Man merkt das an Collab-Brews, an Zusammenarbeiten vieler kleiner Brauereien, dass die Craftbierszene zusammenhält. Und da tut man, was man kann, um sich und das Umfeld zu unterstützen. So ist das Kehrwieder Kreativbrauerei Moustique Rum Barrel Aged Russian Imperial Stout einem verstorbenen Freund gewidmet, und die Gewinne aus dem Verkauf geht an dessen Familie – eine schöne Aktion, die einfach dadurch unterstützt werden kann, indem man das Bier kauft. Aktuell ist es ausverkauft, aber die Website der Brauerei kündigt eine Neuauflage an.
Zum Produkt selbst – ein kleiner Flüchtigkeitsfehler auf dem Rücketikett hat mich zur Nachfrage bei Oliver Wesseloh veranlasst: Normalerweise ist die Rum-Edition in Rumfässern aus Barbados (von Plantation) gelagert; für die vorliegende Auflage konnte der Fasshändler allerdings (nicht genauer spezifizierte) Ex-Rumfässer von den französischen Antillen besorgen.
Schwarz wie die Nacht, mit höchstens dunkelstbraunen Reflexen, fließt das Bier ölig schwappend ins Glas, man erkennt hier schon eine fette Konsistenz; dreht man das Glas langsam beim Eingießen, sieht man an der Glaswand einen dunkelbraunen Film, sehr ähnlich wie bei einem PX-Sherry. Dunkelbrauner Schaum erscheint dabei kurz, ist aber Sekunden später schon komplett verschwunden, nur eine minimale Tonsur bleibt erhalten. Rein optisch also schon sehr beeindruckend.
Auch die Nase hat etwas von süßfruchtigem Sherry, da ist viel dunkle Frucht aus Datteln und getrockneten Pflaumen. Ein Hauch von gesüßten Haferflocken, und dann aber auch frischer Kirschsaft. Vanille, Toffee, Butterscotch – insgesamt riecht das komplex, fruchtigsüß und abwechslungsreich.
Sehr ähnlich ist dann auch das Geschmacksbild, man erschmeckt das alles, was man gerochen hat, sehr deutlich. Es beginnt mit der Pflaume und der Kirsche, direkt gefolgt von einer leichten Grasigkeit, die ich wirklich den Antillenfässern zuschreibe, etwas reife Banane, geht dann in Schokoladigkeit über, mit ausgesprochen ausgeprägter Malzigkeit, bevor dann die wirklich krasse Bittere zuschlägt, einem Russian Imperial Stout angemessen, allerdings immer noch aufgefangen von der durchgängigen, schweren Süße. Herausheben muss man die Textur und Struktur, da ist wirklich deutliche Öligkeit, fast schon geschmolzene Butter, und diese legt sich auf den ganzen Gaumen, ohne je dabei pappig oder klebrig zu werden. Im Gegenteil, gegen Ende wird es sogar trocken mit leichter Adstringenz. Trotz all dem wirkt es ausgesprochen rezent und hat eine schöne Karbonisierung, die eine milde aber effektiv sich aufbauende Säure unterstützt. 11,1% Alkoholgehalt, nun, am Ende spürt man das, aber man schmeckt es nie negativ, außer in dem ordentlichen Wumms, den das Bier liefert.
Der Abgang ist lang, malzig, aber auch trocken mit Anflügen von Cerealien und schönen, milden Röstaromen, die an Kaffeepulver und dunkle, geriebene hochkakaoanteilige Bitterschokolade erinnern. Mit einer sehr aparten Holzigkeit, die fast schon an den staubigen Holzzuschnittraum in Baumärkten erinnert, klingt das Moustique aus, die Bittere bleibt noch sehr lange hängen.
Ein krasses Bier, unglaublich dicht und voluminös, schwer und nichts für Zwischendurch – an diesem Drittelliter kann man echt lang und gemütlich trinken, das macht Spaß und wird nie langweilig, hat überraschenderweise wirklich fast etwas von einem spanischen PX-Sherry. Komplex, aufregend, rund und handwerklich ein Meisterwerk. Wer Stouts mag, sollte sich das Kehrwieder Moustique zu Hundertprozent mal gönnen. Aber vorsicht, die kleine Flasche mit dem hübschen Etikett täuscht total über den Presslufthammer hinweg, der in ihr verpackt ist!