Wer sich mit Cocktails auseinandersetzt, beginnt eigentlich immer damit, sich erstmal die Rezepturen zu verinnerlichen, die mit leicht verfügbaren Zutaten hergestellt werden – Bourbon, Wermut, Campari, Champagner, Säfte. Das geht eine ganze Weile gut, irgendwann kommt aber jeder interessierte Mixologe an einen Punkt, wo man beginnt, mit hausgemachten Zutaten zu experimentieren. Mein selbstgemachter Swedish Punch hatte damals einen der ersten Artikel auf meinem Blog spendiert bekommen – inzwischen bin ich über diese Phase wieder hinaus, und auch wenn ich unterwegs immer noch gern Cocktails trinke, die mit obskuren, im Hinterzimmer zusammenmazerierten Zutaten hergestellt werden, so überlasse ich das den Profis und belaste meine knapp gewordene Heimbarzeit nicht mehr allzusehr mit dieser zwar spannenden, aber doch etwas mühseligen Arbeit. Insbesondere, da kaum jemand diese Cocktailrezepte je nachbauen wird, es ist einfach zu viel Aufwand, sich zuerst die 10 Sirupe aus Steinen, Blättern und Morgentau herzustellen, die in vielen Rezepten von Cocktailwettbewerbgewinnern aktuell gefordert werden.
Um so erfreulicher, wenn sich ein rühriger Brenner um diese Art von raren Spezereien bemüht. Revolte Swedish Punch ist ein Versuch des deutschen Rumherstellers, sich auch mal in die Likörabteilung zu begeben.
Sowohl bereits in der Flasche als auch später im Glas ist eine deutliche Trübung erkennbar, die dem kräftigdunklen Terracotta einen Nebelcharakter verleiht. Das ist bei einer Spirituose wie Swedish Punch natürlich kein Mangel, sondern eher Zeichen, dass hier nach Herstellung nicht exzessiv nachgefiltert wurde. Als Likör bewegt sich die Flüssigkeit sehr schwer und träge im Glas.
Der Geruch ist schnell übers Glas hinaus erkennbar und wuchtig – tatsächlich riecht man Tee, eine sehr deutliche Zitrusnote, und viel Gewürz. Ein Anflug von dunklem Rauch stammt wohl vom eingesetzten Lapsang-Tee. Auch die Rumbasis ist durch all diese Aromen noch erkennbar. Insgesamt hinterlässt der Revolte Swedish Punch einen sehr schweren, dunklen Eindruck. Dieser Likör verhält sich von Anfang an sehr vorsichtig im Mund. Aus den 60% des Basis-Overproof-Rums aus eigenem Hause wurde auf sehr genehme 20% Alkoholgehalt herabgesetzt – da kratzt und beißt nichts, zusätzlich auch durch die starke Süße, die lange an den Lippen kleben bleibt. Zitrusnoten dominieren zunächst, bis schnell Backgewürze wie Nelken, Piment und Kardamom nach vorne strömen und das Bild komplett übernehmen.
Gegen Ende kippt das ganze dann nocheinmal in Richtung Tee und Rauch, besonders der Abgang, mittellang aber sehr effektvoll, ist aromatisch dicht und mit Anklängen von Rosmarin und Harz. Trotz der Süße wirkt der Revolte Swedish Punch dann irgendwie trocken, mit einer kleinen Bittere im Nachhall, der dann plötzlich von kaltem Rauch und Zedernholz beherrscht wird; man sieht, ein vielschichtiges Spektrum, das Spaß macht – deutlich anders im Geschmack als mein oben erwähnter selbstgemachter Swedish Punch, aber nicht schlechter.
Swedish Punch ist und war nie eine besonders verbreitete Cocktailzutat. Die Rezepte dafür lassen sich an wenigen Händen abzählen. Dabei kann die süße Mischung aus Tee, Rum und Zitrone einen sehr attraktiven Part in einem Mischgetränk spielen, das ist wie ein Premix für eine breite Aromenpalette, die man sonst aus vielen verschiedenen Zutaten jedesmal neu von Hand zusammenstellen müsste. Der Hi Falutin wird durch einen ordentlichen Anteil Swedish Punch beispielsweise sehr aromatisch, würzig und bunt.
Hi Falutin
1½ oz Bourbon
1 oz Swedish Punch
1 oz Quinquina
Auf Eis rühren.
[Rezept nach Del Pedro]
Persönlich schätze ich sehr, wenn eine Marke ihren Stil gefunden hat, und den dann auch durchzieht – alle Revolte-Produkte werden in derselben markanten Flasche ausgeliefert, die gut in der Hand liegt und sich auch hübsch im hauseigenen Spirituosenregal macht. Klar etikettiert besteht dennoch keine Verwechslungsgefahr. Auf diesem kleinen Etikett steht alles relevante nachzulesen, dazu die für Revolte übliche und sehr lobenswerte Angabe über den vorliegenden Batch, bei mir ist es Flasche 46 von 500 aus Batch 1. Man sieht unabhängig vom Inhalt damit schon, dass es sich hier um eine kleine Auflage einer handgemachten Spirituose handelt. Und das allein finde ich immer schon unterstützenswert, und wenn man die Pressemitteilungen von Revolte verfolgt, erkennt man, dass der Ideenreichtum noch lange nicht ausgeschöpft ist im Hause Kaltenthaler.
Offenlegung: Ich danke Revolte für die kosten- und bedingungslose Bereitstellung einer Flasche ihres Swedish Punch.
Ein Kommentar zu “Hausmacherlikör für die Faulen – Revolte Swedish Punch”
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