer der Flasche innerhalb der Limitierung angibt (bei mir eben #868).

Ja, ich habe den Artikel mit den etwas bösen, kritischen Worten über Gier, Neid, Habenwollen und ähnliches angefangen, doch, so leid es mir für die tut, die diesen Rum nicht selbst probieren können: der Ruf ist halt irgendwie schon gerechtfertigt. Das ist toll gemacht, ein Zuckerrohrbrand, wie er heute halt nicht mehr hergestellt wird. Man verkostet hier zwar sicher auch Geschichte, ja, und das unterschätze ich persönlich selbst überhaupt nicht, aber gleichzeitig auch halt einen völlig unabhängig davon großartigen Rum, der schmeckt und abliefert ohne Ende. Es ist oft nicht alles Gold, was glänzt – aber hin und wieder doch.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

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