Ich will gleich zu Beginn ehrlich sein – der Relicario Ron Dominicano ist ein Rum, den ich allein aufgrund der äußerst ansprechenden Verpackung gekauft habe. Wem geht das nicht so, dass das Äußere den ersten Impuls auslöst, der dann zu mehr führt, als man eigentlich will?
Die wunderbare, eckige Flasche (übrigens dieselbe, die auch für das Gold of Mauritius als Behältnis dient) mit wirklich schönen, edlen Aufdrucken sowohl auf der Vorderseite, als auch mit einem herrlichen Schifffahrtsmotiv, das durch die Flasche scheint, auf der Rückseite; einer sehr schönen Holzverkleidung für den Plastikdrehverschluss sowie einem üppig gestalteten Pappkarton als Hülle – und dann noch ein tolles Booklet dazu.
Dazu die tiefdunkle, kräftig-braune Farbe. Das Auge hat echt was von diesem Rum aus der Dominikanischen Republik. Was will man mehr.
Genug vom Oberflächlichen geschwärmt. Ich gieße mir einen guten Schuss in ein Verkostungsglas, und nun darf auch die Nase schwelgen. Sehr aromatisch, kräftig, karamellig und dunkel riecht der Rum ähnlich, wie einem das Auge verspricht. Eine minimale Klebstoffnote, die mit der Zeit verfliegt – das sehe ich nicht kritisch, das ist üblich für gealterte Qualitätsspirituosen. Sehr trockenfruchtig, nussig, leicht schokoladig. Ein wirklich sehr schönes, angehmes Geruchsspektrum.
Im Mund dann der erste Eindruck: Durchaus süß, aber auch hier schon etwas salzig. Schnell setzt dann endgültig die herbe Komponente ein, und ein starkes Alkoholbrennen – kaum zu glauben, wie sehr ein Rum mit „nur“ 40% brennen kann. Das überrascht dann doch sehr, weil man es sonst eher von Billigrums kennt, und der Alkohol dominiert dann schließlich jede andere Geschmacksnote. Insgesamt nur wenig Körper, kaum Volumen, enttäuschend eindimensional verbleibt er dann am Gaumen. Die herbe Note übernimmt am Ende und kann noch etwas mit nussiger, lederner Trockenheit punkten – man muss so einen Geschmackseindruck bei Rums aber mögen; wer eher auf Süßes steht, wird wenig Freude haben. Ich mag das eigentlich schon, wäre da nicht die zungenbetäubende Alkoholstrenge.
Ich bin nur mäßig begeistert. Ich sehe bei diesem Rum nur wenig „Sipping“-Potenzial, sondern werde ihn als Premium-Mixrum nutzen. Gerade die Trockenheit macht ihn dann für manche Cocktails spannend, wie dem Cool Orchard, in dem er toll gegen die süßen Säfte auftrumpfen kann.
Cool Orchard
1½ oz Relicario Ron Superior
1 oz Ananassaft
½ oz Ingwersirup
½ oz Limettensaft
¼ oz Mandelsirup
¼ oz Vanilleschnaps
Insgesamt bin ich immer geneigt, das Gesamtpaket zu sehen, und das ist beim Ron Relicario am Ende in der Bilanz dann doch positiv, auch wenn ein Großteil davon rein das Auge und die Nase erfreut. Doch ein paar Jahre mehr im Fass hätten diesem Blend aus drei Rums ganz gewiss die endgültige Reife gegeben, das gröbste Brennen entfernt, was ihn zu einem großen Rum gemacht hätte.
Nachtrag 06.02.2016: Wie so vielen Rums wird auch diesem Rum Zucker zugesetzt, ohne dass es auf dem Etikett vermerkt ist. Nachdem ich nun mein Aräometer selbst auch einsetze, um meine Rums zu vermessen, musste ich hier leider 12 g/L Zucker nachweisen. Es ist ein Wunder, dass selbst mit soviel Zucker dieser Rum noch so körperlos daherkommt. Irgendwie kann ich mir nicht erklären, warum jemand, wenn er schon manipuliert, es dann nur so halbherzig tut. Echte Rumfreunde hat er schon bei einem Gramm verloren, da hätte er mit einer Handvoll mehr Zucker wenigstens die Rumlikörfreunde erfreuen können.
Dazu kommt, dass der Master Blender dieses Rums just zugegeben hat, dass dieser Rum aromatisiert ist – hier nachzulesen (auf Französisch): In der Rumbasis werden Trockenfrüchte und anderes mazeriert. Damit ist der Relicario für mich kein Rum mehr.