Bei Wein und Schaumwein ist es hin und wieder schwierig, in dem unendlichen und dauernd sich verändernden Sortiment eine Sorte zu finden, die einem mundet. Ein guter Markt bietet daher Verkostungsproben an, durch die man zumindest nicht die Flasche im Sack kaufen muss. Dabei erlebte ich vor einiger Zeit ein Geschichte, die die Problematik deutlich macht, die ich mit vielen Weinen, egal ob mit Blubber oder ohne, habe.
Die sehr freundliche Dame schenkte mir ein Glas Weißwein ein, während ich sie darauf hinwies, dass ich keine besonderen Vorlieben bei Wein habe, nur eins nicht ausstehen kann: Sauren Wein. Passend dazu trank ich dann aus dem angebotenen Glas und verzog das Gesicht, und meinte etwas lakonisch: „So wie das“. Die Dame korrigierte mich: „Trocken, nicht sauer. Sie meinen trocken.“ Da konnte ich doch nicht mehr an mich halten und musste ihr doch mitteilen, dass ich geschmacklich zwischen sauer und trocken unterscheiden könne. Da war sie dann etwas pikiert.
Gerade bei Sekt und Champagner habe ich das Problem oft, dass mir Leute Essigsäure als Edeltrockenheit vormachen wollen, und viele, die in solchen Themen unsicher sind, fallen auf diese Masche rein und trinken aus Prestigegründen Zeug, das ihnen eigentlich nicht schmeckt, weil „trocken“ ja die einzig erlaubte Richtung bei „Kennern“ ist. Glücklicherweise habe ich nach vielen Pullen Zehnägelaufdrehern einen Champagner gefunden, der tatsächlich meinem Empfinden von Trockenheit entgegenkommt, ohne dabei auch nur ansatzweise sauer zu sein: den Heidsieck & Co. Monopole Blue Top Brut Champagne.
Leider sieht man das auf meinen Fotos schlecht, doch der Blue Top hat eine ansprechend ausdauernde Perlage mit einer feinen Perlenschnur vom Glasboden zur Sektoberfläche, und ein elegantes, blasses Pastellgold im Glas.
Die sehr fruchtige Nase erfreut mein Geruchszentrum, und ein ebensolcher Geschmack meinen Gaumen. Trotz der Bezeichnung brut empfinde ich beim Verkosten eine feine Süße. Ich gehe davon aus, dass der Dosage-Restzucker daher an der Obergrenze der für brut üblichen 12g/L liegt.
Der volle Körper, etwas, das mir bei vielen lokalen Crémants und Sekten fehlt, die oft kratzig und kantig daherkommen, ohne wirklich Volumen zu entwickeln, lässt mich gern und häufig am Glas nippen. Normalerweise bleibt bei Sekt bei mir immer ein recht großer Rest im Glas, hier schenke ich mir gern selbst noch nach.
Nicht nur mir geht es so – im Blindverkostungstest der Zeitschrift Mixology, Ausgabe 06/2015, landete der Blue Top auf Platz 5 mit 91 Punkten – einem recht hohen Wert für einen fünften Platz.
Das Motto des namensgebenden blauen Kopfs ist schön durchdacht und konsequent ausgeführt, mit fester, blauschimmernder Alufolie. Witzig ist die Umkehrung des Farbmusters auf dem stabilen Karton.
In speziellen Aktion kann man diesen Champagner auch statt mit Karton in einer Neoprenhülle mit Druckknopf auf der Rückseite erwerben. Diese soll wohl dazu dienen, einen einmal gekühlten Champagner länger kalt zu halten; persönlich habe ich die Effektivität dieses Taucheranzugs noch nicht ausprobiert. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das für ein paar Minuten länger als unumhüllt durchaus funktioniert. Außerdem kann man die Hülle, die im selben Design wie das Flaschenetikett gehalten ist, und den blauen Kopf heraussschauen lässt, später dann auch für andere Schaumweine zur Kühlung nutzen kann. Zwischen 20€ und 28€ für den Dreiviertelliter muss man, egal ob in Karton oder Neopren, einplanen – eine nette Preisspanne, bei der es sich lohnt, nach Angeboten ausschau zu halten.
Selbstverständlich ist der Blue Top eine perfekte Zutat für einen Cocktail. Champagner gibt einem Cocktail eine leichte, säuerliche Frische zusätzlich zum feinen Blubber; der Cocktail wird dadurch klar im Geschmacksbild und sehr erfrischend. Gerade die Fruchtigkeit des Blue Top passt gut zu den Säften und dem Tequila im Hotel California.
Hotel California
1 oz Tequila Reposado (z.B. Sauza Hornitos Reposado)
1 oz Orangensaft
2 oz Ananassaft
…alles gut schütteln und am Ende aufgießen mit…
4 oz Heidsieck & Co. Champagne Brut Monopole Blue Top
Was isst man dazu? Ich habe immer noch das Bild von „La Boum“ im Kopf, in dem die Erwachsenen sich im Restaurant treffen und dann riesige Silberschalen voll Austern essen und dazu Champagner trinken. Die Franzosen wissen zu leben! Tatsächlich ist das eine perfekte Kombination, Austern mit Champagner.
Mit ein bisschen Übung und einem guten Werkzeug kriegt man die widerspenstigen Dinger auch zügig und ohne Mühe auf. Ich empfehle mal einen Besuch in einem größeren französischen Supermarkt mit entsprechender Frischetheke; dort bekommt man oft drei oder mehr verschiedene Sorten Austern als Alternative zu der in Deutschland meist üblichen Fines-de-claire-Monokultur.
Und wenn man dann doch auf starke Säure im Champagner steht und einem dieser Schaumwein dann nicht sauer genug ist, kann man ja ein paar Spritzer Zitronensaft auf die Austern geben, zum Ausgleich…
Da bekommt man direkt Lust auf ein gepflegtes Frühstück. Die Franzosen können’s halt doch noch ne Spur besser. Ich orientierte mich da eher an den Rheingauer Winzersekten (Qualitätsbarometer: Die Rötung der Nase des Winzers), die waren auch immer OK und längst nicht so budgetstrapazierend. Aber ihr kosmopolitischen Saarländer seid da halt besseres gewohnt. Verständlich daß die Landesfürsten bei solchen Bedingungen ihren Haushalt ohne schlechtes Gewissen versaufen. OK, das tun die Berliner auch. Aber Flughäfen kann man leider nicht trinken…
„OK, das tun die Berliner auch.“
Ach, Ihr armen Berliner, mit den tollsten Bars Europas und einer Bardichte, von der ich hier im Saarland nicht mal träumen kann… mein Mitleid hält sich in Grenzen! :)
Was glaubst Du warum ich nirgendwo anders leben will in Deutschland? Prost!