Vor einer guten Woche war ich als Spirituosenjuror wieder mal unterwegs, die German Rum Awards 2022 in Berlin standen auf der Agenda. Im Vorhinein hatte ich mir natürlich angeschaut, wer da sonst am Jurytisch sitzen würde – es war mir eine wahre Freude, endlich Johnny Drejer persönlich kennenzulernen, dessen Arbeit einer der Hauptgründe ist, warum es diesen Blog überhaupt gibt, und ein paar andere Menschen, die mich sehr beeindruckt haben. Es war angedacht, dass auch Maria Gorbatschova als Jurymitglied teilnehmen würde; sie musste leider wegen Krankheit kurzfristig absagen, was ich sehr schade fand, denn ich wollte mit ihr über ein anderes Thema abseits des Rums reden, zu dem sie einiges zu sagen hat – Wodka. In der Augustausgabe der Fachzeitschrift Mixology leitete sie eine Runde über osteuropäischen Wodka, und so kann ich leider jetzt nur, statt sie persönlich interviewen zu können, ihren Text aus der Zeitschrift sprechen lassen.
„Es lässt sich schnell feststellen, dass Eastern Style Vodka alles andere als geschmacklos ist. Die Kategorie grenzt sich zu Western Style Vodka ab, indem ein Ausdruck des Rohstoffs und ein gewisses Maß an Aroma erwünscht sind. (…) Kann man Vodka also einfach Ost und West sortieren? Nein: Definitiv gibt es westliche Marken, die eher auf den aromatischen Stil setzen, gleichsam bringt auch Osteuropa teils sehr neutrale Produkte hervor.“
Maria Gorbatschova, Mixology 4/2022, S.54
Womit wir ganz ohne aufwändige Überleitung, nur durch eine unkomplizierte Abzweigung, beim Hauptteil unserer heutigen Betrachtung ankommen. Der Artikel in der Mixology konzentriert sich ab hier auf Osteuropa, wir schauen uns mit dem Mambulo Premium Rye Vodka dagegen ein Destillat an, das in einer österreichisch-deutschen Gemeinschaftsproduktion entsteht und, das nehme ich jetzt schon vorweg, trotzdem nicht so wirklich dem oben beschriebenen, neutral-orientierten Western Style Vodka entspricht. In der EU-Verordnung ist festgelegt, dass Wodka „so destilliert wird, dass die sensorischen Eigenschaften der verwendeten Ausgangsstoffe und die bei der Gärung anfallenden Nebenerzeugnisse selektiv abgeschwächt werden.“ Man schreibt hier also auch keine vollständige Neutralität vor, wie das in den USA geschieht, sondern eher eine Auswahl von Aromen. Bei einem Produkt, das in Handarbeit hergestellt wird, und man sich 34 Destillationsvorgänge Zeit nimmt, so eine Aromenselektion zu treffen, bleibt es interessant, wofür man sich beim Mambulo entschieden hat!
In der Flasche sieht man es sehr viel deutlicher als im Glas, da ist eine leichte, milchige Trübung, die ich erst dem Glas der Flasche zuschrieb. In der kleineren Menge im Verkostungsglas fällt es dann gar nicht mehr auf, bei einer hochdistillierten Spirituose frage ich mich aber schon, wo diese Trübung herkommt. Ansonsten bewegt sich der Mambulo hübsch, mit attraktiven Beinchen, und Lebendigkeit und leichter Viskosität zugleich.
In der Nase finde ich direkt leichte Zitrusnoten, Orangenzeste, Litschi und Kiwi. Dazu sehr grüne Banane, eine Geruchsnote, die fast schon in Plastik übergeht. Irgendwie hat der Wodka darüber hinaus noch etwas Florales von Lavendel und Zuckerwatte, man muss da erst durchstoßen, um auf die erdigen Roggentöne zu kommen und das Getreide zu finden, aus dem er gebrannt wird. Eine insgesamt leichte Aromatik, den Alkohol erkennt man, er stört aber nicht. Ungewöhnlich, und gar nicht unattraktiv, muss ich sagen – und definitiv weit davon entfernt, sich klaglos der Neutralität eines Western Style Vodka zu ergeben.
Am Gaumen ist zunächst deutliche Süße da, die sich mit der schon erschnupperten exotischen Fruchtseite kombiniert. Die Textur ist breit und rund, das legt sich weich auf den ganzen Gaumen, und erst im Verlauf wechselt die süße Milde mit leichtpfeffriger Würze. Letztere entwickelt sich weiter, wird zu einem warmen, immer noch sehr runden Mundgefühl angefeuert, das ebenso langsam, wie es entstanden ist, dann wieder abklingt – das gefällt mir sehr, ein wirklich hübscher Effektbogen im Mund, die 40% Alkoholgehalt sind auch sehr gut eingebunden. Milde Säure baut sich auf, die die Süße nicht Überhand nehmen lässt. Aromatisch bleibt die Spirituose doch lang bei uns, die Mischung aus Orangenschale und Banane klingt sehr lange nach.
Das trinkt sich easy, auch wenn man natürlich kategoriebedingt keine Aromenexplosion erwarten darf, hat der Mambulo doch genug Charakter, um sich bei der Auswahl einer Marke für die eigene Heimbar nach vorne drängeln zu können. Dazu muss man nicht mal unbedingt Wodka suchen – auch wer eine leichtaromatische, unkomplizierte Spirituose als Digestif anbieten will, könnte damit Freude haben.
Gerade, weil der Mambulo nicht komplett neutral ist, ist er für mich in Cocktails sehr viel nützlicher und verwendbarer als andere Wodkas. Man muss natürlich aufpassen, in manchen Rezepten würde die Geschmacksrichtung des Mambulo den Drink doch in eine unerwünschte Richtung drängen – beim The Great Gatsby dagegen ist diese Mischung aus den Aromen, die der Wodka mitbringt, Pink-Grapefruit-Saft und einem aromatisierten Wein echt ein Knüller. Wenn man noch statt Lillet dann soetwas wie den Midi Apéritifs Liquid Sunset einsetzt, ist alles perfekt an diesem Cocktail.
The Great Gatsby
1oz / 30ml Wodka
1oz / 30ml Lillet Blanc
2oz / 60ml Pink-Grapefruit-Saft
Auf Eis shaken. Auf Eis servieren.
[Rezept nach Matt Galpin]
Zur Flasche selbst gibt es nicht furchtbar viel zu sagen, eine relativ normale Standardflasche, mit einem Kunststoffkorken. Das Etikett ist dafür recht grell, mit bunten Farbmustern und einem Tier, das ich erst durch den beiliegenden Flyer identfizieren konnte: das Caypibara oder Wasserschwein, das sich die Position als Wappentier des Mambulo dadurch erarbeitet hat, dass es laut Aussagen des Herstellers des Wodkas ein extrem soziales Tier ist; man schließt sich durch den Kauf einer Flasche diesem sozialen Wesen automatisch an, denn lobenswerterweise werden 15% der Gewinne für soziale Projekte gespendet.
Die Marke inszeniert sich frech, was sich besonders in den Aufklebern zeigt, die ich mitgeschickt bekommen hatte – da wird klar gesagt, warum man eigentlich Wodka trinken sollte: alle anderen Spirituosengattungen taugen einfach nichts, um das Neudeutsch zu übersetzen. Damit machen sie sich sicherlich nicht nur Freunde, mir gefällt es, wenn Humor bei einem Produkt zu sehen ist. Auch wenn er dabei etwas Glas zerdeppert.
Offenlegung: Ich danke der Mambulo GmbH für die kostenlose, unaufgeforderte Zusendung einer Flasche ihres Wodkas.