Mir kommen keine Tränen – Writers‘ Tears Copper Pot Irish Whiskey

Writer's Tears Copper Pot Irish Whiskey Titel

Ja, der hier vorgestellte Whisky nennt sich Writers‘ Tears, nicht Writer’s Tears oder gar Writers Tears, alternative aber falsche Schreibweisen, die man allüberall findet, wo es um diesen Whisky geht. Die Begründung lässt sich leicht auf der Homepage des Herstellers nachlesen – es ist eine Homage an die vielen irischen Schriftsteller (daher der Genitiv Plural im ersten Wort), die um die Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts Weltruhm errangen; dort werden George Bernard Shaw, Oscar Wilde, W.B. Yeats, Lady Gregory, James Joyce, Samuel Beckett und Bram Stoker genannt, das ist schon eine wirklich beachtliche Gruppe.

Und nein, bevor hier die herablassenden Kommentare einträufeln, ich schreibe absichtlich „Whisky“, denn mir ist das ganze Gehampele um das „e“ zuwider, es ist eine Lächerlichkeit der Spirituosengeschichte, dass soviel Aufhebens um die Schreibweise gemacht wird. Denkt Euch das „e“ dazu, wenn ihr nicht damit leben könnt. Viel wichtiger sind die produktionstechnischen Eckdaten: Schon im Namen erfahren wir, dass wir einen reinen Pot-Still-Whisky vor uns haben, nicht unbedingt die Gewohnheit in Irland. Dreifach destillierte Pot Still und Single Malt Whiskys werden hier verblendet, es kommt kein Grain Whisky dazu. Es handelt sich um gesourcten Whisky, das heißt, die Firma Walsh Whiskey, die auf dem Etikett angegeben ist, destilliert nicht selbst, sondern kauft den Whisky ein und vermarktet ihn weiter. Die Angabe „bottled in bond“ weist genau darauf hin, und bedeutet damit etwas völlig anderes als das, was der amerikanische Gesetzgeber mit einer wortgleichen Angabe für dortige Produkte vorschreibt.

Writer's Tears Copper Pot Irish Whiskey Flasche

Färbung ist bei irischem Whisky erlaubt, auf der Flasche findet sich aber kein Hinweis auf E150, wie man das in Deutschland beispielsweise bei Scotch gewohnt ist – daher gehen wir einfach mal von natürlicher Farbe aus, denn die nachgerösteten Ex-Bourbon-Fässer, die hier verwendet wurden, können solch ein klares, strahlendes Ocker ganz sicher verursachen. Der Writers‘ Tears ist leicht ölig, bewegt sich schwer im Glas. Viele dicke, langsam ablaufende Beine entstehen dabei.

Der Whisky ist in der Nase sehr fruchtig nach Williams-Christ-Birne, wenn man die initiale Ethanolnote überwunden hat, die auch mit Offenstehzeit etwas verfliegt. Dazu etwas reife Banane. Viel Vanille aus dem angesprochenen, frischgeflammten Holz. Ich erkenne eine sehr würzige Malzbasis, insgesamt wirkt der Ire aromatisch und dicht, dabei helltönig bleibend, vielleicht sogar leicht blumig.

Kommen wir zum Geschmack – dezent süß im Antrunk, sehr weich, rund und voll im Mundgefühl. Karamell und Honig, etwas buttrig. Süßes Popcorn drängt sich mir auf. Im Verlauf mildwürzig mit feinem Kribbeln auf der Zunge, minimal medizinisch, immer noch etwas fruchtig, erinnernd an einen jungen Cognac. Etwas mehr als die hier vorhandenen 40% Alkohol hätten dem Endeindruck wahrscheinlich doch sehr gut getan, in dieser Form fühlt er sich etwas schwachbrüstig an.

Writer's Tears Copper Pot Irish Whiskey Glas

Der Abgang ist kurz, mild, unauffällig – tatsächlich etwas zu blass für meinen Geschmack, da hätte ich gern mehr gesehen, die schöne Aromatik länger genossen. Der Nachhall ist leicht metallisch, doch auch das verschwindet schnell – nur ein angenehm warmes Gefühl verbleibt in Speiseröhre und Magen.

Insgesamt ein recht zurückhaltender Ire, mit viel Potenzial, das nicht ganz ausgeschöpft wird. Ein bisschen mehr Länge, und ich würde mich begeistern; so bin ich „nur“ erfreut, was ja auch schon etwas ist. Wer einen milden Whisky sucht, schön ausgerundet, der ist hier richtig.

Die Fruchtigkeit lässt mich tatsächlich direkt daran denken, den Writers‘ Tears mit Cognac zu verbinden. Und nach kurzer Recherche findet sich auch ein Cocktail, der genau das bietet – im Parlez-vous Irish spielen wirklich viele meiner Lieblingszutaten in Drinks mit. Da vergesse ich schnell alle Kritikpunkte und lasse mich mit einem wirklich wundervollen, starken und aromatischen Cocktail treiben.

Parlez-vous Irish Cocktail


Parlez-vous Irish
1 oz Irish Whiskey
1 oz Cognac
½ oz Orangenlikör
½ oz Bénédictine
Auf Eis rühren.

[Rezept nach Chris Strong]


Eine einfache, klassische Flasche mit einem sehr edel gestalteten Etikett erfreut das Auge, und der Karton, in dem sie erhältlich ist, sorgt für weitere optische Erbauung. Man gönne sich abends ein Glas, vor einem Kamin mit wärmendem Feuer oder wenigstens einer flackernden Kerze, und einem schauderlichen Buch von Lord Dunsany oder Le Fanu, vergieße dabei vielleicht sogar eine Träne für die Autoren, die in harten Zeiten Unterhaltung für uns heute schafften, und es bleibt einem nichts zu wünschen übrig.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

5 Kommentare zu „Mir kommen keine Tränen – Writers‘ Tears Copper Pot Irish Whiskey

  1. Bei den Iren wird doch der Abgang immer durch den Folge-Whiskey ersetzt. Ohne die richtigen Mittel und Wege ist endemischer Alkoholismus sonst nicht in der Qualität aufrecht zu erhalten.

      1. Das hat jetzt mit Kultur nichts zu tun. Das sind prollige Vorurteile und Pauschalisierungen. Die bekomm ich von meinem irischen Sozialarbeiter-Kumpel immer gratis dazu, wenn er mir beibringt, wie man die Namen von den Volkshelden richtig ausspricht, in den Liedern, mit denen man wg ihres aufhetzenden Inhalts mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schlägerei, mindestens immer aber schwere Ruhestörung auslösen kann.

  2. Hallo! Das nächste Mal einfach den Red Head aus dem Oloroso-Fass trinken. Mit 46 % vol. alc. fängt der mehr ein und kostet nur 10 Euro mehr. Mit 35 Euro immer noch günstig.

    Liebe Grüße, Kitty

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