Der aktuelle Batman-v-Superman-Film stürzt so einige Filmfreunde, die sich mit der Comicvergangenheit dieser beiden ikonischen Superhelden nicht so recht auskennen, in Verwirrung. „Kennen die beiden sich wirklich? Leben die nicht in unterschiedlichen Universen?“ Diese Fragen bekomme ich, als ausgewiesener Comicexperte, gern gestellt. Wenn man sich nur mit den Filmhistorien der beiden Spandexträger beschäftigt hat, könnte man wirklich denken, dass Superman und Batman zwei voneinander getrennte Welten bewohnen; doch tatsächlich sind sie Arbeitskollegen, Gründungsmitglieder der Justice League of America, enge Freunde, und dabei doch grundsätzlich voneinander verschieden. Batman ist der dunkle Ritter, der Vigilant, der das Recht selbst in die Hand nimmt; Superman der Vertreter der Ordnung, der Paladin, der an das Gute im jedem Menschen glaubt.
Außerhalb der Justice League trennten sich die Wege von Supes und Bats aber dann doch soweit, dass jeder für sich in seiner Welt vor sich hin werkelt, und bis auf wenige Crossover-Szenarien, wie Frank Millers epochales The Dark Knight Returns oder das großartige Superman/Batman: Absolute Power, halten sich die Helden auch daran.
Dieses Prinzip der sich zwar schätzenden, aber durch unsichtbare Wände voneinander getrennten Protagonisten kennt auch die traditionelle Bierwelt, in der eine Abgrenzung zu Konkurrenzprodukten als wichtiges Element der eigenen Bierpersönlichkeit hochgehalten wird. Doch der moderne Craftbierbrauer will nun kein Isolationist mehr sein, der in seiner Brauerei ein Produkt herstellt, egal, was die Welt um ihn herum macht. Gleich und gleich gesellt sich gern, und so enstand bei Maisel & Friends das Bierpendant zum Superheldenverein JLA – man vergebe mir diese etwas nerdige Einleitung und den Vergleich. Irgendwie passt es aber: Eine informelle Gruppe von Bierbrauern aus ganz Deutschland traf sich in Bayreuth zur Craftbeersession, und sie haben sich einen wahrhaft dramatischen Namen für ihr gemeinsames Erstlingskind ausgesucht: Hopfenreiter Double IPA.
Ungewöhnlich dunkel für ein IPA fließt das Hopfenreiter ins Glas. Natürlich naturtrüb, alles andere hätte mich enttäuscht. Zurückhaltende Perlage führt zu einem feinporigen Schaum, der sich schnell abbaut; es bleibt aber ein für obergärige Verhältnisse dicker Rest übrig, der dann auch bis zum letzten Schluck aushält. Für die Menge an unterschiedlichen Hopfen riecht es zunächst etwas un-hopfig: Dominant ist erst dunkle Würze, feine Röstaromen, fast ein bisschen rauchig. Danach schwingen die Hopfentöne aus dem Hintergrund hervor: Pink Grapefruit, Blutorange, Stachelbeeren, Kiwi.
Im Geschmack kommt aber eindeutig das IPA-typische durch. Direkt hinter einem zitronigen Antrunk schießt die wuchtige Bittere vor, als hätte sie nur darauf gewartet, mir eins auszuwischen. Trotzdem bleibt das Hopfenreiter überraschend leicht und luftig, getragen von einem Strauß von Hopfenaromen, wie Orange und Stachelbeeren. Insgesamt vergleichsweise dunkeltönig für ein IPA, mit einem attraktiven, dicht-cremigen Mundgefühl in Kombination mit hoher Rezenz: Sehr überzeugend.
Der Abgang bleibt dann mildtrocken, feinherb, erinnernd an Pils, doch noch einen Tick adstringierender. Ein leicht kratziger Charakter trübt hierbei etwas die Rezensentenlaunenwetterlage. Dass der Abgang eher kurz ist, und statt den Aromen nur Bittere länger übrigbleibt, passt sich dazu ein. So ist der Abgang vielleicht die einzige Schwäche dieses ansonst wirklich spannenden Biers – aber selbst Superman hat schließlich sein Kryptonit.
Neben den „alten Bekannten“ Amarillo, Columbus, Chinook und Mosaic haben sich auch mir völlig neue Hopfensorten einen Weg in den Braukessel erschlichen: Ella, Wai-iti, Bremling und Spalter Spalt. Man sieht, das Potenzial der Pflanzengattung Hopfen ist noch lange nicht ausgeschöpft, und selbst Stan Lee könnte sich eine Scheibe von der Benamungskunst der Hopfenbauern abschneiden. Die unterschiedlichen Hopfenarten wurden von Gastbrauern der Brauereien Kehrwieder Kreativbrauerei, CREW Republic, Camba Bavaria, AND UNION, Holla die Bierfee und der Bayreuther Bierbrauerei beigesteuert; wir haben also neben einem bunten Hopfentopf auch ein Crossover-Bier quer durch Deutschlands Craftbierszene. Die Brauerei Maisel & Friends macht ihrem Namen somit alle Ehre.
Entsprechend der Herstellungsmethode dieses Biers, die als Freundschafts-Sud bezeichnet wird und aus dieser faszinierenden Kooperation entstand, setze ich es auch in einem Biercocktail ein, der diesem Gedanken Rechnung trägt – dem Brewers Free Class. Der Name soll auf den Berufsstand der Brauer anspielen, und auf die großartige Idee, sich nicht von Firmengrenzen einsperren zu lassen.
Brewers Free Class
6 Minzblätter, ½ kleine Orange und ½ Limette im Shakerglas muddeln
1 oz Marillenschnaps
1 oz Apfelsaft
½ oz Grapefruit-Saft
…mit ordentlich Hopfenreiter Double IPA aufgießen
[Rezept variiert das Originalrezept ‚British Free Class‘ von Francesco Cereillo]
Warum eine Orange im Glas muddeln, statt einfach ausgepressten Orangensaft dazugeben? Die Antwort ist : Durch das Muddeln der Orange inklusive Schale werden auch ätherische Öle, die in der Schale enthalten sind, mitausgepresst, die dem ganzen noch einen kleinen Frischekick geben. Nicht jedes Bier ist in diesem Cocktail vermischbar – es braucht schon einen kräftigen Charakter, um sich gegen die Säfte durchzusetzen. Das Hopfenreiter Double IPA spielt diese Rolle wunderbar.
Das Bier ist in Standard-Longneck-Flaschen zu einem Drittelliter abgefüllt und enthält üppige 8,5% Alkohol. Die Angabe von Bittereinheiten war zu Beginn der Craftexplosion noch sehr beliebt; inzwischen sieht man es seltener; der Hopfenreiter reitet aber stolz mit 70 IBU durch Nacht und Wind, das sind eine Menge Pferdestärken, die man dennoch mehr spürt als schmeckt.
Das Etikettendesign des Hopfenreiter Double IPAs orientiert sich stark in die Comicrichtung, und die Darstellung eines von Pflanzenranken umwickelten, vermummten, umhangtragenden und Hopfendolden als Waffen haltenden Bierbösewichts erinnert mich so sehr an einen klassischen Batman- oder Superman-Villain, dass die Einleitung dieses Artikels im Rückblick daher vielleicht sogar doppelt Sinn macht.
Ich bedanke mich bei Maisel & Friends, dass sie mir 2 Flaschen des Hopfenreiters zur kostenlosen Vorabverkostung zur Verfügung gestellt haben.
3 Kommentare zu „Beer League of Bayreuth – Maisel & Friends Hopfenreiter Double IPA“