Ganz Kreta ist fest in Industriebierhand. Ganz Kreta? Es sieht fast so aus. Egal, wo man sich auf Ostkreta bewegt, man begegnet immer denselben Biermarken. Die holländischen Biergötter Heineken und Amstel beherrschen das Feld weitestgehend, begleitet von den griechischen Titanen Alfa, Mythos und Fix. Man mag denken, dass das halt in Touristenzentren so ist, dass die hereinströmenden Party-People ihr bekanntes Bier trinken wollen; aber selbst in kleinen Kneipen im Landesinneren, wo sich kein Tourist auf den hier so beliebten Quads jemals blicken lässt, ist der Kühlschrank gefüllt mit den Massenmarken. Alle diese Biere sind recht dünne Lagerbiere, schmecken sehr ähnlich leicht und aromenarm – ehrlicherweise muss man sagen, dass im heißen Klima Kretas sich sowas sehr gut und angenehm trinkt.
Ich stolperte nur zufällig in einem Supermarkt in der Kühltheke über die scheinbar eine Ausnahme auf Kreta: kretisches Bier, hergestellt im malerischen Ort Rethymnon, abgefüllt in Bügelflaschen, mit einem deutschen Namen – nun, vielleicht finde ich als Bierfreund hier die Abwechslung vom Lagereinerlei im Urlaub? Flugs jeweils eine Flasche der beiden erhältlichen Sorten, des Brink’s Rethymnian Dark und des Brink’s Rethymnian Blonde, eingepackt, im Hotelkühlschrank einen Tag wieder runtergekühlt und dann auf dem Balkon des Hotelzimmers gemütlich verkostet.
Der erste Versuch war das Brink’s Rethymnian Dark. Ganz so dunkel ist es im Glas dann doch nicht – wahrscheinlich ist der Farbhinweis bezogen auf den Vergleich zum sehr hellen, sonst üblichen Lagerbier. Ich persönlich würde den Bernsteinton nicht als Dunkelbier erkennen. Eine leichte Trübung beweist den Hinweis, dass die Brink’s-Biere ungefiltert sind. Feiner Schaum, schnell abgebaut, krönt das Bier.
Auf der Lassithi-Hochebene auf Kreta kann man es aus erster Hand erfahren – Hitze führt dazu, dass Aromen verstärkt werden. Wer dort zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, wird überwältigt von all den Gerüchen, die die wildwachsenden Kräuter wie Rosmarin, Thymian und andere verströmen. Daher bin ich um so enttäuschter vom Geruch des Rethymnian Dark: Völlig neutral, nichts, aber überhaupt nichts ist da zu riechen. Auch als ich das Bier eine Weile aufwärmen ließ, konnte ich nichts entdecken.
Ist der Geschmack interessanter? Leicht malzig-süß, mild und weich. Eine überraschend starke Säure drängt sich schnell nach vorne, begleitet von einer extremen Kohlensäure. Selbst für mich, der ich gern Bier mit knackiger Sprudeligkeit mag, ist das viel zu viel, die Kohlensäure nimmt alles an Körper weg, was sonst vielleicht da gewesen wäre. Nach dem ebenso dünnen Abgang muss ich leider sagen: Das ist für mich keine Verbesserung zu den Industrielagern, eher sogar ein Rückschritt; ein Heineken ist da aromatisch interessanter und angenehmer zu trinken.
Gehen wir etwas ratlos über zum anderen Bier, dem Brink’s Rethymnian Blonde. Der Name deutet schon an, was wir hier erleben werden. Schönes Gold mit minimaler Trübung, dazu eine sehr kräftige Perlage, die für feinen, dünnen Schaum sorgt. Achja, noch ein Lager, mag man nach den oben geschilderten Erfahrungen hier auf Kreta denken.
Der Geruch ist schonmal spannender als der des dunklen Brink’s. Immer noch zurückhaltend, entdecke ich hier zumindest Trauben und kretischen Rotwein, und eine leicht blumige Note. Mild dann im ersten Mundgefühl, süßlich, leider erneut kaum Aromen, aber überraschend hopfenbitter – endlich die Abwechslung, die ich im süßmilden Biereinerlei suchte. Eine gute Säure mit sehr hoher Rezenz macht das Bier erfrischend im kretischen Sommer, doch auch hier werde ich mit dem übermäßigen Einsatz von Kohlensäure erschlagen.
Der trocken-adstringierende Abgang des Rethymnian Blonde ist mittellang, und hinterlässt den Eindruck eines Biers, das in Deutschland allerhöchstens unter „ferner liefen“ gelistet werden würde, doch auf Kreta als gute Alternative zum holländisch-griechischen Massenmarkt funktionieren kann – als Bierfreund im Urlaub sollte man es definitiv probieren.
Rettet das Biosiegel das kretische Bier? Eigentlich nicht. Denn letztlich muss es sich am Geschmack messen lassen, da kann es so ökologisch hergestellt werden, wie es will. Es gibt nur wenige Bio-Produkte, die ich kaufe, bei denen mir die Produktion wichtiger ist als der Geschmack – Eier, beispielsweise. Zumindest ist es dann aber so, dass der Geschmack mit Produkten ohne Biosiegel leicht mithalten kann; hier, so leid es mir tut, sehe ich das nicht. Die Homepage bietet ein paar Einblicke in den schwierigen Start, den das junge Bierunternehmen seit 2001 hatte, und welche bürokratischen Stolpersteine dazu kamen – ich würde mich freuen, wenn sie ihr Produkt weiterhin verbessern und den ökologischen Gedanken weitertragen, um in Zukunft dem interessierten Bierfreund beides bieten zu können.
Mit dem Preis orientiert man sich dann aber doch am deutschen Preisgefüge – die Industrielagerbiere sind spottbillig für unter 1€ den halben Liter zu bekommen, das Brink’s setzt mit 2,50€ für 330ml dann schon ein mutiges Ausrufezeichen, ähnlich, wie das viele Craftbiere in Deutschland tun. Beide Biere haben denselben Alkoholgehalt von 4,8%.
Eine spannende Randnotiz findet sich dann noch am Ende des (leider etwas lädierten) Rückseitenetiketts – in einer Gesellschaft, in der die Dose und Einwegflasche völlig etabliert sind, und die meisten Kaltgetränke sogar aus der Plastikflasche getrunken werden, ist so etwas wie ein Pfand ein mutiges, leider fast schon utopisch anmutendes Konstrukt – mir ist unklar, wie in dem Umfeld, in dem ich mich in meinen Urlauben auf Kreta bewegt hatte, so etwas funktionieren soll. Ich hatte jedenfalls keine Lust, nochmal ins Taxi zu steigen, um zum Supermarkt zurückzufahren, nur um die Flaschen wieder zurückzugeben. So landeten sie wahrscheinlich im Müll, als das Zimmermädchen das Zimmer aufräumte, so leid es mir tut. Dennoch passt die Idee natürlich zum grundsätzlichen, ökologischen Grundkonzept des Biers und ist ganz sicher lobenswert – vielleicht ist die Situation in größeren Städten diesbezüglich besser. Und hoffentlich kann Brink’s hier weiter Pionierarbeit leisten, denn schlimmer werden kann die Müllsituation auf Kreta kaum – jede Plastikflasche, die nicht produziert wird, weil ein Mehrwegsystem entsteht, wäre ein Gewinn für die Insel.
Moin, interessnter Artikel, ich kann zum Geschmack von Brink’s Rethymnian nichts sagen, da es mir einfach zu teuer ist.
Ich trinke am liebsten Alfa (gibt es auch vom Faß), das tut sich schon von den gängigen Industriebieren im Supermarkt abheben. Ist natürlich auch alles Geschmacksache. Alfa ist auch nicht überall zu bekommen.
Pfand ist jetzt auf den meisten Bierflaschen (Fix, Alfa, Mythos und Amstel).
Es gibt noch ein weiteres Bier was auf der Insel gebraut wird, CHARMA Bier. In der Nähe von Chania: http://www.cretanbeer.gr
vg, kv
Das mit dem Pfand ist an mir völlig vorbeigegangen. Da muss ich das nächstemal besser drauf achten; ich hätte schwören können, dass alles nur Einwegflaschen sind. Danke für diesen Hinweis!
Moin, es gibt wohl auch noch Einwegfaschen. die 0,5 L-Flaschen in meinem Supermarkt sind alles Pfandflaschen. Es gibt aber nicht wie bei uns einen Hinweis dafür auf der Flasche, das es sich um Pfandflaschen handelt.
vg, kv
Kalimera, heute ist bei Radio-Kreta ein interesssanter Artikel über kretische Bierbrauer der Insel erschienen. Zwei neue Biere sind auch dabei, das Bier Lyra aus Kissamos und Solo aus Alagni bei Heraklion.
Es braut sich was zusammen auf Kreta
Von Gerd Eisenmann
http://radio-kreta.de/kreta-es-braut-sich-was-zusammen/
Was alle 3 Biere verbindet, sind interessante Menschen, die hinter der Idee stecken, mit eigenen Kreationen im Strom der Massenbrauereien zu bestehen. Ich kann solcherlei Bestreben und Unternehmergeist nur unterstützen und hoffe, dass sich noch viele Bierliebhaber diesem Trend hingeben, damit der Mut und die Passion der Gründer und Brauer sich auch auszahlt. = dem kann ich mich nur anschließen.
vg, kv
Moin, auf dem interessanten Blog dergeschmackvonkreta habe ich den kurzen Artikel Welches Bier trinken wir? gefunden.
http://dergeschmackvonkreta.blogspot.de/2012/04/zum-tag-des-deutschen-bieres-am-23.html
vg aus Hamburg, kv
Moin und Kalimera, es gibt noch eine weitere neue kleine Brauerei in Chania: https://radio-kreta.de/triple-hop-pale-ale-ein-bier-der-jungen-lafkas-brauerei-von-kreta/
Durch die hohe Mehrwertsteuer in Griechenland auf Alkohol, ist Bier inzwischen recht teuer geworden. In den Tavernen auf Kreta zahlt man inzwischen fast überall für eine Flasche griechisches Bier (Mythos, Amstel, Alfa, Fix) 3€.
Die lokalen kretische Biere sind recht teuer und man zahlt im Supermarkt 2,50€ für eine 0,33ml Flasche.
Auf Kreta gibt es in der Nähe von Heraklion auch zwei Brauereien, wo die großen griechischen Bier-Marken gebraut werden. Sie gehören zu den Großbrauereien Athenian Brewery (gehört zu Heineken) und Elleniki Zythopioia Atalante. Dort wird unter anderem Mythos und Fix Bier gebraut.
Ta Leme, kv