Es ist immer ein Zeitenwandel, wenn sich der Master Distiller bei einer Brennerei ändert. Meist geschieht dies einfach aus Altersgründen; eine neue Generation wagt sich an die alten Traditionen. Auf der Karibikinsel Barbados bei Mount Gay, der ältesten noch aktiven Rumbrennerei der Welt (gegründet 1703), ist so ein Schritt natürlich um so auffälliger. Trudiann Branker folgt 2020 dem langjährigen Vorgänger, Allen Smith, der seit 2010 diese Rolle innehatte. Ein erster Schritt von ihr war, einige der Blendrezepte leicht zu verändern, um Ihre eigenen Ideen von bajanischem Rum zu verwirklichen. Dazu gehört dann natürlich auch das Redesign der Flaschen und Etiketten.
Ein davon betroffener Rum ist der Mount Gay Eclipse. Man sieht hier auf meinen Fotos, dass ich noch die alte Flasche habe; die neue weist ein anderes Etikett auf. Dort wird der Eclipse dann auch als Heritage Blend bezeichnet, was auch immer das bedeuten mag. Alle meine Kommentare beziehen sich hiermit leider auch auf den alten Blend, und da es noch eine ganze Weile dauern wird, bis die vorhandenen Vorräte bei europäischen Händlern verbraucht und durch die neue Version ersetzt sind, ist es wohl auch noch in Ordnung, hier meine Meinung zum alten Eclipse wiederzugeben.
Die Farbe ist blassgolden, im Glas noch deutlich blasser als in der Flasche, deutet schon auf wenig Fassreife hin – es handelt sich entsprechend auch um einen Blend mit unspezifiziertem Alter. Persönlich würde ich auf eine Reifungsdauer von maximal 3 Jahren tippen. Im Glas schwenkt sich der Eclipse mittelschwer, eine Öligkeit ist erkennbar, die sich dann auch in einem Film mit schnell ablaufenden Beinchen an der Glaswand bemerkbar macht. Die Nase wirkt süßlich, wenn man sich über die doch recht zwickende Ethanolkomponente gearbeitet hat. Getreidig, fruchtig, mit dieser Wodkanote, die viele leichte Rums aufweisen. Auch wenn dieser Blend ausschließlich aus Pot-Still-Destillaten besteht, erinnert er mich doch an säulendestillierte Rums aus Kuba.
Im Mund zeigt sich der Eclipse zunächst weich und süß, sich schnell über alle Flächen im Mundraum legend. Leichte Vanille, etwas Backgewürze, milde, reife Banane. Im Verlauf wandelt er sich aber schnell, bildet eine leichte Pfeffrigkeit aus und parallel dazu gleichzeitig ein gewisses Alkoholfeuer. Die eher mäßig eingebundenen 40% Alkoholgehalt zeigen, dass hier eher ein Massenprodukt in die Flasche gefüllt wurde; wie bei allen Spirituosen tendieren wir modernen Genießer auch bei Rum heutzutage mehr zu erkennbar stärkeren Tropfen, die dann paradoxerweise oft milder im Mund wirken. Voluminös vom Körper her, aber eher schmal in der Aromatik.
Der Abgang ist kurz, leicht rostig-metallisch, immer noch karamelligsüß, dabei aber auch mildbitter mit etwas Trockenheit, die klar macht, dass wir hier ein ungesüßtes Produkt vor uns haben. Der Eindruck, dass man hier einen weißen Rum trinkt, drängt sich von der Aromatik auf. Mit viel weißem Pfeffer und etwas Gras und Heu klingt der Rum am Ende recht warm aus.
Wo setzt man so einen Rum ein? Schwierig. Wer einfach eine klassische Rumcola trinken will, kann den Eclipse sicherlich ohne Probleme dafür nutzen; in Rezepturen allerdings, die einen schweren Rumgeschmack benötigen, wie zum Beispiel die meisten Tiki-Drinks, ist er fehl am Platze, da bringt er einfach nicht genug Power mit. Soll allerdings die Mixtur mit leichten Rumaromen aufgemotzt werden, wie im Paddington, wo die Orangen- und Fruchtkomponente die Hauptrolle spielen soll, ist der Eclipse eine solide, wenn auch zugegebenermaßen etwas unspektakuläre Wahl.
Paddington
1½ oz leicht gereifter Rum
½ oz Lillet Blanc
½ oz Grapefruit-Saft
½ oz Zitronensaft
1 Teelöffel Orangenmarmelade
Auf Eis shaken.
[Rezept nach David Slope]
Mir gefällt die Flaschenform, breitschultrig und mit einer hübschen Schrift ins Glas eingelassen. Der Blechschraubverschluss ist eine Preisreduktionsmaßnahme, das ist klar, und für einen derartigen Rum auch durchaus akzeptabel, der sollte eh nicht lang im Keller vor sich hin schlummern, sondern zügig getrunken werden. Das Etikett zeigt eine Karte der Insel Barbados, und gibt noch ein paar handfeste geschichtliche und produktionstechnische Hinweise – ich bin dankbar dafür, dass hier nicht auf die bei Rum immer noch so beliebte, abgeschmackte Piratenmasche gesetzt wird.
Ein traditioneller Rum, unprätenziös, unaufgeregt, ehrlich, einfach. Dazu ein vernünftiges Preisleistungsverhältnis. Die Frage bleibt aber dennoch, wer sich diese Flasche zulegen sollte – für die Heimbar als Mischrum eine Wahl, bei der die mageren 40% Alkoholgehalt nicht viel Aroma ins Glas bringen; und wer Rum auch hin und wieder einfach so pur im Glas haben will, dem empfehle ich deutlichst das Upgrade auf den Mount Gay XO aus demselben Hause, da hat man dann doch etwas Feineres zum Schlürfen. Irgendwie bleibt der Tester ratlos zurück, trotz all der Tradition muss man diese spezielle Marke nicht unbedingt haben, finde ich – vielleicht probiere ich den neuen Blend dann aber doch irgendwann mal, um zu vergleichen, ob er sich besser schlägt als dieser hier.
Ein Kommentar zu “Personalwechsel – Mount Gay Eclipse Barbados Rum”