Il brandy che crea un’atmosfera – Vecchia Romagna Brandy Etichetta Nera

Vecchia Romagna Brandy Etichetta Nera Titel

Ein spontaner Besuch bei meinen Eltern, nur wenig Handgepäck mitgenommen, und schon hat man die Probleme – da will man Abends als Spirituosenfreund nach dem Essen einen kleinen Drink nehmen, und die Eltern haben praktisch nichts im Haus. Da noch etwas Zeit ist, springt man schnell in den Supermarkt, im Dorf gibt es halt keinen Fachhändler für Hochprozentiges, und schaut sich durch die Regale voller Zeug, das man schon kennt und deswegen nicht kaufen will. Eine aufwändig gestaltete Flasche fängt das Auge, sie landet im Korb, und schon wird der Abend italienisch, mit dem Vecchia Romagna Brandy Etichetta Nera.

Der italienische Weinbrand hat eine überraschend lange Geschichte, seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wird das Hauptprodukt der Distilleria Giovanni Buton aus der norditalienischen Region Emilia Romagna unter diesem Namen vertrieben – sehr erfolgreich, 2018 war er der meistverkaufte Brandy Italiens. Hergestellt wird er aus Trauben der Rebsorte Trebbiano. Der fermentierte Wein dieser Trauben wird zum Teil in Kolonnenbrennapparaten, zum Teil in charentaiser Brennblasen destilliert, um dann für 3 Jahre in Eichenfässern zu reifen, und schließlich in einem Blend zu landen. Hat der Vecchia Romagna nun das Potenzial, einem Spirituosenfreund den Abend zu retten?

Vecchia Romagna Brandy Etichetta Nera

Die Farbe ist zwischen Safran und Kupfer, viele orangefarbene Reflexe hellen etwas auf. An der Glaswand bilden sich dicke Schlieren, die langsam in einzelne Beinchen zerfallen und dann gemächlich ablaufen.

Viel Frucht riecht man, wenn man an der „alten Romagna“ schnuppert. Trauben, Rosinen, Orange, Kirschen. Zusammen mit der süßlichen Note ergibt das eine Idee von Fruchtkaugummi. Milde Blumigkeit ergänzt das ganze zu einem runden Aroma, das eher einem Cognac ähnelt als einem spanischen Brandy. Früher wurde dieser Brandy wohl deshalb auch als „Cognac Buton“ vermarktet, was heute natürlich aufgrund der Schutzgesetze nicht mehr möglich ist.

Der Antrunk ist ähnlichsüßlich, fruchtig, wie es die Nase schon andeutet. Leichte Holzreifungstöne, Vanille, Zimt, meint man schmecken zu können. Im Verlauf kommt vorsichtige Würze auf, allerdings entsteht dabei nur wenig Körper – die doch niedrig angesetzten 38% schaffen nicht, viel Spannung aufzubauen: ein angenehmes Mundgefühl, aber viel zu wässrig wirkend, um wirklich zu begeistern.

Vecchia Romagna Etichetta Nera Glas

Das ist auch mit Abstand der größte Mangel an diesem Weinbrand: zur Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich mir vorstellen könnte, dass er mit 43% sehr attraktiv werden würde. So bleibt kaum etwas übrig, wenn er den Mund verlassen hat, denn der Abgang ist kurz und unspektakulär, leicht trocken, mildherb. Der Nachhall ist immerhin schön blumig, der Fruchtkaugummi wieder, dazu etwas Wintergrün und Jasmin. Insgesamt eher kurz, ein paar Blüten hängen als Nachklang noch eine Weile am Gaumen.

Persönlich habe ich keinen echten Einsatzzweck für diesen italienischen Weinbrand. Zum Purtrinken ist er im Endeffekt zu belanglos, auch wenn er seine Momente hat und mit Blumigkeit punktet; im Cocktail und Longdrink geht er gegen alles, mit dem er vermixt wird, irgendwie unter. Ich setze ihn für diesen Test in einem Betsy Ross ein – die Kombination aus Weinbrand und Port hat einen besonderen Charme, und hier kann der Vecchia Romagna immerhin seine Floralität schön zeigen.

Betsy Ross Cocktail


Betsy Ross
1½ oz Weinbrand
1½ oz Ruby Portwein
½ oz Triple Sec
2 Spritzer Aromatic Bitters
Auf Eis rühren.
[Rezept nach unbekannt]


Etwas Besonderes ist jedenfalls die Flasche – höchstgradig unpraktisch in der Handhabung, doch hübsch anzusehen mit der dreieckigen Form und den abgerundeten Kanten. Sehr aufwändig hergestellt; bei einem Einkaufspreis von rund 13€ fragt man sich aber schon, ob man nicht ein paar der Euro, die allein in die Flasche fließen, nicht für ein paar Prozente mehr an Alkoholgehalt besser investiert gewesen wären. Nun, so hart es klingt, alles in allem macht das Gesamtbild die Vecchia Romagna zu einem anspruchslosen Supermarktmassenprodukt, das man kaufen kann, aber nichts verpasst, wenn man es im Regal stehen lässt; der Werbespruch „il brandy che crea un’atmosfera„, den ich für den Titel ausgewählt habe, zog vielleicht noch damals in den 60ern. Für ein paar Euro mehr bekommt man den Asbach Privatbrand, der eine ähnliche Richtung in Bezug auf die Aromatik einschlägt, dem Italiener aber in jeder Beziehung weit überlegen ist.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.