Bier am Freitag – Rodenbach Grand Cru Red Ale

Rodenbach Grand Cru Titel

Ich hatte es zu einem gemütlichen Abend zu meinem Bruder mitgebracht, und dort im Kühlschrank vergessen – ein paar Wochen später bekam ich die entsetzte Nachricht, dass das Bier, das ich mitgebracht hatte, schlecht geworden ist, komplett sauer, nicht mehr trinkbar. Ja, man muss wohl wissen, was man da trinkt, wenn man das Rodenbach Grand Cru Red Ale der belgischen Brouwerij Rodenbach öffnet. Der Stilname ist offiziell „Red Ale“, doch ich warne direkt vor, dass man hier scheinbar etwas anderes unter diesem Bierstil versteht als viele andere Regionen der Welt. Ein Teil junges Bier wird dabei mit zwei Teilen in großen Eichenfässern („Foeders“) gereiften Biers verschnitten, und Milchsäurebakterien helfen dabei, ein besonderes Geschmackserlebnis zu erzeugen – wer Sauerbier kennt, weiß, in welche Richtung ich mit dieser Aussage leiten will.

Rodenbach Grand Cru

Rotbraun, sehr trüb, fast komplett blickdicht. Entsprechend kann man selbst bei Gegenlicht keine Perlage erkennen. Schaum bildet sich dünn beim Eingießen, dieser verfällt aber schnell in einen cremafarbigen Rand und ein paar sehr dünne Inseln. Die Nase ist rotweinig, mit Anklängen von mildem Weinessig oder Verjus, und etwas Naturjoghurt – deutlich säuerlich jedenfalls. Ein bisschen Malz könnte man mehr erahnen als wirklich stark riechen.

Ja, das ist ein Sauerbier, das war mir vom Etikett her jedenfalls nicht deutlich geworden. Limettensaft, Verjus, der Saft, der oben auf Naturjoghurt schwimmt, Molke – in diese Richtung geht das. Anklänge mehr von Crémant als von Bier, und von etwas weißem, trockenem Wein. Die Säure wird durch schöne Würze unterstützt, und von knackiger Bittere gefördert, ohne allerdings ins eckig-kratzige abzugleiten. 6% Alkoholgehalt ist für belgische Biere eher typisch denn ungewohnt. Extrem frisch und rezent. Der Abgang ist kurz, sauer, doch deutlich astringierend. Etwas Süße zeigt sich am Schluss noch. Fasstöne klingen zuguterletzt noch auf, leichte Holzigkeit äußert sich in Aroma und Effekt.

Ein interessantes, unerwartetes Geschmacksbild. Persönlich mag ich ja Sauerbiere jeder Couleur sehr, darum ist die Überraschung positiv gelungen. Wer auf ein typisches belgisches Dubbel gewartet hat, wie ich ursprünglich, wird aus den Socken gehauen. Ich laufe jedenfalls los, um mir mehr davon zu holen – gute Sauerbiere sind bei mir immer gern gesehen, und das Rodenbach Grand Cru gehört für mich dazu.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.