Dieses Bier ist ein Mysterium. Die saarländische Brauerei Gebrüder Becker ist seit langer Zeit geschlossen, 1989 wurde sie zunächst von der Karlsberg Brauerei (die mit „K“, nicht der Konzern mit „C“!) übernommen, 1997 wurde die Produktion am Firmenstandort in St. Ingbert endgültig eingestellt. Bis heute allerdings findet sich fast ausschließlich in französischen Supermärkten in Grenznähe zum Saarland das Becker’s Pils in der markanten silbernen Dose, das bei Karlsberg weiterhin hergestellt wird, und sich bei lokalen Campern großer Beliebtheit erfreut, weil in Frankreich kein Pfand auf Dosen fällig wird – so kann man im Italienurlaub weiterhin saarländisches Pils trinken, muss aber nicht darauf achten, das Leergut wieder mit zurückzubringen. Das vorliegende Becker’s 9.0 Super Strong ist aber sogar erfahrenen Bierfreunden hierzulande unbekannt gewesen, man findet es leichter in italienischen und spanischen Onlineshops als im Saarland. Das ist einen Artikel wert, dachte ich mir!
Kristallklar, wie man es von einem saarländischen Pils erwartet – mit einem schönen, kupferfarbenen, dunklen Farbton. Der beim Eingießen entstehende Schaum ist nach wenigen Sekunden bis auf winzige Schauminseln und eine Glasrandküste verschwunden. In der Nase nimmt man milde, überreife Frucht wahr, und eine dumpfe Fleischigkeit, die ich schwer zuordnen kann. Leicht hopfig, aber sonst bleibt der Geruch vergleichsweise neutral.
Im Mund steht zunächst eine schwere Floralität da, nach Blüten und reifen Früchten. Das Bier wirkt sehr schwer und, unterstützt durch die recht künstlich wirkende Süße, auch stumpf und sehr oberflächlich. Der Hopfen zeigt sich nur in milder Bittere, die eine recht ungute Allianz mit der Süße eingeht – das passt irgendwie so gar nicht zusammen. „With selected ingredients“ steht auf dem Etikett, man findet auch Zutaten, die man in deutschem Bier eher weniger gern sieht – Glukosesirup zum Beispiel, der alles zuvor gesagte erklärt, und hier dient er garantiert nicht der Flaschenreifung, sondern einfach der Süßung und Aromatisierung. 9,0 namensgebende Volumenprozent Alkoholgehalt sind dazu mäßig, leicht kratzig eingebunden. Diese Fleischigkeit ist auch im Geschmack durchweg da, und für mich ein klarer Braufehler, oder zumindest eine schlechte Brauentscheidung. Im Nachklang findet sich dann wieder künstliche Blumigkeit, die wenigstens über den pappig-trocken-bitteren Abgang, der glücklicherweise nur kurz ist, hinwegtröstet.
Nein, das wundert mich nicht, dass das Bier schwer zu bekommen ist (wer will das schon ein zweites Mal kaufen, wenn man es einmal probiert hat), und niemand verpasst auch nur ansatzweise etwas, wenn man das nicht kennt. Ein langweiliges Bier, das auch noch stark gesüßt ist, und in keiner Form Spaß macht, außer für die, denen der Gagfaktor wichtiger ist als der Geschmack. Grausig und ein Zeichen der durch eine desinteressierte Großfirma zentralisierte saarländische Bierkultur, die gerade mühselig von kleinen, ambitionierten Brauern wieder interessant gemacht werden muss.