Rum holt auf, was die Verkaufszahlen angeht, er wird immer beliebter. Im gleichen Maße verliere ich aber mein extremes Interesse an ihm, das hat aber nichts mit diesem Aufholen zu tun – wenn man sich intensiv mit einer Spirituose beschäftigt hat, ist es wahrscheinlich nur natürlich, dass sich, wenn man schon viel gesehen hat, die Liebe etwas abnutzt. Das kennen wir ja aus dem Privatleben. Zum Glück ist es bei Schnaps etwas einfacher, sich etwas anderes ins Glas zu holen – und ich habe in letzter Zeit den Scotch etwas vernachlässigt. Das werde ich hiermit wieder gut machen, und habe mir entsprechend eine Flasche eines guten Basisprodukts besorgt: der Bowmore Aged 12 Years Islay Single Malt Scotch Whisky soll mir das Feuer der Begeisterung, das ich einst für diese Art von Spirituose empfand, als ich ein Jahr in Schottland lebte, wieder entfachen und den schnöden Rumjammer vergessen lassen.
Zumindest muss man sich bei Scotch nicht auf allerlei Diskussionen einlassen, die mit Qualität, Einhaltung von gesetzlichen Regelungen und Definitionen, was die Spirituosengattung eigentlich erlaubt und was nicht; schottischer Whisky ist klar und deutlich geregelt, und wird auch von diversen staatlichen und unabhängigen Organen geprüft und gesichert. Was das wert ist, erfährt man erst, wenn man die letzten 5 Jahre im Rumgeschäft miterlebt hat. Ich glaube, ich habe mit meinen Artikeln etwas dazu beigetragen, dass manch eine Machenschaft auch für Laien bekannt wurde. Es tut mir gerade jetzt ein bisschen gut in der Seele, mich von dem ganzen Ärger zu verabschieden und mich einfach darauf verlassen zu können, dass in der Flasche auch ist, was auf dem Etikett steht. Und darauf, dass man ein breit erhältliches Basisprodukt kaufen kann und gute Qualität bekommt, und nicht nur, wenn man High-End-Superseltene-Einzelfassabfüllungen kauft. Das sind nun viele Vorschusslorbeeren, ich hoffe, der Bowmore kann all das einhalten.
Bei Scotch ist es im Allgemeinen angegeben, und im Allgemeinen auch üblich – die Färbung mit E150a. Ich hoffe auf die Zeit, in der die Konsumenten so aufgeklärt sind, dass es dieser Gleichmacherei, durch die nur jede Flasche im Regal identisch aussehen soll und sonst keinen Sinn hat, an den Kragen geht. Ich bin mir sicher, dass ein 12-jähriger Scotch auch ohne Färbung eine ähnlich schöne Farbe aufweist wie dieses kräftige Terracotta. Das Schwenkverhalten ist unauffällig, mit schnell ablaufenden, mengenmäßig wenigen Beinchen.
Die erste Komponente, die die Nase wahrnimmt, ist natürlich der Torf, die Signatur eines Islay-Whiskys. Dies dominiert alles, danach kommt schon deutlicher, süßlicher Rauch, begleitet von einer medizinalen Note. Der Rauch kippt dann um in milde Orangenschale. Zugrunde liegt allem etwas Hefig-Getreidiges. Insgesamt trotz des Torfs mild und rund.
Das Mundgefühl ist im Antrunk dann ähnlich weich und abgerundet, voll und stark, extrem süß, für meinen Geschmack schon zu sehr. Zu Beginn wirkt er flach und dumpf, hat außer Vanille- und Zimtnoten aromatisch kaum etwas zu bieten; weder Torf noch Rauch bleiben erhalten. Im Verlauf wird der Bowmore 12 immer würziger, trockener und klarer, hier beginnt er mich zu interessieren. Wie oft bei rauchigen Spirituosen entsteht am Gaumen eine sehr florale Note. 40% Alkoholgehalt unterstützen das spürbare Feuer, das sich schließlich am Ende entwickelt hat, und sind im Abgang leicht ethanolisch erkennbar. Der Abgang ist kurz, trocken, leicht torfig und nun mit dieser schönen Rauch-Blüten-Mischung versehen, die lange nachklingt.
Für meinen Geschmack ist dieser Scotch zu plump und desinteressiert im Antrunk, das kann er später nicht mehr aufholen, selbst wenn der Nachhall wirklich attraktiv ist. Die starke Süße, die fehlenden Aromen, nur im Abgang Komplexität – meine Begeisterung hält sich in Grenzen.
Entsprechend hat sich der Bowmore 12 für meine Verhältnisse leider höchstens zu einem stabilen Mixwhisky für die Cocktails entwickelt, die nach Torf und Rauch verlangen, und gleichzeitig nicht zuviel Charakter gebrauchen können, da dies oft den ganzen Drink übernimmt. Im Luau Smoked Pineapple kommt dem Bowmore 12 genau diese Rolle zu; sein süßlicher Grundton gibt dem Cocktail dann noch etwas mehr Volumen.
Luau Smoked Pineapple
1 oz torfiger Scotch
½ oz Limettensaft
¾ oz Orgeat
¾ oz Zitronensaft
1 oz Ananassaft
Auf Eis shaken. Auf frischem Eis servieren, zuvor noch
½ oz Blended Scotch floaten.
[Rezept nach The Drink Blog]
Man sieht, es ist doch nicht ganz so einfach, die alte Liebe durch etwas Neues zu ersetzen. Doch Scotch ist ja nicht nur Islay, ich bin eh schon immer eher der Highland Malt-Trinker gewesen, und habe noch viel vor mir, all die Scotches, die ich in Schottland getrunken habe, auch hier irgendwann schriftlich zu erfassen. Das wäre jedoch natürlich ein Lebensprojekt für sich, und mir sind die anderen Kategorien wie Tequila und Liköre ebenso wichtig. Darum wird mein Blog weiterhin breit gefächert alles besprechen, was die Spirituosenwelt so zu bieten hat; nur die leichte Gewichtung hin zum Rum wird allmählich, wenn all die vorbereiteten Rumartikel (und das sind ein ganzer Haufen!) erschienen sind, verschwinden.