Laue Sommerabende auf dem Balkon – Doorly’s X.O. Fine Old Barbados Rum

Doorly's X.O. Fine Old Barbados Rum Titel

Es war im Sommer, man wollte sich auf dem Balkon einer Freundin abends treffen und gemeinsam die Hitze des Tages ausklingen lassen, mit einem Bier und einem Schluck Hochprozentigem. Mich traf das unerwartet, drum konnte ich nichts aus der umfangreichen Heimbar von zuhause mitbringen – schnell schlenderte ich in Saarbrücken in der Innenstadt in den lokalen, eigentlich recht gut ausgestatten Feinkostladen, um dort mal Ausschau zu halten nach etwas Trinkbarem, das sowohl meinen Qualitätsansprüchen auch für Absackerdrinks unter Freunden gerecht werden könnte, als auch nicht unbedingt den Geldbeutel sprengen sollte. Im Regal fand ich dann den Doorly’s X.O. Fine Old Barbados Rum, und dachte mir, das ist doch ein ideales Getränk für so eine Runde, die nicht aus Rumnerds besteht, die man heutzutage nur noch mit Superesteroverproof aus dem Einzelfass begeistern kann, sondern normalen Menschen.

Dabei ist der Doorly’s X.O. natürlich kein Ding, das dem informierten Rumfreund fremd sein sollte, schließlich ist die Marke, die Martin Doorly 1920 auf Barbados gründete, heute eine im Portfolio der Foursquare-Brennerei. Der Rum wird gemäß dem für die Insel typischen Rumstil hergestellt, bekommt als kleine Besonderheit eine Zweitreifung in einem Oloroso-Sherryfass (kein Finish, die Zweitreifung ist länger als ein Finish normalerweise dauert). „X.O.“ dient hier als grober Altersrahmen, die in diesem Blend eingesetzten Rums haben wohl zwischen 6 und 12 Jahre auf dem Buckel. An dem Sommerabend kam er gut an, die Flasche war fast leer am Ende, es blieben noch ein paar Schlucke für meine Tasting Notes übrig, so dass meine Leser nun auch noch was von diesem schönen Event haben.

Doorly's X.O. Fine Old Barbados Rum

Richard Seale setzt für seine Basisprodukte, zu denen dieser Rum gehört, E150 ein, natürlich wie meist in dem Geschäft nur zur Farbangleichung von Chargen. Eine kupferne, fast orangefarben wirkende Flüssigkeit finden wir im Glas, mit ansprechendem Schwenkverhalten und leichter Viskosität, die sich schön an die Glaswand klammert und aber dann auch zügig abläuft.

Geruchlich ist das einerseits sehr typisch für Barbabos, mit vielen süßaromatischen Gewürz- und Backwarennoten – Vanille, Marzipan, reife Banane, milde Orange und Kokosfleisch; andererseits ist da eine nicht zu unterschätzende, leicht pieksende Lacknote, die mich daran hindert, diese eigentlich schöne Aromatik voll genießen zu können. Es fehlt mir darüber hinaus etwas an geruchlichem Volumen und Dichte, der Doorly’s XO wirkt in der Nase fast schmal, wenn man die ersten Süßtöne überwunden hat. Im Verlauf finden sich dann später auch eher ledrige Noten, oxidiertes Kaffeepulver, Tabak, hier finde ich ihn dann wieder interessant – es lohnt sich also, ihm etwas Luft und Zeit zu gönnen.

Doorly's X.O. Fine Old Barbados Rum Glas

Auch am Mund ist der erste Eindruck eher leicht, ich will nicht sagen wässrig, aber schon eher dünn. Das Mundgefühl kann nicht mit den süßwürzigen Aromen mithalten oder sie pushen, sie müssen sich allein durchsetzen, was etwas schwerfällt. Initial finde ich kaum etwas, erst nachdem ich die Flüssigkeit für eine ganze Weile im Mund hin- und herbewege, entwickeln sich Ideen von Kokos, Marzipan und Banane, diese sind aber genauso schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht sind, und machen dann Platz für eine feurige, alkoholbestimmte und aromatisch fast neutrale Seite, die dann den Weg bereitet für das kurze, sehr spannungslose und von einer metallischen Bittere und alkoholischen Noten bestimmten Finish.

Ach, was soll ich sagen, vor ein paar Jahren wäre ich begeistert gewesen von diesem Rum, heute holt der mich einfach überhaupt nicht mehr ab. Da fehlt es an jeder Ecke, weder Aromatik noch Textur oder Ausdauer können auch nur ansatzweise überzeugen. Man verstehe mich nicht falsch, das ist kein schlechtes Produkt – nur ein sehr durchschnittliches eben. Seale kann das extrem viel besser, darum muss ich hier nicht schleimen, es ist ein Basisprodukt für den Einsteiger, der für vergleichsweise wenig Geld einen sauberen, authentischen Barbados-Rum bekommt, aber nicht mehr.


Ein Rum, den man schon gemütlich pur trinken kann, mit dem ich dann aber hauptsächlich in Cocktails arbeite. Barbados-Rum ist leicht einzusetzen, der hat wenig Kanten, die eine Drinkrezeptur kippen lassen könnten, und der Doorly’s XO ist da keine Ausnahme. Seine milde Aromatik drängt sich im Chicago Fizz beispielsweise nicht auf, ist aber präsent und funktional, hier will man auch keine extremen Geschmäcker haben, sondern ein klares, frisches Bild.

Chicago Fizz Cocktail

 Chicago Fizz
1oz / 30ml gereifter Rum
1oz / 30ml Tawny Port
½oz / 15ml Zitronensaft
¼oz / 7ml Zuckersirup
½ Eiweiß oder 15ml Aquafaba
Auf Eis shaken, optional danach dry shake.
Zusammen mit Sprudel in ein Glas gießen.

[Rezept nach unbekannt via David Wondrich]


Sehr attraktiv ist jedenfalls die Präsentation, eine schöne, bauchige Flasche, mit einem netten Stoffband und Siegel als aufgeklebtes Accessoir, und den hübschen Papageien als Markenzeichen der Doorly’s-Rums; man wandert hier auf der schmalen Kante des Kitschs, ja, doch die Zielgruppe weiß derartige Details sicher zu schätzen. Und wer ist die? Genau die Gruppe, die ich anfangs geschildert hatte – Menschen, die gern unkompliziert und leicht einen vernünftigen Rum trinken wollen, ohne dabei auf Herstellungsqualität verzichten zu müssen. Die keine große Kunst im Glas brauchen, aber sicher sein wollen, dass hier nichts gemauschelt wird. Die nicht viel darüber nachdenken müssen, dennoch Tradition und Typizität zu schätzen wissen. Bei dem Preisleistungsverhältnis, das der Doorly’s X.O. bietet, ist so ein Rum genau das richtige für eine kleine Abendrunde, bei der vielleicht sogar die eine oder andere Zigarre ins Spiel kommt. Manchmal muss man es schließlich nicht übertreiben.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.