Willkommen zurück zum dritten Teil meiner Artikelreihe „Mit einem Krug Wein zwischen den Blumen“, die sich um Baijiu dreht. In diesem Teil möchte ich einen Schritt zurück machen, und die Herstellungsmethode für diesen chinesischen Schnaps etwas beleuchten, die eine Besonderheit aufweist. Im Allgemeinen sind Brenner es gewohnt, eine Flüssigkeit vorzufinden, die fermentiert und dann destilliert wird – Wein für Cognac, gewässerte Zuckerrohrmelasse für Rum, Gerstenmaische für Whisky und ähnliches. Bei Baijiu ist das anders – hier wird eine feste Masse, meist aus Sorghumhirse, fermentiert und dann über ein Dampfverfahren destilliert.
Ganz unbekannt ist uns im Westen diese Methode allerdings natürlich nicht – auch bei Grappa wird eine Wasserdampfdestillation eingesetzt, um die festen Bestandteile des Tresters zu destillieren, da dort kein Wasser zugesetzt werden darf. Auch ätherische Öle werden so hergestellt. In einem auch ohne Chinesischkenntnisse sehenswerten Video, das der Produzent Hanwang für seine Prestigebaijius, darunter der hier vorgestellte Hanwang Longxi 汉王龙玺, gedreht hat, sieht man ein paar Eindrücke der großen Dampfdestillationsapparate und anderen Produktionsmittel. Dieser Baijiu stammt aus der Provinz Guizhou in Südwestchina und gewann eine Goldmedaille beim Wettbewerb Spirits Selection by Concours Mondial de Bruxelles 2016.
Beim Hanwang Longxi handelt es sich um die dritte Kategorie des Baijiu, die wir in dieser Serie kennenlernen: das Soßenaroma (酱香 jiangxiang). Im Westen ist diese Kategorie vielleicht am bekanntesten, denn der Platzhirsch des Baijiu, der berühmte Maotai, gehört dazu. Warum man diese Kategorie so nennt, erklärt sich von selbst, wenn man sich ein Glas eingegossen hat und daran riecht. Tatsächlich taucht entsprechend eine würzige, soßige Komponente auf, die mich sensorisch sehr an die Hoisin-Sauce erinnert, in der mein China-Restaurant der Wahl die wunderbaren Hühnerfüße schmort. Darüber aber liegt eine sehr süßliche Schicht, ganz stark nach Milchschokolade oder warmem Schokoladenkuchen und etwas Vanillepudding, gefolgt von etwas Curry und Banane, schließlich Lakritz. Der Geruch ist wirklich äußerst komplex und vielschichtig – daran kann ich sehr lange riechen und immer etwas neues entdecken.
Zunächst ist der Hanwang Longxi sehr süß im Antrunk, die errochene Milchschokolade scheint deutlich durch, dann wird er aber kräuterig und würzig, kippt schließlich um in das bereits von anderen Baijius bekannte Pfirsichferment. 53% Alkohol sind nicht zu erkennen. Wie schon bei der Nase muss man die Komplexität hervorheben, auch wenn es für Anfänger etwas Überwindung kosten mag, einen Baijiu länger im Mund zu behalten als unbedingt nötig.
Im langen Abgang bleibt er mild, sehr umami, vielleicht sogar etwas salzig, dazu Heu- und Hefenoten. Warm ist er im Rachen, ohne Kratzen. Die Milchschokolade taucht wieder auf und beendet die Verkostung mit einer schönen Cremigkeit – wie schon früher angemerkt ist der Abgang das Highlight jedes Baijiu. Der erste Baijiu, den ich nun kenne, den ich mir als Sipper zum langsamen, genussvollen Schlürfen gut vorstellen kann – ich könnte mich wirklich an diese enorme Vielschichtigkeit gewöhnen.
Der Nei Cafu Sour ist dennoch ein ideales Beispiel dafür, wie man Baijiu gut in Cocktails einbringen kann. Ein wunderbar süß-aromatischer Cocktail, der mit vielen Aromen aufwarten kann – die wilde Würze des Soßenbaijiu, die dunkle Süße des Honigs, die Säure der Zitrone, die Rauchigkeit des Scotch und des Lapsangs. Es hört sich allein dem Rezept nach verrückt an. Und letztlich ist es das auch; aber in einem positiven Sinne. Sicherlich der interessanteste Baijiu-Cocktail, den ich bisher probiert habe.
Nei Caifu Sour
1 oz Soßenaroma-Baijiu (z.B. Hanwang Longxi)
¾ oz Honig
½ oz Zitronensaft
½ oz Ingwerlikör (z.B. King’s Ginger)
1 Eiweiß
Trocken shaken, dann auf Eis shaken. Auf Eis abseihen, und…
½ oz Islay-Scotch (z.B. Laphroaig)
…floaten. Mit Zitronenzeste und etwas Lapsang Souchong dekorieren.
[Rezept nach Ulric Voelkel-Nijs]
Erneut gibt es auch so einiges über Markennamen und Flasche zu erzählen. Der Schraubverschluss ist in Form der traditionellen Kopfbedeckung der frühen chinesischen Kaiser gestaltet, nur dass die normalerweise vorne und hinten herabhängenden Perlen nur durch eine Körnung angedeutet sind.
Passend dazu ist dann entsprechend der in traditionellen Schriftzeichen zentral platzierte Markenname 漢 王“Hanwang“ (der auf der Flasche in lateinischen Buchstaben aufgedruckte Name „Hanking“ ist wohl die bereits teilanglisierte Form dieser Umschreibung für einen chinesischen Fürsten). Auch der Produktname 龍玺 „Longxi“, übersetzt „Drachensiegel“, spielt auf die Symbolik des chinesischen Kaisers an, der als einziger solch ein Siegel zur Unterzeichnung offizieller Dokumente verwenden durfte; der kaiserliche Drache ist auch in Gold erhaben auf der Flasche aufgebracht. Zu guter letzt ist die Verwendung traditioneller Zeichen statt vereinfachter (wie ich sie im Titel meines Artikels genutzt habe) eine Remineszenz an alte Zeiten.
Im folgenden Teil 4 gibt es eine spannende Alternative zu den bekannten Sorten – ein eichenfassgereifter Baijiu! Bis dahin!
Offenlegung: Ich danke erneut der belgischen Firma Vinopres SA und Spirits Selection für die kostenlose Bereitstellung einer Flasche dieses Baijius. Vinopres SA und Spirits Selection haben mir ganz enorm geholfen, und mich mit einer Reihe von Qualitäts-Baijius versorgt, denn die Beschaffung dieser chinesischen Spirituosen ist in Deutschland sonst sehr schwierig – ohne sie wäre diese Reihe nicht möglich gewesen.
3 Kommentare zu „Mit einem Krug Wein zwischen den Blumen, Teil 3 – Hanwang Longxi 汉王龙玺“