Was ist japanischer Whisky? Für den Laien mag es erstmal keine ernsthafte Frage sein, da hat man eine Flasche, auf der japanische Schriftzeichen abgebildet sind, ein exotischer Name, klar, das ist japanischer Whisky. Der etwas Skeptischere schaut noch darauf, wo der Whisky abgefüllt wurde, sieht, irgendwo in Japan, nun, dann sollte ja alles klar sein. Doch hier liegt der Hase im Pfeffer – um wirklich als „japanischer Whisky“ gelten zu dürfen, muss er auch komplett in Japan hergestellt worden sein. Und das, so verrückt es klingt, ist bei weitem nicht bei allen Produkten der Fall, die in obige Kriterien passen. Das folgende Schaubild soll zeigen, dass auch in Japan allerlei Schummriges passierte, was Whisky angeht, bevor eine am 1. April 2021 erfolgte Änderung des Herstellerverbands in Japan dies auch wirklich kodifizierte. Details sind hier etwas schwer zu erkennen, die Originalgröße (und eine auf einen neueren Stand gebrachte, noch größere Version) kann bei nomunication.jp direkt angeschaut werden.
Nun nehme ich den hier vorliegenden Suntory Whisky Toki einfach mal als Beispiel, um zu prüfen, ob es echter japanischer Whisky ist, oder „faux“, wie die Ersteller des Schaubilds diese Pseudojapaner nennen. Dazu schauen wir auf die Blendteile – der Toki besteht aus Anteilen von Hakushu Single Malt, Chita Single Grain und Yamazaki Single Malt. Alle drei sind in obigem Schaubild weiß markiert und damit ist das Ergebnis positiv – der Toki ist ein echter Japaner. Es gibt keine genau Angabe der Mischungsverhältnisse, oder des Alters der einzelnen Blendbestandteile, man muss davon ausgehen, dass es eher jüngere Whiskys sind, die hier aufgehen. Was ja nicht per se schlecht ist, Alter ist nicht alles. Probieren wir einfach mal, ob das Ergebnis zu gefallen weiß.
Über das Alter ist erstmal, wie gesagt, nichts auf dem Etikett zu finden, und auch die Flüssigkeit selbst deutet auf ein junges Alter hin. Zumindest scheinen wir, wenn überhaupt, nur dezente Färbung vorzufinden – das helle Gelbgold des Toki wirkt jedenfalls natürlich. Man sieht kaum Viskosität beim Schwenken im Glas, doch der dennoch vorhandene Beinrand ist sehr hübsch anzusehen.
Die Nase hat etwas von Sake, das sage ich jetzt nicht aus dem banalen Grund, weil Sake auch aus Japan kommt – mir ist diese Aromatik nur gerade sehr präsent, weil ich mich zum Verfassungszeitpunkt gerade sehr mit dem japanischen Reisbier beschäftige und mir es auffiel. Korn, eine leichte Medizinalität, süßer Kompost. Vorsichtige Frucht, reife Banane und roter Apfel hauptsächlich, etwas Birne, das ist letztlich genau das, was ich als „Sake-ähnlich“ meinte.
Im Mund sind diese Assoziationen dann eher fremd – der Toki hat klare Würze, deutliche Zitronenschale, diesbezüglicher zitrusätherischer als Scotch. Vom Mundgefühl wirkt er leicht, etwas bitter, herb und trocken, auch wenn der Antrunk noch milde Süße aufweist. Auch hier findet sich eine medizinale Komponente, starke Astringenz auf der Zunge, etwas, was ich unter anderem den mittelmäßig eingebundenen 43% Alkoholgehalt zuschreibe. Dabei bleibt der Toki doch einigermaßen rund und breit, hat Kraft und Charakter.
Der Abgang klingt dann wieder etwas fruchtiger, Mango vielleicht. Insgesamt ist er mittellang, eher effektvoll denn aromatisch, mit einem metallischen Nachhall, und einem warmen, sehr hauchigen Gefühl beim Atmen. Bittere Zitronenschale arbeitet lange nach.
Für den Sloane Square empfiehlt die Erfinderin einen Single Malt – das ist für mich persönlich, der die Rezepte gern möglichst generisch hält, schon etwas überdefiniert. Nicht deswegen habe ich den Toki hier eingesetzt, aber zumindest auch: um zu zeigen, dass ein Blend einem Single Malt gerade in Mixed Drinks in nichts nachsteht. Für mich ist japanischer Whisky dem schottischen darüberhinaus so ähnlich, dass ich ohne Gewissensbisse Scotch Whisky als Zutat hinschreibe.
Sloane Square
2 oz Scotch Whisky
¾ oz Tequila reposado
⅔ oz Bénédictine
2 Spritzer Orange Bitters
Auf Eis rühren.
[Rezept nach Paige McCune]
Ich mag die quadrige Flaschenform, das hebt sich vom Rest der runden Flaschen in der Heimbar ab. Auch das Etikett ist schön understated, mir liegt ein so zurückhaltender Stil mehr als die plumpe Anbiederei vieler anderer Spirituosen. Bezüglich des Preisleistungsverhältnisses – nun, das ist etwas, was jeder für sich entscheiden muss. Rund 30€ sind jedenfalls keine Summe, über die man sich wirklich groß Gedanken machen muss, wenn man die Qualität berücksichtigt, und das Herkunftsland – bei vielen anderen Spirituosenkategorien würde ich jedoch sagen, dass man an der Obergrenze dessen schwimmt, was ich noch akzeptieren kann für das Gebotene. Ich werde erstmal lieber noch andere japanische Whiskyblends ausprobieren, bevor der Toki eine zweite Chance in meiner Heimbar bekommt.