Eine Sendung, die ich erst vor vergleichsweise kurzer Zeit für mich entdeckt habe, ist Dean Martin’s Celebrity Roast – tolle, klassische Unterhaltung mit den besten und frechsten Komikern ihrer Zeit. Political Correctness war weit, weit entfernt, viele der Witze, die in dieser Show gerissen wurden, würden heute für Entsetzensschreie und wütende Facebookposts mit Rücktrittsforderungen sorgen. Nicht, dass es wirklich jemals in Ordnung war, sich über Minderheiten lustig zu machen, aber da hier alle austeilen, und auch einstecken, findet man einfach zu viele „höhöhö“-Momente, als dass man nicht mit schlechtem Gewissen mitlachen müsste. Dagegen ist jede heutige Comedy-Show ein lahmer Kindergarten mit Nonnen und Jungfrauen.
Wir wollen hier aber nicht jemanden grillen oder rösten, auch nicht Herrn Walker, obwohl er es sicherlich verdient hätte. Nein, wir schlagen einen zugegebenermaßen etwas weiten Bogen, der sich am Namen der Sendung und an Martins Vorliebe für Scotch (seine zur Schau gestellte Trinkerei war aber eigentlich nur ein Showact; ach, die guten alten Zeiten, in denen Alkoholismus noch ein echter Schenkelklopfer war!) entlanghangelt – hin zum Johnnie Walker Blenders‘ Batch Espresso Roast Blended Scotch Whisky.
Die Details zu dem langen Namen: Blenders‘ Batch ist eine Reihe von Experimentalwhiskys bei Johnnie Walker, die sich durch kleine Änderungen von Gewohnheiten ergeben. Da wird nichts großartig neu erfunden, sondern einfach zum Beispiel, wie bei diesem als Exp #9 gekennzeichneten Whisky, für einen Teil des Blends die Gerste stark geröstet, was Kaffeearomen freisetzen soll (daher der Name Espresso Roast). Schauen wir mal, ob wir das in dem Blend auch finden, und ob wir ihn veralbern oder bewundern sollen.
Die Farbe begeistert mich schonmal, ein wirklich strahlendes, leuchtendes Terracotta, mit vielen Reflexen. Leider gefärbt, wie das bei Scotch überall Usus ist – ich kann es nicht leiden, denn die Augen trinken mit und beeinflussen den Geschmack, ob man es will oder nicht (auch wenn Zuckerkulör in der Menge, die eingesetzt wird, sich geschmacklich neutral verhält). Nur eine leichte Öligkeit ist beim Schwenken erkennbar.
Die leicht medizinale Note, die man von Scotch kennt, ist zunächst dominant in der Nase. Getreide, Hefe, Malz, das ganze aber in einem hellen Register. Etwas Lakritz und Zimt. Mildes Holz, Vanille. Orange und Aprikose, Kakao. Der Antrunk ist sehr süß, cremig, schokoladig; leichter Schwefel. Im Verlauf entsteht etwas Feuer – tatsächlich wirkt der Espresso Roast sehr viel würziger als sein „roter“ Gegenpart, ohne dabei aber wirklich viel an Komplexität gewonnen oder Rundheit verloren zu haben. Die namensgebenden Kaffeenoten entdecke ich nicht in voller Konsequenz, höchstens eine Idee von länger offen stehenden Kaffeebohnen. Etwas flach und schmal, da ist nicht viel Körper, dafür eine ansprechende Pfeffrigkeit gegen Ende, und ein Drehen hin vom Süßen zum Sauerbitteren.
Der Abgang ist sehr schokoladig, viel Chili und mit deutlich brummenden, kitzelnden Effekten auf der Zunge und am Gaumen – 43,2% Alkoholgehalt machen sich bemerkbarer als es sein müsste. Mittellang, sehr trocken und hauchig, ein minimaler Anflug von Rauch – und ganz zum Schluss doch noch etwas Kaffee.
Insgesamt ein leichter Easy-Drinking-Blend, mit einem durchaus ansprechenden würzigen Charakter, der nicht zu schwer und verkopft daherkommt. Mir fehlt am Ende aber doch deutlichst die Ausdauer in allen drei Dimensionen – Länge, Breite und Tiefe.
Scotch hat seinen einstigen Ruf, nicht als Cocktailspieler zu funktionieren, inzwischen abgelegt – in klassischen Drinks ist er als eine tolle, charaktervolle Zutat anerkannt. Einen weiteren Sprung, den er zu machen hat, ist nun aber, nicht nur in trockenklassischen Rezepten eingesetzt zu werden, sondern auch in bunteren Verbindungen, wie einem Tiki-Cocktail. Der Tall as a Tree and Twice as Shady zeigt, dass das geht; und gerade der Espresso Roast gibt einen Anflug von Feuer in den Drink, die ich in derartigen Drinks immer sehr gern sehe.
Tall as a Tree and Twice as Shady
1½ oz Blended Scotch Whisky
½ oz Arrak
1 oz Ananassaft
¾ oz Orgeat
¾ oz Zitronensaft
Mit crushed ice blenden.
[Rezept nach Paul McGee]
Die Halbliterflasche ist für ihre Größe schwer ausgeführt, mit dickem Boden, der für zusätzliche Lichtspiele mit dem Inhalt sorgt; das ist wirklich hübsch anzufassen und zu betrachten. Echtkorken und ein dezentes Etikett in einem Retro-Stil sowie ein Kartonumhänger an grober Schnur komplettieren eine sehr schöne Präsentation. Für mich ist diese Art der Gestaltung der ideale Mittelweg zwischen anbiedernder Opulenz einer- und zu kühlem Regalstil andererseits.
Man sieht, die enge Regelführung, die Scotch aufzuweisen hat, lässt trotzdem noch genug Spielraum für kreative Ideen. Wer auch immer meint, klare, stringente, die Tradition schützende Regeln für Spirituosen führten zu Stagnation und Langeweile, zeigt einfach, dass er keine Ahnung hat.