Es muss nicht immer Whisky sein – Sasse Münsterländer Lagerkorn

Sasse Lagerkorn Title

Korn ist eine stark reglementierte Spirituose. Der Münsterländer Lagerkorn aus dem Hause Sasse macht es einem Neuling in dieser Spirituosensorte aber dennoch schwer, denn mit dem, was man sonst im Supermarkt an Korn zu kaufen erhält (oft direkt an der Kasse, in Griffnähe für die Wirkungstrinker), hat dieser Korn überhaupt nichts mehr zu tun. Was ist hier, wenn man die Herstellungshinweise liest, noch überhaupt der Unterschied zu einem Whisky? Ich war relativ ratlos, und setzte mich mit dem Hersteller in Verbindung.

Tatsächlich erhielt ich sehr schnell einen persönlichen Rückruf, in dem mir kompetent und freundlich der Herstellungsprozess des Lagerkorns und die Unterschiede zum Whisky erläutert wurde – das ist noch echte Kundennähe. Die Verwendung des ganzen Weizenkorns, und nicht nur ausgewählter Bestandteile, der leicht unterschiedliche Alkoholanteil und die Tatsache, dass man nur im deutschsprachigen Raum hergestellte Spirituosen auch Korn nennen darf, sind wahrscheinlich die Hauptunterschiede.

sasselagerkorn-glas

Schon in der Flasche ist die Farbe auffällig. Wer die Supermarktkorns kennt, erwartet eine klare Flüssigkeit; hier erleben wir eine sehr ansprechende Farbe irgendwo zwischen Mais- und Goldgelb. Ein erster Geruchstest offenbart eine sehr süßliche Nase, einen klaren Lackgeruch (das kennt der geneigte Spirituosenkenner allerdings von anderen Bränden schon, und empfindet es nicht als unangenehm). Persönlich lässt mich dieser Geruch an gealterten Rum denken, mit Anklängen an Melasse und Malz.

Mir läuft das Wasser im Munde zusammen. Und auch dort überrascht der Lagerkorn den Hartschnaps-Kipper. Sehr weich, ohne auch nur den Anklang von Schärfe, warm und voluminös, faszinierend süß und cremig, eine leise Fruchtigkeit. Wahrscheinlich bedingt durch den verwendeten Weizen sind die Aromen sehr hell, kaum tiefe, dunkle Schwermüter beeinflussen das Geschmacksbild. Der Lagerkorn erinnert mich diesbezüglich trotz der Ähnlichkeiten in Produktionsweise und Quellmaterial mehr an Vodka als an Scotch oder Wheat Whiskey – an sehr guten Qualitätsvodka allerdings, mit dem Vorteil der Reifearomen. Wer also vom Single Malt kommt, und sich aufgrund meiner Eingangsbeschreibung etwas ähnliches erwartet, wird überrascht werden, was aber ja nicht schlecht sein muss, nur anders, auf jeden Fall spannend und interessant.

Im Abgang gibt es nur beim ersten Schluck ein ganz leichtes Kratzen; sonst verbleibt eine angenehme Wärme und ein relativ kurzer Nachgeschmack nach Honig am Gaumen, und die milde Würze, einem Weizendestillat angemessen.

Als Cocktailzutat kann der Münsterländer Lagerkorn mit seiner Weichheit und seinem malzigen Charakter punkten. Der Aromatik folgend würde ich persönlich ihn als ausgesprochen attraktiven Ersatz für Vodka empfehlen – zum Beispiel im Clubland.

Clubland


Clubland
1½ oz Vodka (oder hier: Sasse Münsterländer Lagerkorn)
1½ oz weißer Port (z.B. Rozès 10)
2 Spritzer The Bitter Truth Old Time Aromatic Bitters
Auf Eis rühren und in ein eisgekühltes Glas abseihen.

[Rezept nach W.J. Tarling]


Der Lagerkorn wird in Limousineiche-Fässern gelagert, laut Hersteller für 2 bis 4 Jahre; da er die Bezeichnung VSOP auf dem Etikett trägt, muss man hier von einer Mindestreifezeit von 4 Jahren ausgehen – sehr respektabel, und man schmeckt es. Pot-Still-Destillation, VSOP, Eichenfässer: arg viel mehr kann man kaum noch für die Qualität eines Brands tun. Das ist ein äußerst gefährliches Wässerchen: Der Alkoholgehalt von 32% ist kaum wahrnehmbar. Verbunden mit der Milde erhält man ein sehr leicht trinkbares, aber hochprozentiges Getränk.

Ich finde es sehr entgegenkommend, wenn ein Hersteller Konsumenten eine Chance gibt, sein Produkt erstmal auszuprobieren, und ihm nicht direkt eine Dreiviertelliterflasche aufzwängt. Den Lagerkorn gibt es in verschiedenen Größen, und die 0,2l-Flasche, die ich erworben hatte, wird sicherlich irgendwann nochmal ersetzt. Hübsch aufgemacht sind die Flaschen aus dem Hause Sasse auf jeden Fall; sie tragen ein etwas konventionelles Etikett, aber ein kleines Booklet mit Informationen am Hals gleicht das aus.

Jeder, der mit Korn immer nur den Großvater, der einen Klaren zum Bier trank, assoziiert, sollte sich diesen außergewöhnlichen Brand holen, um sich davon zu überzeugen, dass auch ein Korn zu einer Spitzenspirituose werden kann, die sich hinter keinem Whisky oder Rum verstecken muss – Quality made in Germany.

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

7 Kommentare zu „Es muss nicht immer Whisky sein – Sasse Münsterländer Lagerkorn

  1. Oh der Lagerkorn, der hat es mir auch echt angetan. So sehr das ich gerade eine Magnum Flasche geschenkt bekommen habe von der Verwandtschaft. Ich denke die 1,5 Liter reichen eine gewisse Zeit…

  2. …der Lagerkorn hat 32%, nicht 38%. Und ich muss (obwohl ich wirklich Kornbrandfan bin) sagen: Er schmeckt recht scharf alkoholisch für seine 32 Drehungen und die vierjährige Fasslagerung merkt man nicht so deutlich, wie ich es mir erhofft hatte. Auch führt der werbespruch von Sasse „Wie ein Grappa, nur von hier“ in die falsche Richtung. Im kern ist das nichts anderes als ein sehr stark verwässerter Grain Whisky mit wenig spürbarer Fasslagerung. Die Flasche sieht toll aus, aber die Reifung ist zu ausdrucksstark. Aber vielleicht heißt er ja deswegen „Lagerkorn“, weil er nur gelagert wird, aber nicht reift. Ich würde da andere Fässer empfehlen, vor allem, weil guter (Weizen-)Korn eh schon eine richtig tolle Vanillenote mitbringt.

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