Frisch aus dem Keller an den Biergartentisch – Bruch Zwickel

Bruch Zwickel Titel

Bier gibt es schon seit Menschengedenken; schon die alten Mesopotamier und Ägypter tranken es. Über viele Jahrhunderte wurde es ausschließlich in Tonkrügen und Holzfässern aufbewahrt, und der interessierte Trinker musste sich am Herstellungsort eine Portion daraus abzapfen – der Anfang der Barkultur. In Flaschen ist Bier erst seit vergleichsweise kurzer Zeit für den Normalbürger erhältlich; um 1600 kam die Idee zwar schon auf, es dauerte aber aufgrund hygienischer Probleme, der Unerschwinglichkeit von Glasflaschen und der lang ungelösten Problematik der Verkorkung noch bis nach dem Ersten Weltkrieg, bis der Bierfreund sich gewohnheitsmäßig das Bier ohne Kneipenzwischenstop im Wohnzimmer selbst eingießen konnte.

Seit dieser Zeit haben sich eine unzählige Menge von Flaschenformen herausgebildet, in die Bier abgefüllt wird. Die Standardisierungsfreude in Deutschland und später der EU hat schnell dazu geführt, dass viele davon hierzulande nur ein Nischendasein fristen. Die Standardflasche NRW-Flasche in Vichyform und deren kleiner Bruder, die Longneckflasche, die gemeinsam gefühlt 95% der deutschen Biere umhüllen, sorgen bis heute für eine recht triste Monokultur-Außendarstellung der deutschen Bierwelt, im Gegensatz zum bunten Flaschenformreigen der angloamerikanischen Freiheit.

Eine noch recht häufig anzutreffende Ausnahme ist die kleine, gequetschte 330ml fassende Flasche, die man im Saarland Stubbi nennt. Steinie ist der offizielle Name, zumindest laut der inzwischen abgelaufenen DIN-6199, landläufig sind dann Kosenamen wie Bombe, Granate, Stupete oder Knolle bekannt. Selbst im englischsprachigen Raum kennt man sie, unter dem Namen stubby, und sie war in Kanada über viele Jahre die Standardform für Bierflaschen. In ihr erhält man ein sehr leckeres saarländisches Bier: das Bruch Zwickel.

Bruch Zwickel Flasche

In Saarbrücken, wo die Brauerei Bruch niedergelassen ist, ist sie mit Gründungsdatum 1702 das älteste Unternehmen, und gehört mit 30 000 Hektolitern Ausstoß pro Jahr zu den Kleinbrauereien. Für diese kleine Größe ist das Bruch-Bier aber überraschend präsent in Saarbrücken: Praktisch jeder Supermarkt führt mindestens eine, eher aber drei bis vier Sorten dieser Brauerei, und einige beliebte Biergärten, darunter der hochfrequentierte Staden, der selbst bei geringem Sonnenstand schon fast zum Bersten gefüllt ist, werden von Bruch versorgt.

Wie von einem Kellerbier zu erwarten ist das Bier sehr trüb, auch wenn andere Hersteller das Konzept anders interpretieren. Ansonsten bekommt man eine sehr typische Bierfarbe, wie man sie kennt. Viel Kohlensäure sorgt für ein lautes Zischgeräusch und großperligen Schaum, der nur eine dünne Krone hinterlässt.

Bruch Zwickel Glas

Flugs die Nase ins Glas gehalten: Fruchtig, hefig, metallisch. Die Hefereste im Glas sorgen für intensiveren Geschmack als bei einem filtrierten Bier, das ist kein Marketinggag. Liebe Hersteller, lasst doch das Ausfiltern von Geschmacksträgern (das nur zugunsten einer hübschen Optik geschieht) sein!

Auch im Geschmack ist ein metallischer Ton vorhanden, die Frucht verschwindet fast völlig dahinter. Eine recht konservative Pilsinterpretation, die noch nichts vom über Deutschland hereinbrechenden Aromahopfen weiß. Hopfen ist eindeutig eine Menge im Bruch Zwickel, aber reiner Bitterhopfen, der für die ausgesprochen eckige Bitterkeit sorgt.

Der Abgang ist entsprechend knackig-bitter und vergleichsweise kurz. Die Trockenheit sorgt für einen kräftigen Speichelfluss, und der hohe Kohlensäuregehalt für Gasentweichungsdrang. Ein gehobenes Gebrauchsbier, als Essensbegleiter oder unprätenziöser Durststiller.

Aber wie man das Bier optimalerweise trinkt, ist so: Im Biergarten, mit einer Butterbrezel oder einem Paar Merguez (im saarländischen betont auf der ersten Silbe!) im Doppelweck, und einer guten Zigarre danach. Ich freue mich im aktuell nasskühlen Frühjahr schon auf diese Jahreszeit, und auf das erste Freiluft-Bruch Zwickel.

Bruch Zwickel im Biergarten

Ich bin ehrlich – mit den restlichen Bieren der Brauerei Bruch kann ich nicht so furchtbar viel anfangen; recht langweiliges Massenbier mit wenig Eigencharakter, auch wenn es für mich noch deutlich besser trinkbar ist als die langweilig-aromenarme Pilssuppe aus der ebenso saarland-lokalen Karlsberg-Brauerei. Das Zwickel aber ist ein wirklich gelungenes Bier; man kann es auch gut in Cocktails einsetzen, wie zum Beispiel dem Prickly Ricky.

Prickly Ricky Cocktail


Prickly Ricky
1 oz Tequila blanco (z.B. Don Julio Tequila Blanco)
1 oz Birnensirup
1 oz Limettensaft
…aufgießen mit 2 oz Bruch Zwickel


In Ermangelung eines Birnensirups habe ich mir einen Birnensaft 1:1 mit Zuckersirup gemischt. Ich hätte mir auch einen Birnensirup selbst einkochen können, da der Prickly Ricky aber bisher der einzige mir bekannte Cocktail ist, der nach Birnensirup verlangt, wäre das für die gebrauchte winzige Menge ein etwas ineffizientes Verhalten gewesen. Das ist oft so bei Cocktailzutaten: Man muss abwägen, ob das Spezifizierte, wenn nicht vorhanden, nicht durch etwas Vorhandenes ersetzt werden kann, denn kein Mensch kann alles, was moderne Rezepte fordern, auf Lager haben oder herstellen wollen.

Wenn Sie das Bruch Zwickel probieren wollen, müssen Sie wohl ins Saarland kommen, da die Firma nicht ins deutsche Ausland exportiert. Es lohnt sich, auch unabhängig vom Bier – das Saarland ist mit Sicherheit das schönste Bundesland der Welt, mit dem über die Grenze schwappenden Hauch des französischen savoir-vivre, voller netter, unkomplizierter Leute, die mich als schwäbischen Exilanten freundlichst aufgenommen haben; Ihnen wird es nicht anders ergehen!

Veröffentlicht von schlimmerdurst

Hüte dich vor denen, die nur Wasser trinken und sich am nächsten Tag daran erinnern, was die anderen am Abend zuvor gesagt haben.

4 Kommentare zu „Frisch aus dem Keller an den Biergartentisch – Bruch Zwickel

  1. Schöner, lesenswerter Blog! Ich habe mir erlaubt, in meiner Bewertung von Bruch Zwickel auf Ratebeer auf Ihren Blog hinzuweisen. Schöne Grüße von Moravius!

  2. Schöner, lesenswerter Blog! Dieser Beitrag hat mich animiert, das Bruck Zwickel auch mal zu probieren. Ich habe mir erlaubt, in meiner Bewertung auf Ratebeer auf Ihren Blog hinzuweisen. Schöne Grüße von Moravius!

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